Was uns die Vielfalt bringt
Die Vielfalt der Nationalit?ten an der ETH bereichere sowohl im sozialen als auch im wissenschaftlichen Kontext. Deshalb müsse für den Erhalt der Vielf?ltigkeit an der ETH gek?mpft werden, schreibt VSETH-Pr?sidentin Julia Wysling.
Mit dem ?bertritt vom Gymnasium an die ETH hat sich mein Leben in vielen Bereichen ver?ndert: Auf einmal war ich nicht mehr eine Schülerin unter 20 Klassenkameraden, sondern eine Studentin unter 400 Unbekannten, auf einmal konnte ich tun und lassen was ich wollte – kontrolliert hat ja niemand, ob ich in der Vorlesung sitze oder im Polysnack Kaffee trinke und mit Freunden jasse.
Auch mein soziales Umfeld hat sich auf einmal ver?ndert: W?hrend mein Freundeskreis in der Schulzeit aus Zürchern bestand, fanden sich unter meinen ersten Bekanntschaften im Studium auf einmal sehr viele Deutsche, Westschweizer, Tessiner und ?sterreicher wieder. Diese Vielfalt ver?nderte meine Weltansicht in vielen Belangen: Es waren nicht mehr nur Themen aus der schweizerischen Politik interessant, sondern auch internationale. Die eigene Lebensweise wurde verglichen mit derjenigen der Kollegen, der Stolz und auch der Verbesserungswille bezüglich des eigenen Umfelds stieg um ein Vielfaches.
W?hrend in den ersten Studienjahren, unter anderem wegen der Vorlesungssprache Deutsch im Basisjahr, die Vielfalt der Nationalit?ten zu grossen Teilen noch auf die n?rdlichen und ?stlichen Nachbarn beschr?nkt ist, wird im Master das Umfeld dann noch einmal spannender. Neben Deutschen, Westschweizern, Tessinern und ?sterreichern trifft man in den Vorlesungen Studierende von allen Kontinenten.
Vielf?ltigkeit als Teil der Bildung
Diese Vielfalt bereichert, nicht nur im sozialen Kontext, sondern auch im wissenschaftlichen. Viele fachliche Konzepte, die an der ETH vermittelt werden, werden an anderen Universit?ten oder in anderen L?ndern anders aufgefasst, anders erkl?rt und haben andere Anwendungen. Die dadurch entstehenden Diskussionen unter den Studierenden mit verschiedenen Hintergründen tragen viel zur Selbstreflexion und zur kritischen Hinterfragung des Stoffes bei. Sie sind meiner Ansicht nach ein wesentlicher Bestandteil der Bildung an der ETH.
Auch für den sp?teren Beruf ist die Vielfalt als Teil der Bildung unabdingbar: Die Vielfalt und Offenheit gegenüber anderen Haltungen und L?sungsans?tzen, die wir im Studium an der ETH lernen, bereitet uns darauf vor, uns in der globalen, vernetzten Welt zu bewegen. Dies beschr?nkt sich nicht nur auf die Arbeit in Firmen, sondern findet seine Anwendung auch in der Forschung, wo die Zusammenarbeit in einem internationalen Team Gang und G?be ist.
Die Vielfalt der ETH ist im politischen Kontext natürlich nicht einfach zu vertreten – die Tendenz in der schweizerischen Politik im letzten halben Jahr war es, die Zulassung von Bildungsausl?ndern zum Studium in der Schweiz, insbesondere an der ETH, zu erschweren. Beispiele dafür w?ren die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative und der Wille, die Studiengebühren zwischen Bildungsinl?ndern und -ausl?ndern zu differenzieren. Trotzdem denke ich, dass für den Erhalt der Vielf?ltigkeit an der ETH gek?mpft werden muss, da sonst ein grosser Teil des wertvollen Lerneffekts des internationalen Austausches an der eigenen Hochschule verloren geht.
Zur Person
Im November 2013 w?hlte der Mitgliederrat, das oberste Organ des Studierendenverbands VSETH, Julia Wysling zu seiner Pr?sidentin. Sie wurde 1990 in Zürich geboren und ist in Zürich, Wien und Uster aufgewachsen. Nach erfolgreich absolvierter Matura an der Kantonsschule R?mibühl inklusive Austauschjahr in Australien studiert sie seit 2009 an der ETH Mathematik. Zuvor war Julia Wysling schon in ihrem Fachverein VMP (Verein der Mathematik- und Physikstudierenden), in mehreren VSETH-Kommissionen und im Verein SoNaFe/WiNaFe t?tig. Besonders faszinierend an der Arbeit im VSETH findet sie das Zusammenspiel zwischen der politischer Vertretung der Studierenden und dem Angebot von Dienstleistungen. In ihrer Freizeit trainiert Julia Wysling für einen Triathlon.