Pilze fördern die Pflanzenvielfalt des Regenwalds

Regenwälder sind mit bis zu 300 Pflanzenarten pro Hektar die artenreichsten Flecken der Erde. Ein internationales Forscherteam hat herausgefunden, was dominante Arten im Zaum hält und so selteneren Pflanzen eine Chance gibt zu gedeihen.

Vergr?sserte Ansicht: Regenwald in Belize
Regenwald in Belize. (Foto: Owen Lewis / Universit?t Oxford)

Vor über 40 Jahren stellten die amerikanischen ?kologen Daniel Janzen und Joseph Connell eine Hypothese auf: Krankheitserreger und Insekten halten sich rasch vermehrende Pflanzen in Regenw?ldern im Zaum und verhindern, dass sie alle anderen Pflanzen verdr?ngen. Ein Forscherteam um Owen Lewis von der Universit?t Oxford und Robert Bagchi, der die Studie in Oxford begann und an der ETH Zürich zu Ende führte, testete diese Hypothese nun erstmals umfassend an einer ganzen Pflanzengemeinschaft. Dabei konnten sie zeigen, dass Pilze die treibende Kraft hinter der Artenvielfalt bilden, obwohl ihnen als ?Pflanzenseuche? sonst ein negatives Image anhaftet.

?Im Pflanzenreich sind enge Verwandte schlechte Nachbarn?, erkl?rt Lewis. ?Spr?sslinge, die neben Pflanzen ihrer eigenen Art wachsen, sterben h?ufiger ab. Und wir wissen jetzt warum.? Pflanzenpathogene wie Pilze verbreiten sich leichter unter Individuen der gleichen Art, die nahe beieinander wachsen, und führen so zu dichteabh?ngiger Sterblichkeit. Indem sie die Anzahl Pflanzen einer dominanten Art begrenzen, sorgen Pilze für die Chancengleichheit in der Pflanzengemeinschaft.

Krankheit und Vielfalt

Vergr?sserte Ansicht: Pilz im Regenwald von Belize
Ein Pilz der Gattung Dictyophora (Schleierdame) im Regenwald von Belize. (Foto: Robert Bagchi / Universit?t Oxford)

Dass sehr verbreitete Arten anf?lliger sind für Krankheiten, sei nicht überraschend und wurde in Forschungsarbeiten schon mehrfach gezeigt, sagt Bagchi, Erstautor der Studie, die im Fachblatt Nature erscheint. ?Aber die n?chste Stufe – ein experimenteller Beweis dafür, dass dies zu mehr Pflanzenvielfalt im Regenwald führt – geht einen bedeutenden Schritt weiter.?

Um die Janzen-Connell-Hypothese zu testen und den Effekt von Pilzen und Insekten auf Pflanzengemeinschaften separat zu entschlüsseln, untersuchten die Forschenden Testareale im Chiquibul Forest Reserve in Belize. Dabei besprühten sie einen Teil der Areale mit Wasser, einen anderen mit einem Insektizid oder einem von zwei unterschiedlichen Fungiziden. Insbesondere eines der Fungizide reduzierte die Pflanzenvielfalt im Laufe der Zeit deutlich. Das Insektizid dagegen ver?nderte die Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaft, aber nicht die Anzahl der im Testareal vertretenen Arten.

An der ETH Zürich nutzte Bagchi Computermodelle, um zwei m?gliche Erkl?rungsans?tze für das Beobachtete zu testen: Zum einen k?nnten Pilze die ?berlebensrate von Spr?sslingen beeinflussen, egal wie h?ufig die gleiche Art am selben Ort vorkommt, zum anderen k?nnten sie einen dichteabh?ngigen Effekt haben. Das Computermodell, das letztere Situation simulierte, erzeugte ein ?hnliches Bild wie das im Wald beobachtete, und best?tigte so die Pilze als Verursacher der dichteabh?ngigen Mortalit?t und somit der hohen Artenvielfalt im Regenwald.

Neue Aspekte des Artenschutzes

?Wir müssen vorsichtig sein, diese Resultate nicht überzuinterpretieren, da wir den Effekt nur über eine relativ kurze Zeitspanne und nur in einem bestimmten Regenwald beobachtet haben?, sagt Bagchi. In Regenw?ldern mit anderem Klima k?nnte der Effekt anders sein. Der Regenwald in Belize hat beispielsweise eine ausgepr?gte Trockenperiode, welche die Verbreitung von Pilzen hemmt. ?Wir vermuten, dass der Effekt von Pilzen – die dichteabh?ngige Mortalit?t zu verursachen – am st?rksten in feuchteren, w?rmeren Gebieten ausgepr?gt ist, weil die Pilze dort am besten gedeihen.?

Die Erkenntnisse k?nnten ausserdem bedeutend sein im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Klimamodelle sagen voraus, dass eine Erw?rmung des Klimas zu weniger Niederschl?gen führt, was wiederum die Verbreitung von Pilzen einschr?nken würde. ?Man k?nnte denken , aber weniger Krankheitskeime bedeutet auch weniger Biodiversit?t. Und die Artenvielfalt unserer Regenw?lder ist sicherlich etwas, das wir unbedingt erhalten wollen?, sagt Bagchi.

Literaturhinweis

Bagchi R, Gallery RE, Gripenberg S, Gurr SJ, Narayan L, Addis CE, Freckleton RP, Lewis OT: Pathogens and insect herbivores drive rainforest plant diversity and composition. Nature, 22nd January 2014, doi: externe Seite10.1038/nature12911

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert