Gleichzeitige Hitzewellen und Dürren in Zukunft häufiger
Klimawissenschaftler haben das Risiko von gleichzeitig auftretenden Hitzewellen und Dürren bislang untersch?tzt. Zu diesem Schluss kommt eine der ersten Untersuchungen, in der diese Extremereignisse gekoppelt betrachtet wurden.
Russland, im Sommer 2010 - eine Dürre und eine Hitzewelle machten dem Land schwer zu schaffen. W?lder und Torfmoore brannten. Moskau versank im dicken Smog, was zu vielen Todesf?llen unter den Stadtbewohnern führte. Zur gleichen Zeit regnete es in Pakistan sintflutartig, weil das Hochdruckgebiet über Russland ein Tief über Pakistan blockierte. Dies führte zu Jahrhundertüberschwemmungen.
Extreme Klimaereignisse wie diese aber auch der Hitzesommer 2003 in weiten Teilen West- und Zentraleuropas dürften laut Statistik nur etwa alle 100 Jahre auftreten. Im Zuge der Klimaerw?rmung mit steigenden Durchschnittstemperaturen – so sagen die Experten – dürften sich solche Extremereignisse jedoch h?ufen.
H?ufung gleichzeitiger Extreme
Vielleicht müssen die Statistiker über die Bücher gehen. Bislang haben Forschende Ereignisse wie extreme Hitzewellen und Dürren jeweils gesondert voneinander betrachtet, und die Wahrscheinlichkeit, mit denen sie in gewissen zeitlichen Abst?nden auftreten, separat für jedes Extrem einzeln berechnet. Die Auswirkungen sind aber viel schlimmer, wenn solche Extreme gleichzeitig auftreten, wenn es also gleichzeitig extrem heiss und trocken ist.
Klimawissenschaftler Jakob Zscheischler und ETH-Klimaprofessorin Sonia Seneviratne haben die Wahrscheinlichkeiten für deren gemeinsames Auftreten nun berechnet, indem sie die Extreme kombinierten. Denn extreme Hitze und Dürren treten aufgrund der Korrelation zwischen Temperatur und Niederschlag im Sommer meist zusammen auf. Ihre Studie wurde soeben in der Fachzeitschrift ?Science Advances? ver?ffentlicht.
Kombination bis zu fünfmal h?ufiger als gedacht
Zscheischler und Seneviratne haben in ihrer Studie berechnet, dass die Kombination von Hitze und Dürre zwei bis viermal h?ufiger auftritt als wenn man Extremereignisse unabh?ngig voneinander betrachtet. Im Mittleren Westen der USA steigt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten dieser Kombination gem?ss den extremsten Szenarien sogar bis ums Fünffache.
Wenn die Wahrscheinlichkeiten der beiden Extreme unabh?ngig voneinander berechnet und zusammengez?hlt werden, entspricht dies nicht der Wahrscheinlichkeit, dass sie gleichzeitig auftreten. ?Unsere Berechnungen zeigen klar: in Kombination treten Extreme viel h?ufiger auf als bislang erwartet?, sagt die ETH-Professorin.
Zscheischler und Seneviratne haben Hitzewellen und Dürren zusammen betrachtet, weil Beobachtungen belegen, dass ?zwischen solchen Extremereignissen handfeste Korrelationen bestehen?, erkl?rt die ETH-Professorin weiter. So war auch das Jahr 2015 in Mitteleuropa sehr heiss und sehr trocken zugleich. ?Solche Situationen h?ufen sich.?
Ungebremster Klimawandel verst?rkt Korrelation
Denn in ihrer Studie zeigen die Autoren weiter, dass sich die Korrelation zwischen Temperatur und Niederschlag unter ungebremstem Klimawandel verst?rken wird. Dies führt dazu, dass Hitzewellen und Dürren noch h?ufiger gleichzeitig vorkommen werden.
Mit der gr?sseren Wahrscheinlichkeit des Auftretens kombinierter Extreme steigt auch das Risiko für Landwirtschaft, Gesellschaft und Wirtschaft. Würden zwei Extreme gemeinsam betrachtet, nehmen die Wahrscheinlichkeit, mit der sie auftreten, und damit die Risiken oft sprunghaft zu. Das Risiko liege gem?ss den neuen Berechnungen viel h?her als man bisher angenommen habe, sagt die ETH-Professorin. ?Darauf sind wir nicht gut vorbereitet.?
Die Risiken, die von Hitze ausgehen sind etwa Dehydrierung, frühzeitiges Ableben bei alten und sehr jungen Menschen. Dürren verursachen in der Landwirtschaft Ernteausf?lle oder hohe Kosten wegen der Bew?sserung. Waldbr?nde werden h?ufiger und heftiger wie jüngst in Portugal.
Kettenreaktion in vernetzter Welt
?Man darf diese Extreme nicht mehr l?nger einzeln für sich betrachten, weil man sonst das Risiko untersch?tzt?, betont Seneviratne. Für die heutige Welt sei es wichtiger denn je, Risiken richtig einzusch?tzen.
Das Jahr 2010 sei das beste Beispiel dafür, dass nicht mehr nur ein Land von Extremereignissen betroffen sei, sondern aufgrund der engen Verflechtung in der heutigen Zeit auch Regionen, in denen das Wetter keine Kapriolen bietet. Weil die Dürre die Weizenertr?ge senkte, stellte Russland in der Folge die Lieferungen an ?gypten ein, um den Eigenbedarf zu decken. Dadurch stiegen die Weizenpreise in ?gypten um ein Vielfaches an, was einen Teil der dortigen Bev?lkerung hart traf und zu politischer Instabilit?t führte.
Seneviratne sagt, dass die Klimawissenschaften den Effekt von kombinierten Extremen bislang untersch?tzt und noch nicht richtig erforscht h?tten. Ihre Studie sei eine der ersten, die zu diesem Thema gemacht worden sei. Die Studie helfe, sich auf das vorzubereiten, was auf uns zukommen k?nnte. ?Anpassungen auf allen Ebenen werden n?tig sein?, findet sie.
Literaturhinweis
Zscheischler J, Seneviratne S. Dependence of drivers affects risks associated with compound events. Science Advances, 2017; 3:e1700263, 30 June 2017. DOI: externe Seite 10.1126/sciadv.1700263