Warum die Klimaerwärmung Pause macht

In den vergangenen 16 Jahren wurde es auf der Erde im Mittel kaum w?rmer. ETH-Wissenschaftler fanden die Gründe dafür. Und sie betonen, dass die Klimaerw?rmung wohl bald weitergehen werde.

Sonne
Die Zahl von Sonnenflecken (hier weisse Region) variiert in mehrj?hrigen Zyklen. Als Folge davon schwankt auch die Sonnenstrahlung, welche das Klima auf der Erde beeinflusst. Abgebildet ist eine UV-Aufnahme der Sonne. (Bild: Trace Project / Nasa)

Die Klimaerw?rmung macht derzeit Pause: W?hrend die globalen Temperaturen bis weit in die 1990er-Jahre markant anstiegen, wurde es seit 1998 auf der Erde im Mittel nur wenig w?rmer. Dies obschon der Ausstoss an Treibhausgasen in die Atmosph?re weiter zunahm und die wissenschaftlichen Klimamodelle deswegen eine starke Erw?rmung voraussagten. Klimaskeptiker nutzten den vermeintlichen Widerspruch, um den Klimawandel per se oder zumindest das Schadenspotenzial der Treibhausgase sowie die Aussagekraft der Klimamodelle in Frage zu stellen. Die Mehrheit der Klimawissenschaftler betonte derweil stets, dass sich die kurzfristige ?Klimapause? durchaus im Einklang mit der g?ngigen Wissenschaftsmeinung erkl?ren lasse und einer langfristigen Erw?rmung nicht widerspreche.

In den letzten Jahren sind Forschende m?glichen Ursachen der Klimapause nachgegangen. Erstmals hat nun Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich, zusammen mit einem Kollegen alle g?ngigen Hypothesen gemeinsam und systematisch untersucht. In einer Studie, die in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift ?Nature Geoscience? ver?ffentlicht wurde, kommen die Forscher zum Schluss, dass für die Pause zwei wichtige Gründe zu etwa gleichen Teilen verantwortlich sind.

El Ni?o sorgte für W?rme

Ein wichtiger Grund sind natürliche Klimaschwankungen. Die Klimaph?nomene El Ni?o und La Ni?a im Pazifik sind davon die bekanntesten und bedeutendsten. ?1998 war ein ausgepr?gtes El-Ni?o-Jahr, daher war es in jenem Jahr so warm?, sagt Knutti. Das Gegenph?nomen La Ni?a hingegen habe die vergangenen Jahre k?lter gemacht, als sie ohne dieses Ph?nomen gewesen w?ren.

Klimamodelle würden solche Schwankungen zwar grunds?tzlich berücksichtigen. Es sei jedoch unm?glich vorauszusagen, in welchem Jahr diese Ph?nomene eintr?ten, sagt der Klimaphysiker. Zur Veranschaulichung zieht er einen Vergleich mit der B?rsenwelt: ?Wenn beispielsweise Pensionskassen das Vorsorgekapital in Aktien anlegen, dann gehen sie davon aus, dass sie damit langfristig einen Gewinn erwirtschaften.? Gleichzeitig wüssten sie jedoch, dass ihre Anlagen Kursschwankungen unterworfen seien und die Performance kurzfristig auch negativ sein k?nne. Was allerdings weder Finanzspezialisten noch Klimawissenschaftler und ihre Modelle vorhersagen k?nnten, sei, wann genau eine kurzfristige Wirtschaftsbaisse oder ein La-Ni?a-Jahr eintreten würden.

L?ngere Sonnenzyklen

Der zweite Hauptgrund für die Klimapause ist laut der Studie, dass in den vergangenen Jahren die Sonneneinstrahlung weniger stark war als vorhergesagt. Das hat damit zu tun, dass die bekannten Schwankungen in der Intensit?t der Sonnenstrahlung derzeit atypisch sind: W?hrend die sogenannten Sonnenfleckenzyklen in der Vergangenheit jeweils 11 Jahre dauerten, dauerte die letzte Periode schwacher Sonnenstrahlung aus unbekannten Gründen 13 Jahre. Ausserdem haben mehrere Vulkanausbrüche wie jener des Eyjafjallaj?kull in Island 2010 die Konzentration von Schwebeteilchen (Aerosol) in der Atmosph?re erh?ht. Dies reduzierte die auf der Erdoberfl?che eintreffende Sonnenstrahlung weiter.

Die Wissenschaftler zogen Ihre Schlüsse aus Korrekturberechnungen der Klimamodelle. Sie suchten in allen Klimasimulationen nach Zeitr?umen, deren El Ni?o/La Ni?a-Muster den Messdaten der Jahre 1997 bis 2012 entsprachen. Eine Kombination von gut 20 so gefundenen Zeitr?umen liess sie den Einfluss von El Ni?o und La Ni?a realistisch absch?tzen. Ausserdem setzten sie in den Modellrechnungen für die Sonnenaktivit?t und die Aerosolkonzentration in der Erdatmosph?re rückwirkend die tats?chlich gemessenen Werte ein. Auf diese Weise korrigierte Modellrechnungen sind viel n?her an den Temperaturmessdaten.

Lückenhafte Messdaten

Die Gründe für die Diskrepanz zwischen Klimamodellen und Messdaten in den letzten 16 Jahren seien allerdings nicht ausschliesslich darin zu suchen, dass die Modelle zu hohe Werte lieferten, sagt Knutti. Kritisch hinterfragen müsse man auch die Interpretation der offiziellen Messdaten. Diese seien wahrscheinlich zu tief. Denn zur Berechnung der globalen Durchschnittstemperatur werden nur Messwerte von Wetterstationen am Boden verwendet, und solche gibt es nicht überall auf der Erde. So wissen Wissenschaftler beispielsweise von Satellitendaten, dass sich die Arktis in den vergangen Jahren besonders stark erw?rmte. Weil es dort jedoch keine Wetterstationen gibt, fehlen Messpunkte mit besonders hohen Ausschl?gen gegen oben. Die Durchschnittstemperatur wird folglich zu tief angegeben.

Britische und kanadische Forscher schlugen letztes Jahr eine alternative Temperaturkurve vor, in die sie für Regionen ohne Wetterstationen Temperatursch?tzungen von Satellitendaten einfliessen liessen, und die h?here Werte aufweist. Werden die Modelldaten wie von den ETH-Forschern vorgeschlagen nach unten und die Messdaten wie von den britischen und kanadischen Forschern nach oben korrigiert, stimmen Modell und Beobachtung ausgesprochen gut überein.

Erw?rmung wird weitergehen

Für Knutti ist klar: Trotz Klimapause gibt es keinen Anlass, an der bisherigen Berechnungen zur Klimaaktivit?t von Treibhausgasen und an den neusten Klimamodellen zu zweifeln. ?Wir k?nnen die kurzfristigen Klimaschwankungen gut erkl?ren. Sie ?ndern nichts daran, dass sich das Klima langfristig wegen der Treibhausgasemissionen deutlich erw?rmen wird?, sagt er. Denn sobald sich Sonnenaktivit?t und Aerosolkonzentration in der Atmosph?re sowie Klimaph?nomene wie El Ni?o wieder natürlicherweise den Werten früherer Jahrzehnte ann?herten, werde die Erw?rmung weitergehen.

Literaturhinweis

Huber M, Knutti R: Natural variability, radiative forcing and climate response in the recent hiatus reconciled. Nature Geoscience, Online-Ver?ffentlichung vom 17. August 2014, doi: externe Seite10.1038/ngeo2228

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