Hochpräzise Magnetfeld-Messung
Wissenschaftler haben einen hochempfindlichen Sensor entwickelt, um kleinste Ver?nderungen von starken Magnetfeldern zu erfassen. Er k?nnte in der Medizin und anderswo breite Anwendung finden.
Forschenden des Instituts für Biomedizinische Technik der ETH Zürich und der Universit?t Zürich ist es gelungen, kleinste ?nderungen von starken Magnetfeldern mit noch nie dagewesener Pr?zision zu messen. In ihren Experimenten magnetisierten die Wissenschaftler ein Wassertr?pfchen in einem Kernspintomografen (MRI), wie er für die medizinische Bildgebung verwendet wird. Im Tr?pfchen konnten die Forscher minimste Schwankungen der Magnetfeldst?rke nachweisen. Diese ?nderungen waren bis zu einem Billionstel Mal geringer als die Feldst?rke des verwendeten MRI-Ger?ts, die sieben Tesla betrug.
?Solche geringen Abweichungen konnte man bisher nur in schwachen Magnetfeldern messen?, sagt Klaas Prüssmann, Professor für biologische Bildgebung an der ETH Zürich und der Universit?t Zürich. Das Erdmagnetfeld mit seinen wenigen Dutzend Mikrotesla ist so ein schwaches Magnetfeld. Für solche Felder gebe es bereits sehr empfindliche Messmethoden, welche Abweichungen von rund einem Billionstel Teil des Feldes erkennen k?nnten, sagt Prüssmann. ?Jetzt haben wir für starke Felder von mehr als einem Tesla, wie sie unter anderem in der medizinischen Bildgebung verwendet werden, eine ?hnlich sensitive Methode.?
Neuentwickelter Sensor
Für die Messung verwendeten die Wissenschaftler das Prinzip der Kernspinresonanz. Diese liegt auch der bildgebenden Magnetresonanztomografie zugrunde sowie den Spektroskopiemethoden, mit denen Biologen die 3D-Struktur von Molekülen aufkl?ren.
Um die Abweichungen zu messen, mussten die Wissenschaftler allerdings einen neuen, hochpr?zisen Sensor bauen. Teil davon ist ein sehr empfindlicher digitaler Radioempf?nger. ?Damit konnten wir bei der Messung das Hintergrundrauschen auf ein extrem geringes Mass reduzieren?, sagt Simon Gross. Er hat in Prüssmanns Gruppe seine Doktorarbeit zum Thema verfasst und ist Erstautor der in der Fachzeitschrift ?Nature Communications? ver?ffentlichten Arbeit.
St?rung durch Antenne ausgeschaltet
Bei der Kernspinresonanz werden in einem Magnetfeld liegende Atomkerne mit Radiowellen angeregt. Diese senden dadurch selbst schwache Radiowellen aus, die mit einer Radioantenne gemessen werden und deren exakte Frequenz Hinweise auf die St?rke des Magnetfelds geben.
Wie die Wissenschaftler betonen, war es eine Herausforderung, den Sensor so zu bauen, dass die Radioantenne die Messungen nicht verf?lscht. Denn die Antenne ist aus Kupfer, und die Wissenschaftler müssen sie in unmittelbarer N?he des zu messenden Wassertr?pfchens platzieren. Im starken Magnetfeld wird die Antenne ebenfalls magnetisiert. Dadurch ver?ndert sich auch das Magnetfeld im Innern des Tr?pfchens.
Die Forschenden verwendeten daher einen Trick: Sie gossen Tr?pfchen und Antenne in ein speziell pr?pariertes Polymer. Dessen Magnetisierbarkeit (magnetische Suszeptibilit?t) entsprach exakt jener der Kupferantenne. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler den st?renden Einfluss der Antenne auf die Wasserprobe ausschalten.
Breite Anwendung erwartet
Mit ihrer Messmethode für sehr kleine Magnetfeld?nderungen k?nnen die Forscher nun auch den Ursachen solcher ?nderungen nachgehen. Die Wissenschaftler erwarten Anwendungen ihrer Technik in verschiedenen Bereichen der Wissenschaft, einige davon in der Medizin. Allerdings stecken diese Anwendungen gr?sstenteils noch in den Kinderschuhen.
?In einem MRI-Ger?t werden die Moleküle im K?rpergewebe minim magnetisiert – insbesondere die Wassermoleküle, die auch im Blut vorhanden sind?, erkl?rt Doktorand Gross. ?Der neue Sensor ist so empfindlich, dass wir damit mechanische Vorg?nge im K?rper messen k?nnen, etwa die periodischen Kontraktionen des Herzens durch den Herzschlag.?
In einem Experiment platzierten die Wissenschaftler ihren Sensor einer freiwilligen Versuchsperson im einem MRI-Ger?t vor der Brust. So konnten sie periodische Magnetfeld?nderungen nachweisen, die im Gleichtakt mit dem Herzschlag pulsierten. Die Messkurve erinnert an ein Elektrokardiogramm (EKG), misst aber im Gegensatz zu letzterem nicht die elektrische Reizleitung, sondern mechanische Prozesse (die Herzkontraktion). ?Wir sind daran, unsere Magnetometer-Messung gemeinsam mit Kardiologen und Signalverarbeitungsexperten auszuwerten und weiterzuentwickeln?, sagt Prüssmann. ?Letztlich hoffen wir, dass unser Sensor Informationen zu Erkrankungen des Herzens liefern kann – und dies nicht-invasiv und in Echtzeit.?
Zur Entwicklung besserer Kontrastmittel
Auch bei der Entwicklung neuer Kontrastmittel für die Magnetresonanztomographie k?nnte die neue Messtechnik zur Anwendung kommen: Der Bildkontrast beim MRI beruht zu einem grossen Teil darauf, wie schnell ein magnetisierter Kernspin in seinen Gleichgewichtszustand zurückf?llt. Fachleute sprechen dabei von Relaxation. Mit Kontrastmitteln, welche bereits in geringen Konzentrationen die Relaxationseigenschaften der Kernspins beeinflussen, versucht man, bestimmte Strukturen im K?rper hervorzuheben.
In starken Magnetfeldern konnten Wissenschaftler bisher aus Gründen der Empfindlichkeit nur zwei der drei r?umlichen Kernspin-Komponenten und deren Relaxation messen. Die besonders bedeutende Relaxation in der dritten Dimension mussten sie indirekt bestimmen. Die neue pr?zise Messtechnik erlaubt es erstmals in starken Magnetfeldern, alle drei Dimensionen der Kernspins direkt zu messen.
Dank der direkten Messung aller drei Kernspin-Komponenten w?ren in Zukunft auch Weiterentwicklungen bei der Kernspinresonanz-Spektroskopie für die Biologie und die Chemie denkbar.
Literaturhinweis
Gross S, Barmet C, Dietrich BE, Brunner DO, Schmid T, Prüssmann KP: Dynamic nuclear magnetic resonance field sensing with part-per-trillion resolution. Nature Communications, published online 2. Dezember 2016, doi: externe Seite 10.1038/NCOMMS13702