Die ETH-Gastronomie in Corona-Zeiten

Es kam wie ein Schock. Von einem Tag auf den anderen hiess es im M?rz letzten Jahres: Lockdown. ?ber Nacht wurden s?mtliche Restaurants mit sofortiger Wirkung geschlossen, auch die 20 Restaurants an der ETH. ?Es war eine einmalige, bewegende Situation?, fasst Pia Fach, Gesch?ftsf¨¹hrerin Gemeinschaftsgastronomie Schweiz bei der externe SeiteSV Groupcall_made, diesen Tag zusammen. Die SV Group ist, nebst der Compass Group, die gr?sste Betreiberin von Restaurants an der ETH. Zu ihr geh?rt u.a. die Mensa Polyterrasse, der Polysnack und der foodmarket auf dem H?nggerberg. ?Unsere Mitarbeitenden identifizieren sich stark mit der ETH. Dass wir sie an diesem Tag alle auf unbestimmte Zeit nachhause schicken mussten, war sehr schwierig f¨¹r sie.?

Auch Thomas Truttmann, Managing Director bei der externe SeiteCompass Group (Schweiz)call_made, die auf dem H?nggerberg das Fusion meal und coffee betreibt, spricht von einer herausfordernden Zeit. In Windeseile mussten Massnahmenpl?ne erstellt werden, der Organisationsaufwand war hoch ¨C und so auch das Tempo. ?Es war ¨C und ist ¨C eine Zeit der schnellen Entscheide. Man kann gar nicht mehr lange zuwarten, die ?berlegungszeit ist viel k¨¹rzer geworden. Und man muss immer wieder die Hypothesen, die die Zukunft betreffen, ¨¹berpr¨¹fen?, schildert Thomas Truttmann die Entwicklung seit M?rz 2020.

Homeoffice und Kurzarbeit

Die unbekannte Situation bringt bis heute f¨¹r die Restaurant-Betreiber noch weitere Herausforderungen mit sich: Schutzkonzepte m¨¹ssen umgesetzt, stetig den Vorgaben des BAG angepasst und Mitarbeitenden wie G?sten n?hergebracht werden. Kommt hinzu, dass die meisten ETH-Mitarbeitenden und -Studierenden von zuhause aus t?tig sind. Dies macht es f¨¹r die Gastro-Unternehmen schwierig, die t?gliche G?stezahl in den Restaurants vorab abzusch?tzen. Die m?glichen Folgen davon: Die Gastro-Betreiber kaufen zu viel Ware ein, was zu einem erh?hten Warenaufwand und Food Waste f¨¹hren kann, oder bieten zu viele Mitarbeitende auf.

Sowohl der SV als auch die Compass Group meldeten Kurzarbeit an ¨C ein System, das zwar gut funktioniert, aber auch eine besonders sorgf?ltige Planung der Mitarbeitenden-Eins?tze notwendig macht. Und wie sollten jene Mitarbeitenden besch?ftigt werden, die in keinem der bald wieder ge?ffneten Betriebe eingesetzt werden konnten und f¨¹r die Homeoffice nicht m?glich war? Denn, wie es Pia Fach von der SV Group auf den Punkt bringt: ?Dem Restaurant-Mitarbeitenden konnten wir nicht sagen: Nimm die Teller mit und sp¨¹l sie zuhause!?

Schwierige Zeit f¨¹r Mitarbeitende

F¨¹r viele Mitarbeitende war ¨C und ist ¨C diese Situation sehr belastend. Nebst der generellen Unsicherheit, wie lange die Pandemie andauern und welche finanziellen Konsequenzen sie haben wird, kam ein Mangel an Besch?ftigung hinzu. ?Nicht arbeiten zu k?nnen, ist nur zu Beginn lustig?, beschreibt Thomas Truttmann die Situation. ?Unsere Mitarbeitenden sind Gastgeber. Sie brennen darauf, wieder in ihre Betriebe zur¨¹ckzukehren und G?ste zu bewirten. F¨¹r sie ist diese Situation sehr schwierig. Wir f¨¹hren vereinzelt Restaurants in der Schweiz, in denen unsere Mitarbeitenden seit ¨¹ber einem Jahr keinen Fuss in einen Betrieb gesetzt haben und seit dann voll auf Kurzarbeit sind. Zum Gl¨¹ck ist dies an der ETH nicht der Fall.?

Sozialer Austausch fehlt

Um hier etwas Abhilfe zu schaffen, setzten die SV Group und die Compass Group ihre Mitarbeitenden wenn m?glich rotierend in den ge?ffneten Betrieben ein. Zudem gab¡¯s digitale Weiterbildungsangebote und regelm?ssige Online-Meetings, an denen ¨¹ber die weiteren Schritte informiert wurde.

