Speichern für die Ewigkeit

Wie k?nnen wir unser heutiges Wissen für die kommenden Jahrtausende konservieren? ETH-Forschende zeigen eine M?glichkeit, Informationen in Form von DNA zu speichern und für (fast) die Ewigkeit haltbar zu machen.

Vergr?sserte Ansicht: digitalisierte Daten werden in DNA geschrieben, die wiederum in einem Fossil verschlossen wird
Um unser digitales Wissen für die Ewigkeit zu bewahren, lassen sich ETH-Forscher von Fossilien inspirieren. (Illustration: Philipp St?ssel/ETH Zürich)

Jahrtausende alte Schriftrollen erlauben uns Einblicke in l?ngst vergangene Kulturen und das Wissen unserer Vorfahren. Im digitalen Zeitalter liegt ein Grossteil unseres Wissens jedoch auf Servern und Festplatten, die wohl kaum Tausende von Jahren überdauern k?nnen. Forschende suchen deshalb nach neuen M?glichkeiten der Langzeitspeicherung grosser Datenmengen. Besondere Aufmerksamkeit ruht dabei auf einem Speichermedium aus der Natur: der Erbsubstanz DNA.

DNA bietet sich dafür an, da sich in ihr grosse Mengen an Information kompakt speichern lassen. Nur lassen sich die Daten nicht unbedingt fehlerfrei zurückgewinnen: Durch chemischen Zerfall der DNA und Fehler beim Auslesen entstehen Lücken und Fehlinformationen in den kodierten Daten. Forschende um Robert Grass, Dozent am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften der ETH Zürich, zeigen nun, wie sich eine fehlerfreie Langzeitspeicherung, m?glicherweise sogar für mehr als eine Millionen Jahre, erreichen l?sst. Zum einen verkapseln sie die informationstragenden DNA-Stücke in Siliziumdioxid (Glas), zum anderen verwenden sie einen Algorithmus, um Fehler in den ausgelesenen Daten zu korrigieren.

Künstlicher fossiler Schutzmantel

Bereits vor gut zwei Jahren zeigten Forschende, dass sich Daten in Form von DNA speichern und wieder ablesen lassen. Dabei verstrich zwischen dem ?Schreiben? der Information – also der Synthese der entsprechend kodierenden DNA-Sequenz – und dem Auslesen nur wenig Zeit. Schon bei solch kurzen Zeitr?umen stellte die Fehleranf?lligkeit ein Problem dar, da beim Schreiben und Lesen der DNA Fehler auftreten. ?ber l?ngere Zeitr?ume kann sich DNA zudem stark ver?ndern, da sie mit der Umwelt chemisch reagiert. Für die Langzeitspeicherung stellt dies eine Hürde dar. Aus fossilen Knochen l?sst sich allerdings mehrere Hunderttausend Jahre altes Erbgut isolieren und analysieren, da dieses darin verkapselt und geschützt vorliegt. ??hnlich wie in solchen Knochen wollten wir die informationstragende DNA durch eine künstliche Hülle schützen?, erkl?rt Robert Grass.

Sein Team bettete DNA hierfür in Siliziumdioxid-Kügelchen von etwa 150 Nanometern Durchmesser ein. Die von den Forschern in die DNA geschriebene Information war der Schweizer Bundesbrief von 1291 sowie ?Archimedes‘ Methodenlehre von Mechanischen S?tzen?. Um in kurzer Zeit den Verfall des Informationstr?gers DNA über lange Zeitr?ume zu simulieren, lagerten sie diese bis zu einem Monat bei Temperaturen zwischen 60 und 70 Grad Celsius. Solch hohe Temperaturen erlauben, den chemischen Verfall mehrerer Jahrhunderte innerhalb weniger Wochen nachzuvollziehen. Auf diese Weise verglichen die Forschenden die Lagerung der DNA im Silikatmantel mit anderen g?ngigen Lagerungsmethoden: getrocknet auf Filterpapier und in ein Polymer eingebettet. Dabei stellten sich die Moleküle im Silikatmantel als besonders stabil heraus. Die DNA liess sich mittels einer Fluoridl?sung einfach aus dem Material herausl?sen, und die Information aus ihr ablesen.

Da der Einschluss in Siliziumdioxid ungef?hr demjenigen in fossilen Knochen entspricht, konnten die Forschenden auf diese pr?historischen Daten über die Langzeitstabilit?t von verkapselter DNA zurückgreifen. Daraus errechneten sie ihre Prognose: Bei Lagerung bei tiefen Temperaturen, wie zum Beispiel im weltweiten Saatgut-Tresor auf Spitzbergen bei minus 18 Grad Celsius, k?nnte die DNA-kodierte Information über eine Million Jahre überdauern. Im Vergleich dazu lassen sich Daten auf Mikrofilm ?nur? für sch?tzungsweise 500 Jahre bewahren.

Verlorene Datenpunkte wiederherstellen

Es reicht jedoch nicht, den Informationstr?ger über solch lange Zeitr?ume ohne wesentliche Besch?digung zu lagern, die Daten müssen sich auch fehlerfrei wieder auslesen lassen. Dank riesiger Fortschritte bei Technologien zur DNA-Sequenzierung ist das Ablesen so gespeicherter Daten inzwischen erschwinglich und dürfte in Zukunft noch kostengünstiger werden. Diese Technologien sind jedoch nicht fehlerfrei.

Um diesem Problem zu begegnen, entwickelte Reinhard Heckel vom Institut für Kommunikationstechnik der ETH Zürich eine Methode zur Fehlerkorrektur. Diese basiert auf sogenannten Reed-Solomon-Codes, ?hnlich denen, die auch bei Datenübertragungen über lange Strecken, zum Beispiel beim Funkverkehr mit Weltraumsonden, zum Einsatz kommen. Der Schlüssel für diese Methode sei zus?tzliche Information, die man an die eigentlichen Daten anh?nge, erkl?rt Heckel. ?Um eine Parabel zu definieren, braucht es eigentlich nur drei Punkte. Wir fügen quasi noch zwei weitere hinzu, falls einer verloren geht oder sich verschiebt.? Bei den DNA-codierten Daten geht es zwar um einen h?heren Komplexit?tsgrad, aber vom Prinzip her funktioniert das in der DNA mitverschlüsselte Sicherheits-?Backup? der Forschenden genauso. Selbst bei Lagerung unter widrigen Umst?nden liess sich dank dieser Fehlerkorrektur die testweise gespeicherte Information, also der Schweizer Bundesbrief und Archimedes‘ Text, fehlerfrei wiederherstellen.

Welche Informationen er für Millionen Jahre speichern würde? Von der Unesco als besonders bedeutsam ausgezeichnete Dokumente (Memory of the World), sagt Robert Grass. Und Wikipedia. ?Manches ist dort ausführlich beschrieben, anderes weniger ausführlich. Das gibt wahrscheinlich einen guten ?berblick, was unsere heutige Gesellschaft weiss und was sie wie stark besch?ftigt.?

Literaturhinweis

Grass RN, Heckel R, Puddu M, Paunescu D, Stark WJ: Robust Chemical Preservation of Digital Information on DNA in Silica with Error-Correcting Codes. Angewandte Chemie International Edition, 54, 8, 2552,-2555, DOI: externe Seite10.1002/anie.201411378.

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