Alte Meister für junge Studierende

Die Graphische Sammlung ETH Zürich feiert dieses Jahr ihr 150-j?hriges Bestehen. Aus diesem Anlass ?ffnet sie nicht nur ihr ausserordentliches Depot und pr?sentiert ausgew?hlte Sch?tze sondern ?ffnet sich bewusst auch einem jüngeren Publikum und dem st?rkeren Austausch mit ETH-Forschenden.

Die Räumlichkeiten der Graphischen Sammlung ETH Zürich
Die heutigen Ausstellungsr?umlichkeiten der Graphischen Sammlung ETH Zürich. (Bild: ETH-Bibliiothek Zürich, Bildarchiv / Frank Blaser)

Nicht ein, nicht fünf – ganze 110 Werke von Pablo Picasso (1881-1973) befinden sich im Besitz der Graphischen Sammlung. Es handelt sich um teils grossformatige Bl?tter die einzeln, auf s?urefreien Kartons und in Passepartouts gelagert werden. Und dies ist nur ein kleiner Teil des Bestandes – im Laufe ihrer 150-j?hrigen Geschichte kamen rund 160‘000 Werke zusammen. Neben Pablo Picasso finden sich auch unz?hlige Werke anderer bekannter Künstler wie Rembrandt, Goya, aber auch Warhol oder Fischli/Weiss.

Kunst soll ETH-Studierende inspirieren

Wer Mitte des 19. Jahrhunderts etwas auf sich hielt, legte sich eine Sammlung zu. Kein Wunder konnte Gottfried Kinkel, damals Professor für Arch?ologie und Kunstgeschichte, im Jahr 1867 die Schulleitung des gerade einmal zw?lf Jahre jungen Polytechnikums überzeugen, eine ?Sammlung von Kunst auf Papier? anzulegen.

Das grosse Depot der Graphischen Sammlung als Sammlungs-und Ausstellungsraum, 1924-1969
Das grosse Depot als Sammlungs-und Ausstellungsraum, 1924-1969. (Bild: Graphische Sammlung ETH Zürich)

Der heute für die Graphische Sammlung zust?ndige Vizepr?sident Prof. Ulrich Weidmann, lobt die Weitsicht seiner Vorg?nger: ?Dass die ETH Zürich 150 Jahre sp?ter für ein Kulturgut von internationaler Bedeutung verantwortlich sein darf, ist ein grosses Privileg, auf das wir stolz sind.? Weidmann betonte zudem den Wert einer solchen Sammlung für eine Hochschule, welche junge Studierende m?glichst umfassend ausbilden m?chte. ?Die ETH Zürich hat sich das kritische, vernetzte Denken auf die Fahne geschrieben – die Geistes- und Sozialwissenschaften haben hier eine wichtige Funktion und deshalb eine lange Tradition an der ETH. Kunst inspiriert und beeinflusst unser Denken, gerade für eine technisch-naturwissenschaftliche Hochschule kann sie deshalb wichtige Impulse liefern?, ist Weidmann überzeugt. In diesem Sinne freue er sich auch besonders auf die Ausstellung im Rahmen des Jubil?ums, die von Studierenden mitkuratiert werde. Gerade dieses Projekt zeige sehr sch?n, wie sich die Graphische Sammlung in Zukunft auch noch für ein jüngeres Publikum ?ffnen werde.

