Mantel-Plumes knacken Kontinente

Erdwissenschaftler der ETH Zürich und der Universit?t Paris VI zeigen mit einer bisher unerreicht hochaufgel?sten Simulation, dass Magmas?ulen aus dem Erdinnern Kontinente bersten lassen k?nnen - allerdings nur dann, wenn die Haut der Erde schon gespannt ist.

Vergr?sserte Ansicht: erta ale
Der Afar-Plume macht sich via Vulkan Erta Ale in ?thiopien bemerkbar. (Bild: filippo_jean / flickr.com)

An einigen Stellen der Erde steigt von der Grenzschicht des Erdkerns und des inneren Erdmantels über hunderte von Kilometern Material s?ulenartig bis unter die Erdkruste auf. Durch den Widerstand der harten Kruste gebremst, breitet sich der Materialstrom seitlich aus und nimmt die Form eines Pilzes an. Mantel-Plumes oder kurz Plumes nennen Fachleute solche Magmas?ulen.

Afrikanisches Grabensystem wegen Mantel-Plumes?

Vergr?sserte Ansicht: triple junction
An der Triple Junction entstand wohl mit Unterstützung des darunter liegenden Afar-Plumes ein Grabenbruchsystem, welches das Rote Meer, den Golf von Aden und den Afrikanischen Graben umfasst. (Bild: wikimedia)

Geologen vermuten, dass Plumes nicht nur Vulkane ausserhalb tektonisch aktiver Zonen erzeugen, sondern Kontinente zerbrechen k?nnen. Als Beispiel dafür führen Wissenschaftler die Danakil-Depression, ein Tiefland im L?nderdreieck ?thiopien, Eritrea und Djibouti, an. Diese als ?Triple Junction? bekannte Stelle ist tektonisch und vulkanisch ?usserst aktiv. Geologen nehmen an, dass darunter der sogenannte Afar-Plume aufsteigt. Durch seine Einwirkung bildete sich ein Grabensystem, das sich hier in das Rote Meer, den Golf von Aden und den Afrikanischen Grabenbruch gabelt. Doch weil dieser Vorgang geologisch lange Zeitr?ume dauerte, kann niemand mit letzter Sicherheit die Hypothese von der Kontinenten brechenden Kraft eines Plumes best?tigen oder verwerfen.

Simulation rückt n?her an die Realit?t

Mit einem neuen Computermodell kommen nun Evgueni Burov, Professor an der Universit?t Paris VI und Taras Gerya, Professor für Geophysik an der ETH Zürich, diesem geologischen R?tsel n?her. Die Arbeit wurde soeben in ?Nature? ver?ffentlicht. Die beiden Forscher führten numerische Experimente durch, um die Erdoberfl?che oberhalb eines Plumes dreidimensional und hochaufgel?st darzustellen.

Das Resultat dieser Simulationen ist, dass die aufsteigenden Materialstr?me die Kraft dazu haben, Kontinente zu zerbrechen, sofern die tektonische Platte unter einer (schwachen) Spannung steht. ?Die Kraft, welche ein Plume auf eine Platte ausübt, sind eigentlich zu klein, um sie zu zerteilen?, sagt Gerya. In Experimenten mit einfachen Modellen liessen die Forscher Plumes auf eine entspannte Platte treffen, was nicht zu ihrem Bruch führte. Es bildete sich lediglich ein kreisrunder Hügel. Modellierten die Geophysiker jedoch den gleichen Vorgang mit einer Platte, die unter schwacher Spannung stand, so brach sie auseinander und es bildeten sich ein Riss- und Grabensystem wie es auch in natura anzutreffen ist.

?Der Vorgang ist vergleichbar mit einer gespannten Plastikrolle. Eine kleine punktf?rmige Kraft reicht und die Folie reisst ein. Ist die Folie hingegen entspannt, kann man sie kaum einreissen.? Dieser Mechanismus sei schon früher als m?gliches Erkl?rungsmodell für das Auseinanderbrechen von Kontinenten vorgeschlagen worden, habe aber bisher nicht plausibel erkl?rt werden k?nnen.

Erste hochaufl?sende Simulationen

?Wir sind die ersten, die die Wechselwirkung eines Plumes mit einer Platte unter Spannung in solch hoher Aufl?sung modellieren konnten?, sagt Gerya weiter. Um die Simulationen durchzuführen, seien schnelle starke Rechner und stabile Algorithmen, welche sie selbst programmierten, n?tig. Dabei profitierten die Wissenschaftler vom technischen Fortschritt, aber auch von der Erfahrung, die der ETH-Professor in den vergangenen 10 Jahren auf diesem Gebiet gesammelt hat.

Im Modell entstehen die Deformationen in einem – für geologische Verh?ltnisse – hohen Tempo. Nach ?nur? zwei Millionen Jahren k?nnen sich Grabensysteme von mehreren Kilometern Tiefe und mehr als tausend Kilometer L?nge bilden. Die Vorg?nge sind damit bis zu 10 Mal schneller als tektonische Prozesse wie Subduktion und 50 Mal schneller als beispielsweise die Alpenfaltung.

Umstrittene Idee

Die Idee der Mantel-Plumes ist indes nicht unumstritten. Einige Forscher bezweifeln gar deren Existenz. ?Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass es sie nicht gibt?, sagt dazu Gerya. Wie so oft in der Geologie, insbesondere aber bei der Erforschung des Innenlebens der Erde, lassen sich weder solche Vorg?nge noch die Existenz der Plumes direkt beobachten. Auch entziehen sich die langen Zeitr?ume, in denen sich geologische Prozesse abspielen, der Alltagserfahrung des Menschen. ?Das einzige, was wir beobachten k?nnen, sind die Auswirkungen, welche die Plumes auf die Erdoberfl?che und auf das Vorankommen von seismischen Wellen im Erdinnern haben.?

Deshalb sei man auf gute realistische Modelle angewiesen, welche die Prozesse im Zeitraffer durchspielen. Wie realistisch die errechneten Darstellungen sind, h?ngt von den verwendeten Parametern ab. In das Modell der Plume-Kontinentalplatte-Wechselwirkung eingeflossen sind beispielsweise physikalische Gesetze, Materialeigenschaften der Erdkruste wie auch Temperatur- und Druckverh?ltnisse. ?Die Spielregeln sind uns klar. In der Regel besitzt der Mensch aber nicht genug Intuition, um zu erkennen, wie diese miteinander wechselwirken.?

Literaturhinweis

Burov E, Gerya T. Asymmetric three-dimensional topography over mantle plumes. Nature 513,85–89 (04 September 2014), published online 3rd Sept 2014. DOI: externe Seite10.1038/nature13703

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