Aber dennoch ¨C was fehlt, ist der soziale Austausch. ?Da geht¡¯s unseren Mitarbeitenden so, wie dem Rest der Bev?lkerung. Viele sind m¨¹de, ihnen f?llt zuhause die Decke auf den Kopf, und sie m?chten endlich in ihre Betriebe zur¨¹ck?, fasst Pia Fach zusammen.

Schwierige Finanzlage

Ebenfalls schwierig ist f¨¹r die Gastro-Betriebe die finanzielle Situation. Der SV Schweiz beziffert f¨¹rs Jahr 2020 ein gesamthaftes Umsatzminus von rund 43% im Vergleich zum Vorjahr. F¨¹r 2021 rechnet das Unternehmen von Januar bis Juni sogar mit einem Umsatzr¨¹ckgang um 49%. An der ETH betr?gt die finanzielle Einbusse ganze 64% f¨¹rs vergangene Jahr. Mitentscheidend ist hier, dass seit Fr¨¹hling 2020 an der ETH keine Veranstaltungen und daher auch keine Caterings mehr m?glich sind, welche die Verluste aus dem Tagesgesch?ft kompensieren k?nnten.

Die global t?tige Compass Group weist f¨¹r die Schweiz keine separaten Zahlen aus. Dennoch d¨¹rften die finanziellen Einbussen auch hier substanziell sein.

Auch Personalabbau wurde zum Thema. Zwar konnten dank Kurzarbeit und nat¨¹rlicher Fluktuation manche K¨¹ndigungen verhindert werden ¨C aber l?ngst nicht alle. Beide Betriebe rechnen zudem damit, dass es noch eine Weile dauern wird, bis sie den Stand von vor der Pandemie wieder erreicht haben.

Enge Zusammenarbeit mit der ETH

Wichtig ist f¨¹r beide Unternehmen in dieser Krisenzeit die gute Zusammenarbeit mit der ETH. Marcel Zurbuchen und sein Team, an der ETH zust?ndig f¨¹r die Gastronomie, legten von Beginn an grossen Wert auf einen engen Austausch und ein partnerschaftliches Verh?ltnis mit den Gastro-Unternehmen. So erliess die ETH z.B. allen Gastro-Betreibern f¨¹rs Jahr 2020 die Miete und die Nebenkostenzahlungen. Auch die Kosten f¨¹r gewisse Schutzmassnahmen wie T¨¹rsteher, die die G?stezahlen in den Restaurants ¨¹berwachen, tr?gt die ETH bis heute. ?Die Gastro-Unternehmen sind langj?hrige Partner unserer Hochschule. Uns war es daher wichtig, ihnen in dieser besonderen Zeit wo m?glich finanziell entgegenzukommen und sie fair zu behandeln?, so Marcel Zurbuchen.

Krise bot auch Chancen

Bei all den Schwierigkeiten, mit denen sich die Gastro-Betreiber im letzten Jahr konfrontiert sahen, gab¡¯s aber auch positive Entwicklungen. So nutzten beide Unternehmen die Chance, bereits gestartete Projekte voranzutreiben und Neues auszuprobieren. Vom Ausbau des Take-away-Angebots ¨¹ber die Einf¨¹hrung von ?Order and Collect?-Angeboten, bei denen ein Menu online vorbestellt und dann vor Ort abgeholt werden kann, die beschleunigte Markteinf¨¹hrung eines ?smarten K¨¹hlschranks?, der mit Menus und Snacks best¨¹ckt ist, bis hin zur Essens-Heimlieferungen probierten die beiden Gastro-Unternehmen Diverses aus.

Was bleibt?

Welche dieser Produkte und Dienstleistungen auch nach der Corona-Zeit im Angebot bleiben, wird sich zeigen. Und auch beim Verhalten der G?ste sehen die beiden Gastro-Profis durchaus eine Ver?nderung. ?Wir stellen fest, dass bewusster konsumiert und noch mehr auf Qualit?t geachtet wird als vor der Corona-Krise?, sagt Pia Fach von der SV Group. ?Wenn man ausw?rts isst, g?nnt man sich eher mal etwas ¨C z.B. zus?tzlich zum Mittagessen noch ein Dessert.?

Einen ?hnlichen Trend stellt Thomas Truttmann von der Compass Group fest. ?Ein Restaurant ist ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, sich austauschen. In Zeiten von Homeoffice sind solche Begegnungs-R?ume besonders wichtig geworden. Wenn der pers?nliche, soziale Austausch so oft fehlt, freut man sich umso mehr, Kolleginnen und Kollegen wieder zum Mittagessen oder auf einen Kaffee zu treffen. Das Bewusstsein f¨¹rs Soziale wird zunehmen?, ist Truttmann ¨¹berzeugt.