Frequenzmessung mit Quanten-Hilfe

Genaue Messungen der Frequenzen schwacher elektrischer oder magnetischer Felder sind in vielen Anwendungen wichtig. Forscher an der ETH Zürich haben ein Verfahren entwickelt, bei dem ein Quantensensor die Frequenz eines oszillierenden Magnetfelds mit bislang unerreichter Genauigkeit misst.

Diamant
Ein Stickstoff-Fehlstellen-Zentrum im Diamanten (roter Pfeil) misst als Quantensensor die Frequenz eines magnetischen Signals (blaue Welle) mit extremer Genauigkeit (Grafik: ETH Zürich / Jens Boss)

Genaue Frequenzmessungen sind in vielen wissenschaftlichen und technischen Anwendungen ?usserst wichtig. Um zum Beispiel biologisch relevante Moleküle mit Hilfe der Kernspinresonanz zu analysieren, misst man die Frequenzen, bei denen die Atomkerne auf elektromagnetische Wellen reagieren. Mit Hilfe neuer, auf der Quantenmechanik beruhender Messverfahren ist es mittlerweile sogar m?glich, solche Analysen mit winzigen Sonden durchzuführen, die in unmittelbare N?he von Geweben und Zellen gebracht werden k?nnen.

Wissenschaftler der ETH Zürich unter Leitung von Christian Degen, Professor am Labor für Festk?rperphysik, haben nun eine Methode entwickelt, mit der solche Frequenzmessungen in Zukunft um ein Vielfaches genauer gemacht werden k?nnen.

Quantensensor im Diamanten

Seit einigen Jahren versuchen Forscher weltweit, die Quantenmechanik für hochempfindliche Pr?zisionsmessungen nutzbar zu machen. So ist denn auch die Quantensensorik eine der S?ulen des kürzlich von der Europ?ischen Kommission angekündigten Flagship-Projekts, mit dem Forschung zu Quantentechnologien verst?rkt gef?rdert wird. Degen und seine Mitarbeiter realisieren einen Quantensensor mit Hilfe eines sogenannten Stickstoff-Fehlstellen-Zentrums in einem Diamanten. Dabei handelt es sich um einen leichten Defekt in dem eigentlich ausschliesslich aus Kohlenstoff bestehenden Edelstein.

Konkret ersetzt ein Stickstoffatom ein Kohlenstoffatom im Kristallgitter, und zugleich fehlt in einem benachbarten Gitterplatz ein Kohlenstoffatom. Die Energiezust?nde einer solchen Fehlstelle kann man als Quantensystem mit zwei Niveaus (auch als Qubit bekannt) betrachten und mit Hilfe von Mikrowellen und Laserstrahlen kontrollieren. Versetzt man das Quantensystem in eine ?berlagerung der beiden Energiezust?nde, so kann man damit sehr schwache magnetische oder elektrische Felder messen – allerdings nur so lange, wie die ?berlagerung oder ?Koh?renz? anh?lt und nicht durch Umwelteinflüsse (?Dekoh?renz?) zerst?rt wird.

Genauigkeit durch Mehrfachmessung

?Um Frequenzen pr?zise zu bestimmen, sollte man aber m?glichst lange messen k?nnen. Genau in diesem Punkt er?ffnet unsere Technik neue Perspektiven?, erkl?rt Jens Boss, Doktorand in Degens Labor. Die Idee dabei: Je mehr Schwingungen eines periodischen Signals man z?hlen kann, desto kleiner wird der relative Messfehler. Um nun nicht mehr an die Koh?renzzeit des Stickstoff-Fehlstellen-Zentrums gebunden zu sein, ersannen die ETH-Forscher einen Kniff. Statt einer einzigen Messung innerhalb der Koh?renzzeit zu machen, reihten sie viele Hunderte solcher Messungen hintereinander. Dabei wurde der Quantenzustand des Stickstoff-Fehlstellen-Zentrum jedes Mal von Neuem in einen ?berlagerungszustand versetzt oder ?initialisiert?.

Mit diesen Messungen konnte jeweils die Phase (also der Schwingungszustand) des periodischen Signals zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmt werden. Um schliesslich aus diesen Schnappschüssen sp?ter die komplette Schwingung zusammenzusetzen, synchronisierten Degen und seine Mitarbeiter die Messungen mit einer sehr genauen Uhr, mit deren Hilfe die Zeitpunkte der Schnappschüsse exakt festgehalten wurden.

Auf diese Art gelang es den Forschern, ein schwaches magnetisches Signal über mehrere Stunden zu messen und dessen Frequenzen auf weniger als ein Mikrohertz (eine Millionstel Schwingung pro Sekunde, oder etwa eine Schwingung alle 300 Stunden) zu bestimmen. ?ber die Empfindlichkeit ihres Sensors waren die Forscher dabei selbst etwas überrascht, wie ETH-Doktorand Kristian Cujia erl?utert: ?Obwohl unser Signal nur 170 Nanotesla betrug – das ist weniger als ein Hundertstel des Erdmagnetfeldes – hatten wir ein Signal-Rausch Verh?ltnis von mehr als 10’000 zu eins. Dies ist gewaltig für so kleine Signale.?

Anwendungen in der Kernspinresonanz

Diese Kombination aus extrem pr?ziser und zugleich auf schw?chste Signale empfindlicher Frequenzmessung gibt Anlass zum Optimismus für zukünftige Quantentechnologien. Degen sieht Anwendungsm?glichkeiten beispielsweise in der Nano-Kernspinresonanz. Bei diesem Verfahren n?hert man Sensoren wie die an der ETH benutzten auf wenige Nanometer dem zu untersuchenden Material. Dies erlaubt r?umliche Aufl?sungen, die sonst nur mit Hilfe sehr starker Magnetfelder erreicht werden k?nnen (wie sie etwa in Ger?ten für medizinische Zwecke eingesetzt werden).

Mittels exakter Messung der Resonanzfrequenzen k?nnen dann zudem Rückschlüsse auf die Positionen der einzelnen Atome in einem Molekül des Materials gezogen werden. Mit der neuen Methode kann die Genauigkeit dieser Frequenzmessungen von momentan etwa 10 Hertz auf weniger als ein Millihertz verbessert werden.

Literaturhinweis

Boss JM, Cujia KS, Zopes J, Degen CL: Quantum sensing with arbitrary frequency resolution. Science, 25. Mai 2017, doi: externe Seite10.1126/science.aam7009

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