Neue, hochaufgelöste Modelle führen Wetter und Klima zusammen
Starkregen und Hochwasser haben das Wetter in den vergangenen Wochen gepr?gt. Um diese Wetterereignisse genauer vorherzusagen und zusammen mit dem globalen Klimawandel besser zu verstehen, entwickelt die ETH Zürich mit Partnern eine neue Generation von hochaufgel?sten Wetter- und Klimamodellen.
Starkregen, Hagelschauer und ?berflutungen: Die vergangenen Wochen haben im Alpenraum und in Nordwesteuropa deutlich gemacht, wie sich extreme Unwetter auswirken k?nnen. Wie genau h?ngen jedoch die extremen Wetterereignisse mit der Klimaerw?rmung zusammen? Für Forschende, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen Wetter und Klima sowie deren Modellierung befassen, ist das eine Schlüsselfrage.
Modelle sind ein Mittel, um diese Wechselwirkungen zu verstehen. Sie bilden die grundlegenden physikalischen Prozesse ab, um die wahrscheinlichen Entwicklungen zu berechnen. Mit den heutigen Modellen und Computer-Infrastrukturen stossen die Forschenden jedoch an Grenzen, wie genau ihre Aussagen über die Zusammenh?nge von Wetter und Klima sein k?nnen. Darum hat die ETH Zürich mit Partnern die Forschungsinitiative EXCLAIM lanciert. Diese hat zum Ziel, die r?umliche Aufl?sung der Modelle deutlich zu erh?hen, um deren Pr?zision zu steigern und um das Wetter in einer zukünftigen, warmen Welt auf globaler Ebene direkt zu simulieren.
Das Wetter nahtlos im Klimamodell abbilden
?Aufgrund ihrer hohen Aufl?sung werden die neuen, globalen Modelle wichtige Prozesse wie Stürme und Wettersysteme viel detaillierter abbilden als das bisher der Fall war. Auf diese Weise k?nnen wir viel genauer untersuchen, wie sich Klimaver?nderungen und Wetterereignisse gegenseitig beeinflussen?, sagt Nicolas Gruber, der Leiter von EXCLAIM und Professor für Umweltphysik.
EXCLAIM ist interdisziplin?r: Neben den Klimaforschenden des ETH-Zentrums für Klimamodellierung (C2SM) beteiligen sich ETH-Informatiker, das Schweizerische Nationale Supercomputing Centre (externe Seite CSCS), das Schweizer Data Science Center (externe Seite SDSC), das Forschungsinstitut externe Seite Empa sowie das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie externe Seite MeteoSchweiz. Die Zusammenarbeit soll nicht nur die Modellierung der Klimaforschung verbessern, sondern auch die Wetterprognosen der MeteoSchweiz. Zu den internationalen Projektpartnern z?hlen der Deutsche Wetterdienst (externe Seite DWD) und das Max-Planck-Institut für Meteorologie (externe Seite MPI-M), die das Modellsystem externe Seite ICON (Icosahedral Nonhydrostatic) entwickelt haben, das die Basis für EXCLAIM bildet, sowie das Europ?ische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (externe Seite EZMW), bei dem die Schweiz Vollmitglied ist.
Einen regelrechten Massstabssprung streben die Forschenden bei der r?umlichen Aufl?sung der Wetter- und Klimamodelle an: Um das globale Wetter und Klima mit all seinen regionalen Details zu simulieren, legen ihre Modelle ein virtuelles, dreidimensionales Gitter über die Erdkugel. Auf der Basis von physikalischen Gesetzen berechnen die Forschenden dann in ihren Modellen für jeden Punkt die jeweiligen Klimabedingungen. In globalen Klimamodellen liegen diese Punkte heute 50 bis 100 Kilometer auseinander. In EXCLAIM peilen die Forschenden langfristig eine Aufl?sung von nur einem Kilometer an.
Da die Rechnerleistung der heutigen Hochleistungsrechner begrenzt ist, l?sst sich das Wetter bisher nur regional derart feinmaschig aufgel?st simulieren – und das auch nur über relativ kurze Zeitr?ume. In den neuen Modellen wollen die Forschenden diese feinmaschige Aufl?sung nun auch global erreichen, um das Wettergeschehen aus einer globalen Klimaperspektive heraus viel sch?rfer als bisher zu simulieren. Das ist, als ob man die globalen Klimamodelle mit einer zus?tzlichen Zoom-Funktion für kleinr?umige Ereignisse ausstattet.
?Mit den neuen Modellen lassen sich auch ?Wettervorhersagen? im zukünftigen Klima machen und Antworten finden wie Extremereignisse wie die Starkniederschl?ge dieses Sommers in Zukunft aussehen k?nnten?, sagt Christof Appenzeller, Leiter des Gesch?ftsbereichs Analyse und Prognose der MeteoSchweiz.
