Exotische Zustände aus Licht und Materie

Mit einer Kombination aus Festk?rperphysik und Quantenoptik erzeugen ETH-Forscher im Labor neuartige Vielteilchen-Zust?nde, für die es bisher keine theoretische Erkl?rung gibt. Die Experimente k?nnten eventuell ein erster Schritt zur Entwicklung von Quantencomputern auf der Basis von Photonen sein.

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Dreidimensionale Darstellung der Polariton-Zust?nde eines zweidimensionalen Elektronengases in Anwesenheit eines starken Magnetfeldes. (Bild: Professur Atac Imamoglu / ETH Zürich)

Die Bauteile, mit denen die Gruppe von ETH-Professor Atac Imamoglu zusammen mit Werner Wegscheider vom Laboratorium für Festk?rperphysik experimentiert, sind etwa einen Zentimeter breit, aber nur einen halben Millimeter dick. Noch viel dünner, bloss 10 Milliardstelmeter hoch, ist derjenige Teil, der die Forscher wirklich interessiert: Zwischen winzigen Spiegeln liegt eine spezielle Schicht des Halbleitermaterials Gallium-Arsenid, die so pr?pariert wurde, dass sich die Elektronen darin nur in zwei Dimensionen bewegen k?nnen, als sogenanntes zweidimensionales Elektronengas. ?Wir bringen damit zwei Forschungsgebiete zusammen, die bisher nur separat untersucht wurden?, erkl?rt Imamoglu, Leiter des ETH-Instituts für Quantenphotonik.

Die Spiegel bilden einen Mikroresonator, in dem Photonen mit einer bestimmten Wellenl?nge gefangen sind. Solche Lichtk?fige werden in der Quantenoptik eingesetzt. Mit Hilfe von zweidimensionalen Elektronengasen hingegen studieren Festk?rperphysiker exotische Materiezust?nde. ?Kurz gesagt haben wir Techniken aus der Quantenoptik genutzt, um Festk?rpersysteme zu untersuchen, die stark miteinander wechselwirken?, fasst Imamoglu zusammen.

In bisherigen quantenoptischen Experimenten verwendeten die Physiker reine Halbleiter, in denen durch Anregung eine Art Quasiteilchen entstehen, die man Exzitonen nennt. In einem Mikroresonator bilden sich aus diesen Exzitonen durch die starke Wechselwirkung mit den Photonen neue Quasiteilchen, die eine Mischung aus Materie und Licht darstellen – so genannte Polaritonen. ?Anstelle des reinen Halbleiters haben wir nun unser zweidimensionales Elektrongas genommen?, erkl?rt Imamoglu. Im Gegensatz zum herk?mmlichen dreidimensionalen Halbleiter besitzen die Elektronen im zweidimensionalen Gas nicht nur eine hohe Mobilit?t, sondern wechselwirken auch miteinander, das heisst, sie sind stark korreliert.

?berlagerungen wie bei Schr?dingers Katze

Bei tiefsten Temperaturen von nur 0,2 Grad über dem absoluten Nullpunkt beobachteten die Forscher mit Hilfe eines Mikroskops, was mit den zweidimensionalen Polaritonen und dem stark korrelierten Elektronengas in ihrer Probe passiert. Dabei stiessen die Physiker auf überraschende Resultate, welche die Fachzeitschrift ?Science? jetzt online ver?ffentlicht hat. Die elementaren Anregungen des Systems sind ?berlagerungen von zwei Vielteilchen-Zust?nden, die sehr unterschiedlich sind, so dass sie sich eigentlich gegenseitig ausschliessen, ?hnlich wie beim berühmten paradoxen Gedankenexperiment des Physikers Erwin Schr?dinger rund um eine Katze.

Bisher kann kein theoretisches Modell diese neu beobachteten Vielteilchen-Zust?nde in der untersuchten Probe erkl?ren. Es gebe aber eine sehr interessante Anwendungsm?glichkeit für solche ?berlagerungszust?nde, sagt Imamoglu. W?hrend Photonen sich normalerweise gegenseitig nicht beeinflussen, k?nnen sie in der gew?hlten Versuchsanordnung unter bestimmten Bedingungen stark miteinander in Wechselwirkung treten. ?Das ist der heilige Gral der Quantenoptik-Forschung?, so der ETH-Professor. Damit k?nnte man dereinst vielleicht einen Quantencomputer entwickeln, der nicht auf spinbasierten oder supraleitenden Qubits aufgebaut ist, sondern auf wechselwirkenden Photonen. ?Doch dieses Forschungsgebiet steckt noch in den Kinderschuhen?, erkl?rt Imamoglu.

Die Arbeit entstand im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts QSIT.

Literaturhinweis

Smolka S, Wuester W, Haupt F, Faelt S, Wegscheider W, Imamoglu A: Cavity quantum electrodynamics with many-body states of a two-dimensional electron gas. Science, Online-Publikation vom 2. Oktober 2014. doi: externe Seite10.1126/science.1258595

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