Gequetschte Quanten-Katzen

ETH-Professor Jonathan Home und seine Mitarbeiter griffen tief in die Trickkiste und kreierten sogenannte ?gequetschte Schr?dinger-Katzen?. Diese Quantensysteme k?nnten für zukünftige Technologien ?usserst nützlich sein.

Vergr?sserte Ansicht: Schrödinger-Katze
Eine Schr?dinger-Katze kann im Gedankenexperiment zugleich tot und lebendig sein. ETH-Physiker entwickelten ein entsprechendes Quantensystem. Speziell daran ist, dass die ?Katze? darin ?gequetscht? ist. (Illustration: Montage / Fotolia.com)

Die Quantenphysik steckt voller faszinierender Ph?nomene. Da ist zum Beispiel die Katze aus dem berühmten Gedankenexperiment des Physikers Erwin Schr?dinger. Sie kann zugleich tot und lebendig sein, da ihr Leben vom quantenmechanisch bestimmten Zustand eines radioaktiv zerfallenden Atoms abh?ngt, das seinerseits Giftgas in den Katzenk?fig entweichen l?sst. Solange man den Zustand des Atoms nicht gemessen hat, weiss man auch nichts über den Gesundheitszustand der armen Katze – Atom und Mieze sind aufs engste miteinander ?verschr?nkt?.

?hnlich verblüffend sind die etwas weniger bekannten, sogenannt gequetschten Quantenzust?nde: Normalerweise kann man, nach der Heisenbergschen Unsch?rferelation, bestimmte Paare von physikalischen Messgr?ssen – beispielsweise den Ort und die Geschwindigkeit eines Quantenteilchens – nicht beliebig genau bestimmen. Allerdings l?sst die Natur hier einen Tauschhandel zu: Pr?pariert man das Teilchen entsprechend, so l?sst sich eine der Gr?ssen etwas exakter messen, wenn man dafür eine ungenauere Kenntnis der anderen Gr?sse in Kauf nimmt. Das Pr?parieren wird in diesem Fall ?quetschen? genannt, weil die Unsch?rfe der einen Messgr?sse verkleinert (gequetscht) wird.

Schr?dingers Katze und die gequetschten Quantenzust?nde sind, jedes für sich genommen, bereits wichtige physikalische Ph?nomene, auf denen vielversprechende Zukunftstechnologien beruhen. ETH-Forschern ist es nun gelungen, die beiden in einem Experiment gewinnbringend zu vereinen.

Quetschen und Verschieben

Vergr?sserte Ansicht: Ionenfalle
Die Wissenschaftler nutzen diese Ionenfalle, um die neuartigen Quantenzust?nde zu erreichen. (Bild: ETH Zürich)

In ihrem Labor fangen Jonathan Home, Professor für experimentelle Quantenoptik und Photonik, und seine Kollegen dazu ein einzelnes elektrisch geladenes Kalzium-Ion in einem winzigen K?fig aus elektrischen Feldern ein. Mit Hilfe von Laserstrahlen kühlen sie das Ion soweit ab, dass es sich im K?fig nur noch minimal bewegt.  Dann folgt ein Griff in die Trickkiste: Die Forscher ?quetschen? den Bewegungszustand des Ions, indem sie es mit Laserlicht beschiessen und dabei geschickt den spontanen Zerfall seiner Energiezust?nde ausnutzen. Am Ende ist die Wellenfunktion des Ions (die seine r?umliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit angibt) buchst?blich zusammengestaucht : Die Physiker wissen jetzt genauer, wo sich das Ion r?umlich befindet, dafür hat die Unsch?rfe in seiner Geschwindigkeit entsprechend zugenommen.  ?Diese Zustandsquetschung ist ein wichtiges Werkzeug für uns?, erkl?rt Home. ?Zusammen mit einem zweiten Werkzeug – sogenannten zustandsabh?ngigen Kr?ften – k?nnen wir eine ?gequetschte Schr?dinger-Katze? herstellen.?

Dazu wird das Ion wiederum Laserstrahlen ausgesetzt, die es nach links oder rechts verschieben. Die Richtung der vom Laser erzeugten Kr?fte h?ngt davon ab, in welchem inneren Energiezustand sich das Ion befindet. Diesen kann man als nach oben oder unten zeigenden Pfeil oder sogenannten Spin abbilden. Ist das Ion in einem Energie-?berlagerungszustand aus ?Spin oben? und ?Spin unten?, so wirkt die Kraft sowohl nach rechts als auch nach links. Auf diese Weise ergibt sich eine besondere Situation, die Schr?dingers Katze ?hnelt: Das Ion befindet sich in einem Zwitter-Zustand, n?mlich zugleich rechts (Katze lebt) und links (Katze ist tot). Erst wenn man den Spin misst, entscheidet sich, ob das Ion rechts oder links ist.

Stabile Katzen für Quantencomputer

Das Besondere an der Schr?dinger-Katze von Home und seinen Mitarbeitern ist, dass sich durch die anf?ngliche Quetschung die Ionen-Zust?nde ?rechts? und ?links? besonders leicht unterscheiden lassen. Zugleich ist die Katze recht gross, da die Ionen- Zust?nde weit voneinander entfernt sind. ?Selbst ohne die Quetschung ist unsere ?Katze? die gr?sste, die bislang hergestellt wurde?, unterstreicht Home. ?Mit der Quetschung sind die Zust?nde ?rechts? und ?links? noch besser unterscheidbar – sie sind ganze sechzigmal schmaler als der Abstand zwischen ihnen.? Dabei geht es freilich nicht bloss um wissenschaftliche Rekorde, sondern auch um praktische Anwendungen. Gequetschte Schr?dinger-Katzen sind n?mlich extrem stabil gegenüber bestimmten St?rungen, die normalerweise dazu führen, dass aus ihnen ganz normale ?Katzen? ohne Quanteneigenschaften werden. Diese Stabilit?t liesse sich etwa zur Realisierung von Quantencomputern ausnutzen, die mit Quanten-?berlagerungen rechnen. Auch ultra-pr?zise Messungen k?nnten so unempfindlicher gegen unerwünschte ?ussere Einflüsse werden.

Literaturhinweis

Lo HY, Kienzler D, de Clercq L, Marinelli M, Negnevitsky V, Keitch, BC, Home JP: Spin–motion entanglement and state diagnosis with squeezed oscillator wavepackets. Nature, 21. Mai 2015, doi: externe Seite10.1038/nature14458

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