Hochleistungsinfrastruktur für Klimasimulationen
Damit die neuen Modelle ihre Vorteile ausspielen k?nnen, ist eine massgeschneiderte Computer-Infrastruktur erforderlich. Schliesslich geh?ren Wetter- und Klimamodelle zu den rechen- und datenintensivsten Problemen. Die Modelle werden bei EXCLAIM deshalb Hand in Hand mit der Hardware und Software von Hochleistungsrechnern entwickelt: ?Die Rechen- und Dateninfrastruktur wird ganz nach den Anforderungen der Wetter- und Klimamodelle eingerichtet?, sagt Thomas Schulthess, der Direktor des Schweizerischen Nationalen Supercomputing Centre in Lugano. Das neue Supercomputing-System ?Alps? ist zum Beispiel so gebaut, dass die hochaufl?senden Klimamodelle auch konvektive Systeme wie Gewitter gut abbilden k?nnen.
Damit sich Wetter und Klima tats?chlich mit einer Maschenweite von wenigen Kilometern global und über Jahrzehnte simulieren lassen, muss das Modell ca. 100-mal schneller laufen als das zurzeit m?glich ist. Die erste M?glichkeit, dieses Ziel zu erreichen, ist es, schnellere und gr?ssere Rechner einzusetzen. Dazu wird der ?bergang vom aktuellen Hochleistungsrechner am CSCS auf das ?Alps?-System beitragen.
Eine Herausforderung stellt dabei das Ende des ?Mooresche Gesetz? dar, demzufolge sich die Leistung von Prozessoren etwa alle 20 Monate verdoppelt: ?Da die serielle Leistung von Prozessoren seit etwa 15 Jahren nicht mehr gesteigert werden konnte, besteht die einzige M?glichkeit, die Leistung von Supercomputern zu erh?hen, darin, ihre parallele Rechnerarchitektur zu verbessern?, sagt Thomas Schulthess und erg?nzt: ?Zudem lohnt es sich, die Architektur eines Supercomputers so einzurichten, dass er bestimmte Klassen von Forschungsproblemen optimal l?sen kann.? Eine wichtige Rolle für die Rechenleistung spielt eine gemischte Rechnerarchitektur, in der die herk?mmlichen Hauptprozessoren, die CPU (engl. ?Central Processing Units?), die für die Berechnungen und den Datenaustausch zwischen Speicher und Komponenten verantwortlich sind, zusammen mit GPUs (engl. ?Graphical Processing Units?) eingesetzt werden.
Die zweite M?glichkeit setzt bei der Software an und besteht darin, den Modellcode zu optimieren und besser auf die gemischte Rechenarchitektur anzupassen. Hier verfolgt EXCLAIM einen revolution?ren Ansatz, in dem der Quellcode aufgeteilt wird in einen ersten Teil, der die Schnittstelle zu Modellentwickelnden und Benutzenden darstellt, und einer darunterliegenden Softwareinfrastruktur, in der die zentralen Algorithmen des Modells hocheffizient für die jeweilige Hardware implementiert werden. Diesen Ansatz verfolgen CSCS, MeteoSchweiz und C2SM bereits im heutigen Wettermodell der MeteoSchweiz erfolgreich. Nun wird ihr Ansatz auf das Wetter- und Klimamodell ICON angewendet. ?Wir konnten mit diesem Ansatz das Wettermodell der MeteoSchweiz um einen Faktor 10 beschleunigen, was der MeteoSchweiz erlaubte, die Zuverl?ssigkeit der Vorhersagen zu verbessern?, sagt Schulthess.
Mit der Datenflut umgehen
Die reine Rechengeschwindigkeit ist nicht matchentscheidend: Wenn die Aufl?sung der Modelle zunimmt, steigen die Datenmengen massiv an. Zudem ben?tigt und produziert die Wetter- und Klimaforschung sehr verschiedene Daten. Für den effektiven Durchsatz ist es ebenso entscheidend, dass die Rechner m?glichst schnell auf die Daten zugreifen und die Resultate wieder auf Speichermedien ausschreiben k?nnen. Die Rechenprozesse sind entsprechend zu organisieren, wobei die Speicherbandbreite maximiert und kostspielige Datentransfers vermieden werden. ?Damit die neuen Wetter- und Klimamodelle nützliche Ergebnisse erzielen, müssen wir die gesamte Infrastruktur optimieren. Dafür wenden wir die Erfahrungen aus vielen Jahren Zusammenarbeit mit MeteoSchweiz und dem ETH-Bereich an?, sagt Schulthess.
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