Unterirdische Wärmeinseln anzapfen
St?dte sind W?rmeinseln, nicht nur oberirdisch, sondern auch unterirdisch. Darin schlummert ein grosses Potenzial, diese Energie mit Erdw?rmesonden verst?rkt zu nutzen. Dies zeigt eine Gruppe von Forschenden anhand eines Fallbeispiels aus der Stadt Zürich.
In St?dten und dicht bebauten Fl?chen ist es w?rmer als im Umland. Das spürt man besonders an heissen Sommertagen, wenn die Hitze zwischen den Bauten steht, und Strassen schweisstreibende W?rme abstrahlen. Ausserhalb der Stadt ist die Luft oft spürbar kühler.
Doch nicht nur oberirdisch ist eine Stadt eine W?rmeinsel. Auch der Erdboden unterhalb bebauter Gebiete ist eine solche. Denn die W?rme wird über Strassen, Keller, Tiefgaragen oder Abwasserkan?le in den Boden abgeführt. Dieser W?rmeeintrag kann betr?chtlich sein: In der Stadt Zürich ist es in 20 Metern Tiefe im Schnitt einige wenige Grade w?rmer als ausserhalb der Stadt.
W?rmeeintrag regeneriert natürliches Reservoir
Eine Gruppe von Forschern, darunter der ETH-Erdwissenschaftler Jaime Rivera, zeigen nun in einem Artikel in der Fachzeitschrift ?Renewable Energy? auf, dass in diesen unterirdischen W?rmeinseln ein bislang ungenutztes Potenzial zur Energiegewinnung schlummert. Dieses Potenzial k?nnte mit Anlagen, wie sie bereits heute zur Nutzung von Erdw?rme eingesetzt werden, angezapft werden.
So haben Rivera und Kollegen mit einem Modell berechnet, dass das Potenzial für die Nutzung von Erdw?rme in st?dtischen Gebieten dank des Inseleffekts deutlich h?her liegt als auf dem Land, und zwar bis zu 40 Prozent.
Der W?rmenachschub in den Boden regeneriert zudem das natürliche W?rmereservoir des Erdbodens, das durch Erdsonden angezapft wird. Indem nur der unterirdische W?rmeüberschuss abgesch?pft wird, k?nnen Erdw?rmeanlagen auf Stadtgebiet l?nger oder intensiver genutzt werden, als wenn nur die natürliche W?rme genutzt wird. ?Ist die Nutzung der zus?tzlichen Erdw?rme m?ssig intensiv, reicht die Abw?rme von st?dtischen Strukturen sogar aus, um das natürliche W?rmereservoir zu regenerieren?, sagt der Erstautor der Studie, Jaime Rivera.
Mehr Energie, kürzere Bohrl?cher
Dank der zus?tzlichen eingebrachten W?rme k?nnten aber auch entweder h?here Energiemengen aus dem Boden gewonnen werden oder die L?nge der Bohrl?cher k?nnte kürzer werden. ?Jedes zus?tzliche Grad Celsius an der Erdoberfl?che auf Stadtgebiet bedeutet, dass das Bohrloch vier Meter weniger tief sein muss, um daraus die gleiche Energiemenge gewinnen zu k?nnen?, so der Erdwissenschaftler.
Um ihr Modell, das sie zur Berechnung des W?rmenutzungs-Potenzials erstellten, zu testen, verwendeten die Forscher ein Beispiel aus der Agglomeration Zürichs. Dabei bezogen sie nicht nur den erh?hten W?rmefluss durch den Inseleffekt ein, sondern auch die Erw?rmung der Atmosph?re aufgrund des Klimawandels.
?Unsere Erkenntnisse helfen bei der Planung von geothermalen Energiesystemen in Gebieten mit erh?hten Bodentemperaturen?, sagt Studienleiter Peter Bayer. In St?dten gebe es zudem weitere W?rmequellen wie Tunnels, Abwasserkan?le oder Fernw?rmeheizsysteme, die zur Bodenerw?rmung beitragen. ?Weil aber alle diese W?rmequellen künstlich sind, zapfen wir strenggenommen keine natürliche erneuerbare Energiequelle an?, betont Bayer.
Erdw?rme
Erdw?rmeanlagen sind in der Schweiz die g?ngigste Nutzungsart von Geothermie. Dazu bohrt man normalerweise rund 150 Meter, in St?dten noch tiefer, in den Boden. In dieses Bohrloch wird ein W?rmetauscher – in der Regel zwei u-f?rmige Rohre, durch die ein Fluid zirkuliert – eingebracht. Das Fluid entzieht dem Boden W?rme und führt diese an die Oberfl?che. ?ber eine (elektrische) W?rmepumpe wird die W?rmeenergie im Haus zur Heizung von R?umen oder zur Aufbereitung von Warmwasser genutzt.
Literaturhinweis
Rivera JA, Blum P, Bayer P. Increased ground temperatures in urban areas: Estimation of the technical geothermal potential. Renewable Energy 103 (2017) 388-400, doi: externe Seite 10.1016/j.renene.2016.11.005