«In die Verschlankung von Bauprozessen investieren»
Der Schweizer Baukonzern Implenia wird sich an der ETH Zürich am Aufbau einer neuen Assistenzprofessur für innovatives und industrialisiertes Bauen beteiligen. Implenia-CEO Anton Affentranger erkl?rt im Interview mit ETH-News, weshalb sein Unternehmen diese finanzielle Unterstützung leistet und warum klare Regeln und Transparenz bei der Forschungsf?rderung wichtige Gebote sind.
ETH-News: Herr Affentranger, weshalb haben Sie sich entschieden, den Aufbau einer Asssistenzprofessur für innovatives und industrialisiertes Bauen finanziell zu unterstützen?
Anton Affentranger: Die Bauwirtschaft geh?rt heute zu den ineffizientesten Branchen überhaupt. Andere Industrien konnten dank der Standardisierung von Prozessen und der durchg?ngigen Optimierung entlang der gesamten Wertsch?pfungskette betr?chtliche Effizienzsteigerungen realisieren. Dies war in der Baubranche nicht der Fall. Know-how im Bereich des industrialisierten Bauens und der F?rderung innovativer Technologien, spielen dabei eine Schlüsselrolle. Implenia besch?ftigt sich bereits intensiv mit ?Operational Excellence?-Themen. Zudem feiern wir in diesem Jahr unser 10-Jahr-Jubil?um. Wir wollen dies zum Anlass nehmen, weiter in unsere Zukunft zu investieren.
Wie stark konnten Sie die Thematik und das Forschungsprofil der zukünftigen Assistenzprofessur mitbestimmen?
Die ETH Zürich hat die St?rkung der Bauwissenschaften selbst zu einer ihrer strategischen Priorit?ten erkl?rt. In der gemeinsamen Diskussion wurde dann klar, dass im Bereich des industrialisierten und innovativen Bauens eine Lücke besteht. Implenia hat ihrerseits in den letzten Jahren stark in die Themen operative Exzellenz, technische Weiterentwicklung, Nachhaltigkeit, Arbeitssicherheit und die Verschlankung von Bauprozessen investiert. Mit dem Technical Center haben wir zudem ein internes Kompetenzzentrum aufgebaut. Im Ausland geschieht in diesem Bereich derzeit sehr viel. Die geplante Professur soll einen Beitrag leisten, dass die Schweiz hier nicht zurückf?llt.
Der Austausch mit den Studierenden an der ETH soll gem?ss F?rderungsvertrag intensiviert werden. Inwiefern ist diese Forschungsf?rderung für Implenia auch eine Investition in die Talentrekrutierung?
Der Mangel an Fachkr?ften ist eine Herausforderung, mit der die ganze Baubranche k?mpft. Unser Ziel ist letztlich, dass sich mehr junge Menschen – gerade auch Frauen – für ein Studium der Bauingenieurwissenschaften entscheiden. Die Professur ist auch ein Signal, dass sich die Branche weiterentwickelt und am Puls der Zeit bleibt. Den Austausch mit Studierenden erleben wir als sehr fruchtbar. Dabei lernen wir als Unternehmen mehr über die Ziele, Ideen und Anforderungen junger Akademiker und Akademikerinnen. Gleichzeitig k?nnen wir den jungen Menschen aufzeigen, welche beruflichen Perspektiven ein Bauingenieurstudium bietet.
Im Fachbereich Nachhaltiges Bauen treffen sich die Industriepartner der ETH und die Professoren halbj?hrlich in einem ?Partnership Council? zum Wissensaustausch. Was erhoffen Sie sich durch den Einsitz in diesem Council?
Wir sind sehr an einem solchen Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis interessiert. Ich bin überzeugt, dass wir neue Erkenntnisse aus der Forschung gewinnen k?nnen, die sich auf unseren Baustellen umsetzen lassen. Umgekehrt kann auch die Forschung von Impulsen aus der Praxis profitieren.
Implenia darf zudem in der Berufungskommission mit einer Stimme Einsitz nehmen. Wie stark ist ihr Gewicht in der Kommission?
Es ist sinnvoll, dass wir unsere Erfahrungen als ?Stimme aus der Praxis? bei der Besetzung der Assistenz-Professur einbringen. Dabei erfolgt die Ausschreibung nach dem an der ETH Zürich üblichen Verfahren: Der Pr?sident der ETH Zürich ernennt eine Berufungskommission in der Gr?ssenordnung von zehn Mitgliedern, darunter typischerweise auch ein Industrievertreter. In diesem Fall ist Implenia mit einem Delegierten vertreten. Die Kommission schl?gt dem Pr?sidenten m?gliche Kandidaten und Kandidatinnen vor. Anschliessend pr?sentiert der Pr?sident seine Wahl dem ETH-Rat, der die finale Entscheidung trifft.
In den letzten Tagen wurden F?lle von Drittfinanzierungen bekannt, bei denen Industriepartner ihre F?rderung an einen Wunschkandidaten gekoppelt hatten. Wie stehen die Dinge in ihrem Fall?
Eine solche Bedingung gibt es nicht. Wir sind eine von zehn Stimmen, die in der Berufungskommission im Rahmen einer offenen Diskussion ihre Sicht und Ideen einbringt. Es ist das Gesamtgremium, das dem ETH-Pr?sidenten Kandidaten und Kandidatinnen vorschl?gt.
Die ?ffentlichkeit wurde in den letzten Monaten stark sensibilisiert für m?gliche Widersprüche aus der Forschungsfinanzierung durch die Wirtschaft. Birgt ein solches Engagement nicht Risiken für das Image Ihres Unternehmens?
Als Wirtschaftsunternehmen haben wir eine Verantwortung für das Gemeinwohl. Das heisst auch, dass sich Unternehmen im Bereich der Forschung und Bildung einbringen k?nnen, ja sogar einbringen sollten – nicht nur finanziell, sondern auch inhaltlich. Ich bin überzeugt, dass es Modelle gibt, die ein Engagement der Wirtschaft erm?glichen, ohne den Grundsatz der Forschungsfreiheit sowie die Unabh?ngigkeit der Lehre zu torpedieren. Damit das funktioniert, sind klare Regeln und Transparenz wichtige Gebote. Ich denke, dass wir diesem Anspruch mit der vorliegenden ETH-Partnerschaft gerecht werden.
Initiative für Nachhaltiges Bauen
Implenia wird sich am Aufbau einer Assistenzprofessur für innovatives und industrialisiertes Bauen am Departement Bau, Umwelt und Geomatik (D-BAUG) der ETH Zürich beteiligen. ?ber sechs Jahre hinweg wird das Unternehmen über die ETH Zürich Foundation die Professur mit insgesamt 2,4 Millionen Franken unterstützen. Damit wird die ETH-Initiative für Nachhaltiges Bauen weiter ausgebaut, im Rahmen welcher in den letzten sechs Jahren 15 neue Professuren aufgebaut wurden. Implenia engagiert sich bereits seit 2008 durch Beteiligung am ?Excellence Scholarship & Opportunity Programme? an der Talentf?rderung innerhalb der ETH Zürich.