«Wir befinden uns immer noch in einem Übergangsprozess»
Seit Oktober 2022 leiten die Chemikerin Dorota Pfizenmaier und der Biomechaniker Charles Ledoux die Mittelbauvereinigung AVETH. Im Gespr?ch mit ?Intern aktuell? schildern sie, wie es ist, im Lockdown an die ETH Zürich zu kommen und welche hochschulpolitischen Herausforderungen sie anpacken wollen.
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Eine Erfahrung teilen Dorota Pfizenmaier und Charles Ledoux: Die beiden Doktorierenden kamen just in der Zeit neu an die ETH, als wegen des Corona-Virus besondere Schutzmassnahmen galten und sehr viele ETH-Angeh?rige im Homeoffice arbeiteten. Pers?nliche Begegnungen, besonders solche mit Forschenden aus anderen Teams, waren in dieser Zeit nur beschr?nkt m?glich und so konzentrierte sich ihr Austausch zun?chst fast nur auf die eigene Forschungsgruppe.
Um Forschende aus anderen Gruppen, 365体育直播_365体育投注-竞猜网投n und Disziplinen kennenzulernen, kamen beide mit dem AVETH in Kontakt, der jeweils virtuelle und physische Events organisiert, damit sich Forschende aus dem Mittelbau treffen und vernetzen k?nnen. Zu diesen Veranstaltungen geh?ren Apéros, Führungen, Kochtreffen, Kaffeerunden, Origami-Kurse, Bowling, Kino, Salsa und vieles mehr. Dorota Pfizenmaier engagierte sich bald selbst im Eventteam des AVETH und übernahm laufend weitere Aufgaben im Vorstand. Charles Ledoux seinerseits erfuhr dank dem Projekt rETHink und als Pr?sident des HAS, des Fachvereins der AVETH im Departement HEST, sehr viel über die ETH Zürich und ihre Wissenschaftskultur. Dadurch wuchs sein Interesse an der Hochschulpolitik.
Von Fasern und Knochen zur Hochschulpolitik
Als sich im Herbst abzeichnete, dass Florentine Strudwick (D-CHAB) als Pr?sidentin des AVETH und Konstantinos Voulpiotis (D-BAUG) als Vizepr?sident zurücktreten, entschlossen sich die beiden zum n?chsten Schritt: Im Oktober 2022 w?hlte die AVETH-Generalversammlung Charles Ledoux zu ihrem Pr?sidenten und Dorota Pfizenmaier zur Vizepr?sidentin.
Dorota Pfizenmaier ist seit 2021 Doktorandin in der Forschungsgruppe für Biochemie von Matthias Peter (D-?BIOL). Sie stammt aus Polen und untersucht reversible Amyloide in menschlichen Zellen. Amyloide sind Proteine, die sich zu langen, sehr stabilen Fasern verdichten. Diese Aggregate lagern sich in Zellen, Geweben oder Organen ab und k?nnen verschiedene Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson verursachen. Vor kurzem wurden Beispiele von Amyloiden entdeckt, die sich auf natürliche Weise von der Faserform in l?sliche, harmlose Monomere umwandeln k?nnen. ?Das Verst?ndnis, wie Amyloid-Reversibilit?t funktioniert, k?nnte zur Entwicklung neuer Therapien für Amyloid-bedingte Krankheiten beitragen?, sagt Pfizenmaier.
Auch Charles Ledoux forscht über eine biomedizinische Frage: Er ist seit 2020 Doktorand in Ralph Müllers (D-?HEST) Labor für Knochenbiomechanik. In seiner Doktorarbeit befasst er sich mit der Behandlung von Osteoporose. Er entwickelt Computermodelle, die das Verhalten der Zellen in brüchigen Knochen simulieren. Diese Modelle sollen dazu beitragen, die Behandlung von Osteoporose individuell auf die jeweiligen Patient:innen abzustimmen. Ledoux ist schon weit herumgekommen in der Welt: Sein Vater ist Franzose, seine Mutter Deutsche. Die Mittelschule besuchte er in Japan. Sein Studium führte ihn nach Kanada, in die Schweiz und nach Italien. Für sein Doktorat ist er in die Schweiz zurückgekehrt.
Lernen aus dem ?COVID-Arbeitsmodus?
