Kupferabscheidung für winzige 3D-Objekte
Mit einem neuen Mikro-3D-Druckverfahren k?nnen Wissenschaftler winzige und komplexe Metallbauteile einfach herstellen. Die verwendete Technik haben ETH-Forscher vor Jahren für die biologische Forschung konzipiert und nun für einen ganz anderen Anwendungsbereich weiterentwickelt.
Wissenschaftler an der ETH Zürich entwickelten ein neues Verfahren für den Mikro-3D-Druck. Damit ist es auch m?glich, auf einfache Weise und in einem Arbeitsgang winzige, teils auch überh?ngende Strukturen herzustellen. Dereinst k?nnten damit zum Beispiel komplexe Uhrenbestandteile oder Mikrowerkzeuge für die Schlüssellochchirurgie hergestellt werden.
Bei den meisten bestehenden Mikro-3D-Druckverfahren sind überh?ngende Strukturen nur mit einem Trick m?glich: Eine zuvor angefertigte Schablone dient w?hrend des Druckprozesses als Platzhalter unter einem zu druckenden ?berhang. Die Schablone muss nach dem Drucken entfernt werden. Bei der neuen, von ETH-Doktorand Luca Hirt vom Labor für Biosensoren und Bioelektronik entwickelten Technik kann der Druckkopf auch freih?ngend seitw?rts drucken. ?berh?nge k?nnen damit ohne Schablonen gedruckt werden.
Winzige Pipette
Die neue Technik ist eine Weiterentwicklung des vor mehreren Jahren an der ETH Zürich entwickelten FluidFM-Systems (siehe ETH-Life-Artikel vom 26.06.2009). Zentraler Bestandteil dieses Systems ist eine bewegliche, an eine Blattfeder gekoppelte Mikropipette, die ?usserst pr?zise steuerbar ist. FluidFM wird heute vor allem in der biologischen Forschung und der Medizin verwendet, um beispielsweise Zellen zu sortieren und zu analysieren, sowie um Stoffe in einzelne Zellen zu injizieren. Das System und wird seit drei Jahren vom ETH-Spin-off Cytosurge kommerziell vertrieben.
Im Rahmen seiner Doktorarbeit an der ETH Zürich untersucht Luca Hirt die M?glichkeit, FluidFM auch für Druckverfahren zu verwenden. Insbesondere interessiert er sich dafür, damit in L?sung befindliche Metalle und andere Stoffe auf einer leitenden Grundplatte elektrochemisch abzuscheiden.
Bildgalerie: Winzige mit FluidFM gedruckte Objekte
Elektrochemische Reaktion an der Spitze
Im nun entwickelten System funktioniert das so: Auf einer Grundplatte aus Gold befindet sich ein Flüssigkeitstropfen. In diesen hinein ragt die Spitze der Mikropipette und dient als Druckkopf. In der Pipette fliesst langsam und konstant eine Kupfersulfatl?sung. Weil die Wissenschaftler mit einer Elektrode eine Spannungsdifferenz zwischen Flüssigkeitstropfen und Grundplatte anlegen, kommt es unter der Pipettenspitze zu einer elektrochemischen Reaktion: Das aus der Pipette austretende Kupfersulfat reagiert zu festem Kupfer, das sich als winziges 3D-Pixel auf der Grundplatte abscheidet.
Indem die Forschenden die Mikropipette computergesteuert bewegen, k?nnen sie Pixel um Pixel und Schicht um Schicht dreidimensionale Objekte drucken. Die r?umliche Aufl?sung h?ngt dabei von der Gr?sse der Pipetten?ffnung ab, welche die Gr?sse der Kupferablagerungen bestimmt. Derzeit k?nnen die Wissenschaftler einzelne 3D-Pixel von 800 Nanometer bis gut fünf Mikrometer Durchmesser erzeugen und sie zu gr?sseren dreidimensionalen Objekten kombinieren. Im Rahmen einer ersten Machbarkeitsstudie sind etliche spektakul?re Mikroobjekte entstanden. Sie bestehen aus nicht-por?sem, reinem Kupfer und sind mechanisch stabil, wie Untersuchungen von Wissenschaftlern der Gruppe von Ralph Spolenak, Professor für Nanometallurgie an der ETH Zürich, zeigten. Zu den eindrucksvollsten Objekten dürften drei ineinander verschachtelte Mikrosprialen geh?ren, welche die ETH-Forschenden in einem Arbeitsschritt und ohne Schablone herstellten.
?Nicht nur Kupfer, sondern auch andere Metalle lassen sich damit drucken?, sagt Tomaso Zambelli, Privatdozent und Gruppenleiter am Labor für Biosensoren und Bioelektronik der ETH Zürich. Und selbst für den 3D-Druck von Polymeren und Verbundmaterialien k?nnte sich FluidFM eignen, sagt er.
Ein Vorteil der neuen Methode gegenüber anderen Mikro-3D-Druckverfahren ist, dass über die Auslenkung der Blattfeder, an welche die Mikropipette gekoppelt ist, die Kr?fte gemessen werden k?nnen, die auf die Pipettenspitze wirken. ?Dieses Signal k?nnen wir als Feedback nutzen. Im Gegensatz zu anderen 3D Druck-Systemen erkennt unseres, welche Bereiche des Objekts bereits gedruckt sind?, sagt ETH-Doktorand Hirt. Dies helfe, den Druckprozess zu automatisieren.
Erfolgreiche Zusammenarbeit mit Spin-off
Die Wissenschaftler haben die Methode zum Patent angemeldet. Das ETH-Spin-off Cytosurge hat die Methode von der ETH Zürich lizenziert. Pascal Behr war vor mehreren Jahren an der ETH massgeblich an der Entwicklung von FluidFM beteiligt. Heute ist er CEO von Cytosurge. ?Wir sehen in dem Druckverfahren ein grosses Marktpotenzial und eine Chance für unsere Firma, uns weiter zu diversifizieren?, sagt er. ?Von der Idee, FluidFM im Mikro-3D-Druck einzusetzen, sind wir überzeugt. Nun geht es darum, diese Anwendung zu optimieren, gemeinsam mit interessierten Forschern an Hochschulen und in der Industrie – etwa in der Uhren-, Medizinaltechnik- und Automobilbranche.? Eine erste Anwendung sieht Behr im Bereich Rapid Prototyping, der schnellen und einfachen Herstellung von Mikrobauteil-Prototypen mittels 3D-Druck.
Die langj?hrige Zusammenarbeit von ETH Zürich und dem Spin-off Cytosurge wird ebenfalls weitergehen. ?Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, von dem beide Seiten profitieren?, sagt Zambelli. Cytosurge stellte der ETH jeweils die neusten Ger?te zur Verfügung. Die ETH-Wissenschaftler k?nnen diese für ihre Forschung verwenden. Sie helfen dabei, die Ger?te zu testen und k?nnen Anregungen für Verbesserungen und Weiterentwicklungen einbringen.
Literaturhinweis
Hirt L, Ihle S, Pan Z, Dorwling-Carter L, Reiser A, Wheeler JM, Spolenak R, V?r?s J, Zambelli T: Template-Free 3D Microprinting of Metal Using a Force-Controlled Nanopipette for Layer-by-Layer Electrodepostion. Advanced Materials, 19. Januar 2016, doi: externe Seite 10.1002/adma.201504967