Moorböden als Batterie

Forscher der ETH Zürich und der Universität Tübingen beschreiben einen Mechanismus, der die Methanbildung in huminstoffreichen Böden unterdrückt. Voraussetzung dafür, dass er spielt, ist eine gelegentliche Zufuhr von Sauerstoff.

Vergr?sserte Ansicht: shewanella
Das st?bchenf?rmige Bodenbakterium Shewanella oneidensis kann Elektronen aus seinem Stoffwechsel auf Huminstoffe übertragen. (Bild: Andreas Kappler, Universit?t Tübingen)

Moore haben einen hohen Anteil an Huminstoffen, die beim Abbau von abgestorbener Pflanzenmasse entstehen. Unter sauerstofflosen Bedingungen k?nnen Bodenbakterien diese organischen Verbindungen für ihren Energiestoffwechsel verwenden, und zwar als Elektronenempf?nger. Denn beim Stoffwechsel werden Elektronen frei, die von den Organismen abgegeben werden müssen. Die Rolle des Elektronenempf?ngers spielt bei vielen Lebewesen (auch bei uns Menschen) Sauerstoff.

Mitte der 1990er Jahre zeigten Forscher aber auf, dass unter sauerstofflosen Bedingungen, wie sie in nassen Moorb?den oder Sedimentsystemen herrschen, auch die Huminstoffe Elektronen aufnehmen k?nnen. Die Aufnahmekapazit?t dieser Moleküle ist allerdings beschr?nkt. Sind sie nicht mehr in der Lage, die freien Elektronen aufzunehmen, suchen sich die Bakterien andere Empf?nger wie Kohlendioxid. ?Veratmen? die Mikroorganismen das Kohlendioxid, entsteht als Stoffwechselabfallprodukt Methan, ein sehr potentes Klimagas. Dadurch tragen Feuchtgebiete wie Moore 15 bis 40 Prozent zur weltweiten Methanfreisetzung bei. Dennoch ist in vielen Feuchtgebieten die Methanfreisetzung niedriger als man aufgrund der Fl?che, welche diese ?kosysteme bedecken, und der mikrobiellen Aktivit?t in diesen Systemen erwarten würde.

Forschende um Michael Sander, Senior Scientist in der Gruppe Umweltchemie von ETH-Professor Kristopher McNeill, haben nun in einer in ?Nature Geoscience? ver?ffentlichten Studie einen Prozess aufgezeigt, der die vergleichsweise geringen Methanfreisetzungen erkl?ren kann.

Elektronen wechseln auf Sauerstoff

Mithilfe eines Modellsystems demonstrierten sie, dass die Elektronenaufnahmekapazit?t der Huminstoffe regeneriert werden kann, wenn dem System zeitweilig Sauerstoff zugeführt wird. Dadurch geben die organischen Substanzen ihre unter sauerstofflosen Bedingungen gesammelten Elektronen an den Sauerstoff ab, was die Aufnahmekapazit?t der Huminstoffe auf ihren Anfangswert ansteigen l?sst. Bei erneutem Ausschluss von Sauerstoff k?nnen die Bakterien die Huminstoffe dann wieder als Elektronenempf?nger nutzen statt Elektronen auf Kohlenstoffdioxid zu übertragen. So verhindert dieser Kreislauf, dass Mikroorganismen in natürlichen Systemen mit hohem Anteil an organischen Substanzen dauerhaft hohe Mengen an Methan bilden.

In ihrem Labormodell verwendeten die Forscher das Bakterium Shewanella oneidensis MR-1, das ursprünglich aus dem Sediment eines New Yorker Sees isoliert wurde und im Labor gut kultivierbar ist. Dieses Bakterium ist fakultativ anaerob, kann also sowohl unter sauerstofflosen Bedingungen als auch mit Sauerstoff leben. Als Elektronenempf?nger setzten die Wissenschaftler verschiedene gut untersuchte Huminstoffe ein.

Vergleichbare Mechanik in Mooren

Die Ergebnisse dieser Studie helfen, die Kohlenstoffdynamik in natürlichen Feuchtgebieten, die periodisch sauerstofflos sind, besser zu verstehen. Der nun beschriebene Mechanismus spielt sich in grossem Massstab etwa in Hochmooren oder Sedimenten ab. F?llt zum Beispiel in einem Moor der Wasserstand zeitweise ab, gelangt Sauerstoff in dieses System. Die dort reichlich vorhandenen Huminstoffe, die zuvor unter Sauerstoffausschluss Elektronen speicherten, k?nnen diese abgeben und ihre Aufnahmekapazit?t regenerieren. Auf diese Weise funktionieren solche Umweltsysteme wie gigantische Akkus, die sich periodisch laden und entladen. Dieser Wechsel wiederum unterdrückt die Bildung von Methan.

Sander und seine Mitautorinnen haben überdies Prozentanteile berechnet, wie viel zus?tzliches Methan aus Mooren in die Atmosph?re gelangen würde, würde sich die Aufnahmekapazit?t der Huminstoffe nicht regenerieren. So haben sie zun?chst für Moore abgesch?tzt, wie viele Elektronen diese organischen Moleküle aus dem bakteriellen Stoffwechsel aufnehmen k?nnen. Ihr Fazit: Wenn die überschüssigen Elektronen nicht auf Huminstoffe sondern auf Kohlendioxid übertragen werden, k?nnten aus Feuchtgebieten zus?tzlich zum gemessenen ?Grundausstoss? bis zu 166 Prozent mehr Methan entweichen. ?Das zeigt, dass der Elektronentransfer auf Huminstoffe und deren Regeneration ein bedeutender Umweltfaktor sind?, sagt Sander. Um diesen Prozess noch besser zu verstehen, werden ihn die Forschenden im Labor und im kommenden Sommer in einem naturbelassenen Hochmoor in Mittelschweden untersuchen.

Literaturhinweis

Klüpfel L, Piepenbrock A, Kappler A, Sander M. Humic substances as fully regenerable electron acceptors in recurrently anoxic environments. Nature Geoscience 7,195–200(2014); DOI: externe Seite10.1038/ngeo2084

Vergr?sserte Ansicht: moor
Die huminstoffreichen B?den von Waldmooren fungieren als eine Art gigantische Batterie. (Bild: Michael Sander / ETH Zürich)
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