Ledoux' Pr?sidentschaft begann mit einem Paukenschlag: Als vor Weihnachten bekannt wurde, dass die Doktorierenden an der ETH keinen Teuerungsausgleich erhalten, wies der AVETH umgehend auf die Dringlichkeit dieses Themas – besonders für die Doktorierenden in den unteren Lohnstufen – hin und nahm Gespr?che mit allen Verantwortlichen auf. Mit einem ersten Erfolg: Der Nationalfonds SNF kündigte eine Anpassung der Doktorandenl?hne an und eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Julia Dannath, Vizepr?sidentin für Personalentwicklung und Leadership, erarbeitet derzeit ein System, wie die Anpassung an der ETH umzusetzen ist. Diese wird sich ab M?rz in den Doktorandengeh?ltern spiegeln – mit dem einzigen Vorbehalt, dass die Schulleitung dies noch best?tigen muss.
Zu den weiteren arbeitsbezogenen Themen, bei denen der AVETH gefragt ist, z?hlt zum Beispiel die Frage, wie die geschützte Forschungszeit von 70 Prozent gesichert werden kann, die bei einigen Doktoranden durch Lehr- und andere Aufgaben st?rker beeintr?chtigt wird, die Feedbackkultur in der Forschung oder auch gewisse Nachwirkungen des COVID-Lockdowns: ?Wir befinden uns immer noch in einem ?bergangsprozess zurück von einem Online-Arbeitsmodus zu einem mehr physischen oder gemischten Arbeitsmodus. Da ist der Lernprozess noch nicht abgeschlossen?, sagt Ledoux.
Er erg?nzt, dass sich die Doktorierenden und Forschenden im Klaren sind, dass sie im internationalen Vergleich sehr gute Arbeitsbedingungen an der ETH haben. Er anerkennt, dass der AVETH im Hochschulentwicklungsprojekt rETHink gut integriert sei, und sich das lohne: ?Wir tun uns im Mittelbau selbst einen Gefallen, wenn der AVETH dazu beitr?gt, den ETH-Spirit zu st?rken?, sagt Ledoux und lobt das Engagement seiner Vorg?ngerinnen Florentine Strudwick und Rosa Visscher.
Unterstützung für die ?erste Generation?
Auch der AVETH stehe vor Herausforderungen, sagt Dorota Pfizenmaier. Zum Beispiel stagnierte die Anzahl ihrer aktiven Mitglieder seit der COVID-Phase und tendenziell ist er st?rker bei den Doktorierenden pr?sent als bei den Postdoktorierenden. ?Wir wollen die Verbindungen in der Gemeinschaft der Forschenden st?rken und überlegen uns neue Formate für den Austausch.? So sind schon in den letzten Monaten Angebote entstanden wie ein Schreibkurs, ein Buchklub oder eine Arbeitsgruppe, die sich mit wissenschaftlicher Fehlinformation in der Gesellschaft auseinandersetzt.
Insgesamt haben die Verantwortungsbereiche und die Arbeitsgruppen im AVETH zugenommen: ?Darum wollen wir unsere Organisation so optimieren, dass die Abl?ufe einfach und gut führbar sind?, sagt Pfizenmaier, ?schliesslich leisten alle im AVETH Freiwilligenarbeit.? Das freiwillige Engagement umfasst ein vertraulich arbeitendes Beratungsteam, das wissenschaftlichen Mitarbeitenden in Stresssituationen zur Seite steht, und neuerdings eine Mentoring-Initiative für Doktorierende, die als erste Mitglieder ihrer Familie ein Studium absolvieren.
Gemeinsam mit ETH Diversity verleiht der AVETH zudem den Diversity Award an Personen, die sich freiwillig für Vielfalt und Inklusion an der ETH Zürich einsetzen. Der AVETH w?hlt auch die Gewinner des Art of Leadership Award, des Dandelion Entrepreneurship Award und des KITE Teaching Award mit aus. Zum Teil wirken sich globale Trends auf das Engagement des AVETH aus wie der Krieg in der Ukraine und die Unruhen im Iran. ?ETH-Angeh?rige, die aus diesen L?ndern kommen, unterstützen wir beim AVETH und schauen, dass sie an der ETH gut aufgenommen werden?, sagt Dorota Pfizenmaier.
Weitere Informationen
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