Ökosystem-Daten für den Klimaschutz

Noch weiss man kaum, wie die ?kosysteme der Welt das Klima beeinflussen. Für Tom Crowther liegt die Antwort auf den Klimawandel in globalen ?kologischen Datens?tzen.

Tom Crowther

Wie viele B?ume gibt es eigentlich auf der Erde? Die Antwort auf diese Frage sorgte unl?ngst nicht nur für Schlagzeilen, sondern erwies sich in der Folge auch als hilfreich im Kampf gegen das sich erw?rmende Klima.

Der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt geh?ren zu den beiden gr?ssten Bedrohungen der Gesellschaft. Doch obwohl viel über notwendige Emissionsreduktionen und natürliche Kohlenstoffspeicher geredet wird, gibt es kaum Fortschritte. Warum?

Die Antwort ist einfach: Aufgrund der schieren Gr?sse der Erde wissen wir immer noch sehr wenig über die globalen ?kosysteme und ihr Potenzial zur Kühlung des Planeten. So haben wir derzeit keine Ahnung, ob die von Umweltorganisationen befürwortete Wiederherstellung von W?ldern 10 oder 110 Gigatonnen Kohlenstoff aus der Atmosph?re aufnehmen k?nnte (siehe dazu diesen Blogbeitrag).

Weltkarte mit aktuellem Baumbestand.
Aktuelle Baumdichte der Erdoberfl?che. (Bild: Crowther Lab / ETH Zürich)

Klimawandel und Biodiversit?t

In den letzten Jahrzehnten haben Satelliten die Klassifizierung terrestrischer ?kosysteme auf der ganzen Welt vorangebracht. Multispektralaufnahmen und Fernerkundungsradar sind heute wichtige Werkzeuge in Wissenschaft und Naturschutz – mit einer Aufl?sung von 3,7 Meter lassen sich sogar einzelne B?ume unterscheiden! Nur: Was unter der Oberfl?che des Baldachins liegt, k?nnen uns die Satelliten nicht sagen. Dabei w?re es entscheidend, das zu wissen.

Im Crowther Lab wollen wir verstehen, wie natürliche ?kosysteme wie W?lder und B?den Kohlenstoff aufnehmen, speichern oder abgeben. Das Ziel ist, den Klimawandel besser vorhersagen und bek?mpfen zu k?nnen. Dazu arbeiten wir fachübergreifend und gehen die wichtigsten Fragen aus verschiedenen Blickwinkeln an, um eine ganzheitliche Sichtweise zu erhalten. In unserem Verst?ndnis sind Klimawandel und Biodiversit?t untrennbar miteinander verbunden. Darum wollen wir das globale Waldsystem besser verstehen – über und unter der Erde.

Aus diesem Grund verbessert unser Lab Klimavorhersagen mit realen Daten, die über 30 Millionen Messungen von Einzelb?umen und 120’000 Messungen von Bodengemeinschaften umfassen und von einem weltweiten Netzwerk von ?kologen erhoben werden. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Bottom-up-Ansatz uns massgeblich dabei hilft, die globale Biodiversit?t und Kohlenstoffspeicherung besser zu verstehen.

Satellitenbilder und Bodendaten

Mit den jüngsten Entwicklungen im Bereich des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz stehen wir nun am Anfang einer eigentlichen Datenrevolution, von der auch die ?kologie stark profitiert. Indem wir Satellitenbilder mit unseren bodenbasierten Datens?tzen zu Baum- und Boden-Biodiversit?t kombinieren, k?nnen wir auf unserer Global Ecological Monitoring Platform (GEM) interaktive Karten erstellen, die ober- und unterirdisch relevante ?kologische Schichten für jedes Polygon von Breiten- und L?ngengraden aufzeigen.

Weltkarte mit potenziell mögliche Baumdichte:
Potenziell m?gliche Baumdichte: Zus?tzliche B?ume in Gelb. (Bild: Crowther Lab / ETH Zürich)

Damit k?nnen wir nun absch?tzen, dass 700 Milliarden bis 1,3 Billionen zus?tzliche B?ume in natürlich bewaldeten Regionen auf der ganzen Welt existieren k?nnten (eine Billion sind tausend Milliarden). Und wir k?nnen sch?tzen, wie viel Kohlenstoff diese zus?tzlichen B?ume speichern und wie sie das Klima beeinflussen k?nnten.

?Nur mit einer globalen Perspektive auf alle ?kosysteme k?nnen wir effektive Strategien für naturbasierte L?sungen zum Klimawandel definieren.?Tom Crowther

Ausserdem beginnen wir jetzt einen noch gr?sseren Kohlenstoffspeicher zu verstehen: den Boden. Wenn die globalen Temperaturen steigen und sich die B?den weltweit erw?rmen, k?nnten 55 Gigatonnen Kohlenstoff, die unterirdisch gespeichert sind, in die Atmosph?re entweichen – ungef?hr die gleiche Menge wie die USA pro Jahr emittiert. Ohne Bodenrestaurierung, wie etwa den Anbau von Deckgew?chsen, k?nnte sich die Klimaerw?rmung um bis zu 17 Prozent beschleunigen.

Naturbasierte L?sungen für den Klimawandel

Daher bin ich überzeugt: Nur mit einer globalen Perspektive auf alle ?kosysteme einschliesslich ihrer Abh?ngigkeiten und Auswirkungen auf das Klima k?nnen wir effektive Strategien für naturbasierte L?sungen zum Klimawandel definieren. Die interaktiven Karten aus unserem Lab sind ein wichtiges Instrument, um dies zu erreichen. Sie sagen uns, auf welche Regionen der Welt wir uns konzentrieren sollten, wenn wir den Klimawandel beispielsweise durch Aufforstung bremsen wollen.

Um auf unsere einleitende Frage zurückzukommen, so wissen wir heute, dass es auf dem Planeten etwa 3,04 Billionen B?ume gibt1. Das sind über siebenmal mehr als zuvor angenommen. Drei Jahre nach dieser Entdeckung hat die UNO ihre ?Eine Milliarde B?ume?-Kampagne zu ?Eine Billion B?ume? erweitert2 und inzwischen über 17 Milliarden B?ume in Teilen der Welt mit hohem CO2-Speicherpotenzial gepflanzt. Sicherlich ein sch?nes Beispiel dafür, wie Forschung den Erfolg von Klimaschutzmassnahmen positiv beeinflussen kann.

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