Warum Tumore verfetten

Beim klarzelligen Nierenzellkarzinom, dem h?ufigsten Nierentumor, verfetten die Krebszellen. Warum das passiert, war lange unklar. Jetzt haben ETH-Forschende die Ursache gefunden: Für den Fettstoffwechsel wichtige Zellstrukturen werden verst?rkt abgebaut.

Peroxisomen
Mit modernster Mikroskopie-Technik (3D Structured Illumination Microscopy) kann dreidimensional sichtbar gemacht werden, wie ein Peroxisom (rot) von einer abbauenden Zellstruktur (Autophagosom, grün) verdaut wird. (Miriam Sch?nenberger / ETH Zürich)

Bei Nierenkrebs und einigen anderen Krebsarten kommt es vor, dass die Tumore verfetten. So rührt bei der h?ufigsten Nierenkrebsart, dem klarzelligen Nierenzellkarzinom, gar der Name daher, dass die betroffenen Zellen durch den hohen Fettanteil unter dem Mikroskop fast durchsichtig sind. Ein Forscherteam um Wilhelm Krek, Professor am Institut für Molekulare Gesundheitswissenschaften, ist der Frage nachgegangen, wie es zu dieser Verfettung kommt. Anhand von Tests mit gentechnisch ver?nderten M?usen und Gewebeproben von Krebspatienten fanden die Wissenschaftler heraus, dass dabei den sogenannten Peroxisomen und einem Signalmolekül namens Hif2 Schüsselrollen zufallen. Peroxisomen sind intrazellul?re Strukturen, die zu den wichtigsten Akteuren im zellul?ren Fettstoffwechsel geh?ren. Sie bauen Fetts?uren und weitere Lipide ab, und ausserdem findet der Aufbau bestimmter anderer wichtiger Lipide dort statt.

Bei ihren Versuchen stellten die Wissenschaftler fest, dass das Signalmolekül Hif2, welches menschliche und tierische Zellen bei Sauerstoffmangel verst?rkt produzieren, die Aktivit?t von Peroxisomen steuert. Das geschieht über einen Prozess, der als Autophagie (Selbst-Verdau) bezeichnet wird: Werden Peroxisomen bei der Arbeit besch?digt, sortiert die Zelle sie aus, die Peroxisomen werden abgebaut und durch neue ersetzt. ?Hif2 beschleunigt diesen Prozess. Steigt die Konzentration von Hif2 in der Zelle an, verschwinden mehr Peroxisomen, als gebildet werden?, erkl?rt Werner Kovacs, Oberassistent in der Gruppe von Krek.

Zu einer solchen Hif2-Zunahme kommt es zum Beispiel bei Krebserkrankungen: Wenn Tumore sehr schnell wachsen, ist ihre Versorgung mit N?hrstoffen und Sauerstoff knapp. Als Konsequenz davon nimmt die Hif2-Konzentration in den Tumorzellen zu, die Peroxisomen werden vermehrt abgebaut, was den Fettstoffwechsel in andere Bahnen lenkt. Das Tumorgewebe verfettet dabei. 

Zu viel Hif2 bei genetischer Erkrankung

Allerdings ist nicht nur Sauerstoffarmut ein Ausl?ser für die Verfettung von Tumoren. In weiteren Versuchen bei M?usen fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Zellen auch bei bestimmten genetischen Erkrankungen zu viel Hif2 produzieren. Dies gilt vor allem für das vererbbare Von Hippel-Lindau-Syndrom, bei dem ein sogenanntes Tumorsuppressor-Protein defekt ist oder ganz fehlt. Normalerweise verhindert dieses Protein die Entstehung von Krebs. Fehlt es, kommt es zu einem gest?rten Fettstoffwechsel und führt bei vielen Betroffenen zu Nierenkrebs.

Nachdem die Forschenden das Zusammenspiel von Hif2 mit den Peroxisomen als Ursache für die Tumorzellverfettung ausgemacht haben, m?chten sie künftig kl?ren, ob eine ?berproduktion oder sogar ein Mangel von bestimmten Lipidmolekülen zum Tumorwachstum beitr?gt. Aus Kovacs‘ Sicht ist das noch offen. Aufschluss darüber soll weitere Forschung über die detaillierte Rolle von Hif2 im Tumorzell-Fettstoffwechsel geben. So interessieren sich die ETH-Wissenschaftler auch dafür, unter den Lipidmolekülen Biomarker auszumachen, die künftig für die Krebsdiagnose verwendet werden k?nnten.

Literaturhinweis

Walter KM, Sch?nenberger MJ, Tr?tzmüller M, Horn M, Els?sser HP, Moser AB, Lucas MS, Schwarz T, Gerber PA, Faust PL, Moch H, K?feler HC, Krek W, Kovacs WJ: Hif-2a Promotes Degradation of Mammalian Peroxisomes by Selective Autophagy. Cell Metabolism 2014. 22: 882-897, doi: externe Seite10.1016/j.cmet.2014.09.017

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