Tarnkappe für Immunzellen

Die verschiedenen Zellen des Immunsystems müssen sich voreinander schützen, damit sie sich nicht gegenseitig den Garaus machen. Immunbiologin Annette Oxenius zeigt einen bisher unbekannten Mechanismus auf, mit dem sich Immunzellen voreinander schützen.

Vergr?sserte Ansicht: nk-zelle
Natürliche Killerzellen (gelb) erkennen und t?ten Tumorzellen (rosa) oder virusinfizierte K?rperzellen, ehe diese Schaden anrichten. (Bild: eye of science)

Das Immunsystem des Menschen ist sehr komplex. Eine Vielzahl verschiedener Zellen mit unterschiedlichen Funktionen sorgt dafür, dass eindringende Keime wie Viren oder Bakterien rasch unsch?dlich gemacht werden und der Gesamtorganismus gesund bleibt.

Zum Immunsystem geh?ren unter anderem die Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen). Diese erkennen Tumorzellen oder virusinfizierte Zellen und eliminieren diese. NK-Zellen bek?mpfen somit k?rpereigene gestresste Zellen, damit diese nicht zu einer potenziellen Gefahr werden. Das kann allerdings schiefgehen. Andere Immunzellen, die spezifischen Killerzellen, auch CD8+ T-Zellen genannt, die sich in Antwort auf eine Infektion stark vermehren und heranreifen, weisen auch Stresssymptome auf. Dadurch stehen sie potenziell auf der Abschussliste von NK-Zellen.

Interferon als Tarnkappe

Was diese davon abh?lt, die ?Kollegen aus der anderen Abteilung? des Immunsystems abzut?ten, haben nun Forscherinnen und Forscher aus der Gruppe von Immunbiologie-Professorin Annette Oxenius herausgefunden: Gesunde CD8+-Zellen k?nnen den Immunbotenstoff Typ-1-Interferon wahrnehmen. Dieser dockt auf spezifischen Rezeptoren der Oberfl?che dieser Immunzellen an und kaschiert ihren Stress. Das wirkt wie ein Tarnumhang, der sie für die NK-Zellen unsichtbar macht. Fehlt den T-Zellen jedoch die Andockstelle für Typ-1-Interferon, dann werden sie von den NK-Zellen aufgespürt und abget?tet.

Aufgezeigt haben die Forscher dies an M?usen und zwei Modellviren, mit denen sie die Tiere infizierten. Fehlten den CD8+-T-Zellen in Tieren diese Interferon-Rezeptoren, so eliminierten die NK-Zellen nicht nur die virusinfizierten Zellen, sondern auch die Immunzellen, die dagegen vorgehen sollten. Damit schw?cht sich das Immunsystem selbst.

Signal zum Zelltod ausgebildet

Wie genau der Mechanismus funktioniert, untersuchten die Forschenden anhand von M?usen, deren CD8+-T-Zellen keine Interferon-Rezeptoren haben und bei denen sie zus?tzlich die NK-Zellen aus dem Verkehr zogen. Sind keine natürlichen Killer da, teilen, reifen und entfalten sich die T-Zellen trotz ihrer fehlenden Interferon-Wahrnehmung. Die ETH-Immunbiologen entdeckten überdies, dass diese sensorlosen T-Zellen auf ihrer Oberfl?che verst?rkt eine ?Erkennungsmarke? bilden. Diese l?st die t?dliche Wirkung der NK-Zelle aus, sobald sie in Kontakt damit kommt. Grund für die ?berproduktion ist, dass normalerweise das an den Rezeptor angelagerte Interferon die Herstellung der Erkennungsmarke unterdrückt. F?llt diese Kontrolle weg, weil der Rezeptor fehlt, produziert die Zelle gr?ssere Mengen dieses Moleküls.

Mechanismus für Autoimmunerkrankungen?

Bis anhin ist es unklar, ob der gleiche Mechanismus auch beim Menschen existiert. Jedoch dürften die grundlegenden Vorg?nge, mit denen das menschliche Immunsystem seine T-Zellen vor dem Zugriff durch Natürliche Killerzellen schützt, vergleichbar sein. Die Forscherinnen und Forscher verstehen nun einerseits, welche Mechanismen die gestressten T-Zellen brauchen, um sich vor NK-Zellen zu schützen. Andererseits erlaubt diese Erkenntnis, neue Hypothesen zu formulieren. So k?nnte es durchaus m?glich sein, dass T-Zellen, die in Abwesenheit von Typ-1-Interferon aktiviert werden, sich als ?gestresst? zu erkennen geben und somit abget?tet werden. Solche Situationen k?nnten beispielsweise bei der Aktivierung von autoimmun-reaktiven T-Zellen entstehen oder w?hrend chronischer mikrobieller Infektionen. In beiden F?llen werden T-Zellen aktiviert, obwohl keine hohen Konzentrationen an Typ-1-Interferon vorliegen. ?Diese spannenden Hypothesen werden wir mit grossem Interesse in den kommenden Jahren testen?, betont die ETH-Professorin.

Literaturhinweis

Crouse J, Bedenikovic G, Wiesel M, Ibberson M, Xenarios I, Von Laer D, Kalinke U, Vivier E, Jonjic S, Oxenius A. Type I Interferons Protect T Cells against NK Cell Attack Mediated by the Activating Receptor NCR1. Immunity. 2014 Jun 19;40(6):961-73. doi: externe Seite10.1016/j.immuni.2014.05.003. Epub 2014 Jun 5.

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