Vom Holzschnitt bis zum Vogelh?uschen

Die Zukunft der Sammlung liegt seit 2016 in den H?nden von Linda Sch?dler, Leiterin der Graphischen Sammlung. Beeindruckend sei die ungeheure Breite der Sammlung, so besitze man den kolorierten Holzschnitt ?Maria mit dem ?hrenkleid? des Meisters Firabet von Rapperswil (t?tig um 1440-1480) und seit neustem ein Vogelhaus des Künstlerduos huber.huber. ?Viele Menschen sind sich gar nicht bewusst, wie viele Sch?tze bei uns in der Sammlung lagern?, sagt Sch?dler. Das Jubil?umsjahr m?chte sie vor allem dazu nutzen, die Graphische Sammlung, die ein Teil der ETH-Bibliothek ist, weiteren Kreisen der Bev?lkerung bekannt zu machen. Dazu sei es wichtig, sich zu ?ffnen, den Dialog zu suchen und Kooperationen einzugehen und immer wieder mal die Perspektive zu wechseln. Dazu geh?rt auch die Graphische Sammlung st?rker an die Lehre und Forschung der ETH anzubinden. ?Gerade eine Graphische Sammlung bietet zahlreiche Fragestellungen, die auch für Forschende der Naturwissenschaft wichtig und relevant sind?, ist Sch?dler überzeugt. So etwa der Zufall im künstlerischen und wissenschaftlichen Kontext oder die Reproduktion in der Druckgraphik und der Biologie. Zudem ist es ihr ein besonderes Anliegen, die modernen und zeitgen?ssischen Werke der Sammlung noch mehr ins Bewusstsein zu rücken. ?ffnung, Kooperation und der Fokus auf die Gegenwart verbinden sich perfekt in der neuen Ausstellung im Jubil?umsjahr, die unter dem Titel ?Ewige Gegenwart? sowohl in der Graphischen Sammlung als auch im Helmhaus gezeigt wird.

Rarit?ten und Alte Meister als Geschenk

Die Graphische Sammlung verdankt einige spezielle Kunstwerke grosszügigen Spendern. Ein besonderes Kleinod stellt ein Sammelband mit dem Werk des Radierers Jacques Callot (1592-1635) aus dem 18. Jahrhundert dar, der als Geschenk einer Zürcher Erbengemeinschaft 2005 an die ETH kam. Er ist inzwischen eine Rarit?t geworden und zeigt anschaulich, wie man früher druckgraphische Bl?tter in Alben und kostbar gebundene Bücher einklebte. Solche Zeugnisse früherer Sammelleidenschaft wurden sp?ter vom Kunsthandel oft aufgel?st, damit sie beim Verkauf mehr Gewinn abwerfen. Die wertvollste Schenkung verdankt die Graphische Sammlung übrigens bis heute Heinrich Schulthess-von Meis (1813-1898). Der Zürcher Bankier interessierte sich besonders für das graphische Werk Alter Meister und hinterliess der Graphischen Sammlung nach seinem Tod 12‘000 Bl?tter, darunter Werke von Schongauer, Dürer und Rembrandt.

Graphische Sammlung ETH Zürich

Die Graphische Sammlung ETH Zürich geh?rt mit ihrer hochkar?tigen Kunstsammlung zu den gr?ssten und bedeutendsten ihrer Art in der Schweiz. Sie geniesst grosses internationales Renommee. Seit ihrer Entstehung im Jahre 1867 ist sie durch kontinuierliche Ank?ufe und zahlreiche Schenkungen weit über den ursprünglichen Rahmen einer Studiensammlung hinausgewachsen. Nebst einem Schwerpunkt im Bereich Alte Meister liegen gr?ssere Werkgruppen von Schweizer Druckgraphik und Zeichnungen vom 19. bis zum 21. Jahrhundert vor. Als Teil der ETH Zürich ist es der Graphischen Sammlung wichtig, die wissenschaftliche Erschliessung, Erforschung und Digitalisierung ihrer Best?nde voranzutreiben und interdisziplin?re Fragestellungen anzuregen.

Jubil?umsprogramm

Im Jubil?umsjahr sind Ausstellungen und ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm unter dem Motto ?Blickwechsel? geplant. Die aktuelle Ausstellung ?Ewige Gegenwart? entstand aus einer Ko-Produktion mit dem Helmhaus Zürich. Die Ausstellung im Mai ist ein gemeinsames Projekt mit dem Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta), das gleichzeitig sein 50. Jubil?um feiert. Bei der dritten Ausstellung, die Mitte August er?ffnet, kommen junge Schweizer Künstler zum Zuge. Studierenden der Universit?t und ETH Zürich werden dann die letzte Ausstellung des Jubil?umsjahrs mitkuratieren.

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