Schutzhülle für Implantate
ETH-Wissenschaftler entwickelten eine Membran, welche medizinische Implantate vor einer unerwünschten Einkapselung mit Bindegewebe schützt. Die Forschenden haben vor einem guten Jahr eine Spin-off-Firma gegründet und sind nun beim Jungunternehmer-Wettbewerb Venture Kick ausgezeichnet worden.
Es ist eine der grossen Hürden der Implantationsmedizin: Der K?rper erkennt Implantate wie zum Beispiel einen Herzschrittmacher als fremdes Gewebe und kapselt es in einer Abwehrreaktion mit Bindegewebe ein. Unter Umst?nden kann solches wucherndes Gewebe die Funktion des Implantats behindern. ?rzte sehen sich daher manchmal nach Monaten oder Jahren zu einer Revisionsoperation gezwungen, in der sie das Bindegewebe entfernen oder gar das Implantat auswechseln.
Forschende der ETH Zürich und des ETH-Spin-offs Hylomorph fanden in den vergangenen Jahren eine M?glichkeit, diese Bindegewebsbildung zu vermindern: Sie entwickelten eine biokompatible Zellulosehülle mit dreidimensionaler Mikrostruktur. Erste Forschungsergebnisse geben ihnen Hoffnung, dass damit eingehüllte Implantate weniger von Bindegewebsbildung betroffen sind (siehe ETH-News vom 19.01.2015). Nun ist das Spin-off Hylomorph im Rahmen des Start-up-Wettbewerbs Venture Kick ausgezeichnet worden. Es ist eine von zwei Jungfirmen, die diesen Monat das Venture-Kick-Finale erreicht haben und mit 130‘000 Franken Startkapital unterstützt werden.
Membran mit Mikrovertiefungen
Die Forschenden lassen die Zellulose in Zellkultur von bestimmten Bakterien herstellen, und zwar auf einem mikrometerfeinen ?Nagelbrett? als Negativform. Auf diese Weise entstehen Zellulosemembranen mit entsprechend winzigen Vertiefungen. ?Diese 3D-Struktur verhindert, dass auf der Membran ein durchgehender Bindegewebsrasen wachsen kann?, erkl?rt Simone Bottan, Mitgründer und CEO von Hylomorph.
Derzeit entwickeln die Wissenschaftler mit Hochdruck die Anwendung der Membran als Hülle für eine künstliche Herzpumpe weiter. Hylomorph ist Partner im Projekt HeartOne des Wyss Translational Center Zurich, einem Entwicklungszentrum von ETH Zürich und Universit?t Zürich. Das Projekt hat zum Ziel, künstliche Herzpumpen zu verbessern.
Breite Anwendung
M?gliche Anwendungen der Zellulose beschr?nken sich jedoch nicht auf Herzpumpen und Herzschrittmacher. ?Die Technologie k?nnte in Zukunft für jegliche Implantate benutzt werden, wo Bindegewebsbildung ein Problem ist, zum Beispiel auch für Brustimplantate oder für chirurgische Netze, die Hernien-Operationen eingesetzt werden?, sagt Bottan.
Derzeit testen die Wissenschaftler ihre Hüllen in Zusammenarbeit mit dem Universit?tsspital Zürich und dem Deutschen Herzzentrum Berlin im Tierversuch bei Schweinen auf Unbedenklichkeit, Gebrauchstauglichkeit und auf ihr Verm?gen, Bindegewebsbildung in einer realistischen Anwendung zu reduzieren. Wenn diese Tests erfolgreich verlaufen, werden die Wissenschaftler erste klinische Studien bei Menschen planen.
Venture Kick
Venture Kick ist eine von mehreren Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen getragene Initiative zur F?rderung von innovativen Gesch?ftsideen. Jeden Monat erhalten acht Startup-Projekte die Chance, sich einer Jury zu pr?sentieren. In drei Beurteilungsrunden werden davon zwei Projekte als Sieger ermittelt, die insgesamt 130‘000 Franken als Startkapital erhalten. Die Jury bewertet unter anderem die Teamzusammensetzung, das Marktpotenzial und wie sich das Start-up in den neun Monaten seit Beginn des Wettbewerbs entwickelt hat. Teilnahmeberechtigt sind Studierende, Forschende oder Professoren und Professorinnen von schweizerischen Hochschulen, welche mit ihrer Gesch?ftsidee eine Firma gründen wollen.