Mischkulturen gegen Monotonie
Artenreiche Pflanzengesellschaften sind produktiver und widerstands?f?higer als Monokulturen, sagt Chris?tian Sch?b. Er fordert, dass man Züchtungsprogramme auf Misch?kulturen auslegt.
Die Schweiz hat 1994 die Biodiversit?tskonvention von Rio ratifiziert und sich damit zum Schutz der Artenvielfalt verpflichtet1. Aber nicht nur deshalb befürworte ich, dass unsere Landwirtschaft vielf?ltiger werden muss. Seit Inkrafttreten der Konvention 1995 hat die Forschung der biologischen Vielfalt einen erstaunlich vielf?ltigen Nutzen nachgewiesen2,3. Gerade in Pflanzengemeinschaften produzieren Mischungen von Sorten oder Arten in der Regel mehr Biomasse als Monokulturen, und die Biomasseertr?ge schwanken auch weniger über die Zeit.
Doch unseren ?ckern und G?rten haben diese Erkenntnisse bislang wenig gebracht. Mischkulturen verschiedener Arten sind im Schweizer Ackerbau eine Rarit?t: 2016 waren es 0.03 Prozent beim Brotgetreide und 0.36 Prozent beim Futtergetreide4. Mit der intensivierten Landwirtschaft hat die Biodiversit?t im Ackerbau stark abgenommen, nicht nur in der Artenzahl, sondern auch in der Anzahl Sorten per Art, also der genetischen Vielfalt. So sind viele der heute kultivierten Ackerfl?chen Monokulturen einer Sorte oder sogar eines einzigen Genotyps.
Aufw?ndige Einfalt
Die Vorteile solcher ?Sortenreinheit? scheinen jene der Vielfalt bisher übertrumpft zu haben. Was in dieser Rechnung oft untersch?tzt wird: Die Einfalt der Monokultur ist mit viel Arbeit, Ressourcenaufwand und vor allem mit Risiken verbunden. Spezialisierte Sch?dlinge beispielsweise fühlen sich da wie im Paradies – davon zeugen historische Beispiele wie die Kartoffelf?ule als Ausl?ser der Grossen Hungersnot in Irland, aber auch die durch die Erreger der Panamakrankheit bedrohte monokulturelle Bananenproduktion in Südamerika.
?Eine Monokultur ist wie ein geklontes Fussballteam aus lauter Angreifern, die alle in einer Platzh?lfte stehen und Tore schiessen, aber keiner verteidigt.?Christian Sch?b
Darüber hinaus bringt diese Einfalt auch mit sich, dass Individuen, die zusammen auf dem Feld stehen, nicht nur die gleichen Ressourcen brauchen, sondern auch exakt die gleichen F?higkeiten besitzen. Eine Monokultur ist also wie ein geklontes Fussballteam aus lauter Angreifern, die alle in einer Platzh?lfte stehen und Tore schiessen, aber keiner wirklich gut verteidigt. Darum funktionieren Monokulturen nur, wenn die Ressourcen und Bedingungen für die Kultur durch externen Input ideal vorbereitet und Sch?dlinge kontrolliert werden – das heisst, wenn für sie gesorgt und ?verteidigt? wird. Chemische und biologische Dünger sowie Pflanzenschutzmittel sind deshalb in Monokulturen unabdingbar.
Kombination sich erg?nzender St?rken
Ich meine, Mischkulturen k?nnen hier Abhilfe schaffen. In der Schweiz bereits verbreitet sind neben Graslandmischungen auch Gerste-Erbse-Mischungen für den Futterbau oder Winterweizen-Sortenmischungen als Brotgetreide.
Der Nutzen von Mischkulturen liegt in der Komplementarit?t ihrer Komponenten. So dient die Gerste als Stütze für die sonst niederliegenden Erbsen, was die maschinelle Ernte vereinfacht, w?hrend die Erbse der Gerste aus der Luft fixierten Stickstoff zur Verfügung stellt. Bei Weizenmischungen kann man Sorten mit verschiedenen Krankheitsresistenzen kombinieren, was einen stabilen, hohen Ertrag von guter Qualit?t mit deutlich weniger Pflanzenschutzmitteln erlaubt. Kurz: Pflanzenteams sind auch aus ?kologischen Gesichtspunkten h?chst attraktiv.
Gezielte Züchtung für Mischkulturen
Um dieses Potenzial zu nutzen, braucht es meiner Meinung nach ein Umdenken im Agrarsektor. Zusammen mit einer Kollegin der Uni Zürich konnten wir zeigen, dass sich die ertragssteigernden positiven Interaktionen zwischen Pflanzenarten nur dann voll entwickeln, wenn die Pflanzen über Generationen in Mischkulturen kultiviert werden5. Das bedeutet: Es braucht gezielte Züchtungsprogramme für gemischte Nutzpflanzenkulturen.
Wie unsere Umfrage bei Landwirten im Rahmen des EU-Projekts DIVERSify6 zeigte, sind die Hindernisse für einen verbreiteten gemischten Anbau aber mannigfaltiger als das: Sie haben vor allem mit dem fehlenden Wissen zu tun, wie wir unsere auf Monokulturen ausgelegten Methoden für Mischkulturen anpassen k?nnen – sei es bei der Pflanzung, beim Pflanzenschutz, bei der Ernte, der Weiterverarbeitung oder der Vermarktung.
Hier besteht also Handlungsbedarf. Ich bin überzeugt, dass sich das lohnt. Biodiversit?tseffekte machen nicht an den Toren der Landwirtschaftsbetriebe halt, genauso wenig wie die monokulturellen Risiken. Nutzen wir darum die Vielfalt, um die landwirtschaftliche Produktion weiterhin produktiv, aber auch nachhaltiger zu machen!
Referenzen
1 externe Seite Convention on biological diversity
2 externe Seite Jena Experiment
3 externe Seite Cedar Creek Ecosystem Science Reserve
4 Agrarbericht 2017. Bundesamt für Landwirtschaft BLW.
5 Sch?b, C., Brooker, R.W., Zuppinger-Dingley, D. (2018). Evolution of facilitation requires diverse communities. Nature Ecology & Evolution. doi: externe Seite 10.1038/s41559-018-0623-2
6 Designing Innovative plant teams for Ecosystem Resilience and agricultural Sustainability: externe Seite DIVERSify