Optoelektronischer Chip aus Metall
Forschende der ETH Zürich entwickelten das erste lichtprozessierende Mikroelektronik-Bauteil, das ohne Glas auskommt und stattdessen aus Metall gefertigt ist. Es wandelt elektrische Datensignale in optische um. Der sogenannte Modulator ist kleiner und schneller als bisherige Modulatoren und viel einfacher und günstiger herzustellen.
Optische Bauteile für die Mikroelektronik müssen in Glas gefertigt werden. Metalle eignen sich dazu nicht, weil sich optische Information darin h?chstens 100 Mikrometer weit ausbreiten kann. Dies war bis vor kurzem die g?ngige Auffassung von Wissenschaftlern. Forschende unter der Leitung von Jürg Leuthold, Professor am Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik, machten nun das scheinbar Unm?gliche m?glich: Sie entwickelten ein lichtprozessierendes Bauelement aus Metall. Dies berichten sie in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift externe Seite Science.
Die Meisterleistung gelang ihnen, indem sie das Element klein genug bauten. Es ist nur 3 x 36 Mikrometer gross und liegt damit in einem Gr?ssenbereich, in dem sich optische und elektrische Informationen in Metallen ausbreiten k?nnen.
Bauelement für Glasfasernetze
Beim Bauteil handelt es sich um einen Modulator. Modulatoren wandeln elektrische Datensignale in optische um. Sie sind in modernen Internetroutern für das Glasfasernetz verbaut und erm?glichen Glasfaser-Datenverbindungen zwischen Computereinheiten in Rechenzentren. Die heute standardm?ssig verwendeten Bauteile funktionieren jedoch grunds?tzlich anders als der neue Modulator.
Das Funktionsprinzip des neuen Bauteils: Licht aus einer Glasfaser wird auf den Modulator geleitet und versetzt die Elektronen auf dessen Oberfl?che in Schwingung. Experten sprechen dabei von einer Plasmon-Oszillation. Diese Schwingung l?sst sich durch elektrische Datenpulse indirekt ver?ndern. Wird die Schwingung der Elektronen wieder in Licht zurückverwandelt, entsteht ein Lichtsignal, das entsprechend gepulst ist. Die Information wurde dabei von einem elektrischen in einen optischen Datenpuls überführt und kann nun in Glasfasern transportiert werden.
Noch schneller und kleiner
Bereits vor zwei Jahren entwickelten Leuthold und seine Kollegen einen solchen plasmonischen Modulator (ETH-News berichtete). Es handelte sich damals um den kleinsten und schnellsten je gebauten Modulator. Damals waren auf dem Halbleiterchip allerdings noch diverse Komponenten aus Glas mitverbaut.
Indem die Wissenschaftler nun alle Glaskomponenten durch metallische ersetzen, schafften sie es, einen noch kleineren Modulator zu bauen, der bei einer noch h?heren Geschwindigkeit arbeitet. ?In Metallen k?nnen sich Elektronen praktisch beliebig schnell bewegen, nicht so in Glas, wo es eine physikalisch bedingte Geschwindigkeitsobergrenze gibt?, sagt Masafumi Ayata, Doktorand in Leutholts Gruppe und Erstautor der Studie. Im Experiment konnten die Forschenden Daten mit 116 Gigabit pro Sekunde übertragen. Sie zeigen sich überzeugt, dass mit Optimierungen sogar noch h?here Datenübertragungsraten m?glich sind.
Aus einer Goldschicht ge?tzt
Der getestete Modulator-Prototyp der ETH-Forschenden ist aus einer Goldschicht gefertigt, die auf einer Glasoberfl?che liegt. Wie die Wissenschaftler betonen, hat die Glasunterlage keine Funktion. ?Statt der Glasunterlagen k?nnen wir auch andere geeignete glatte Oberfl?che verwenden?, so Leuthold. Und statt des Goldes k?nne für industrielle Anwendungen auch das günstigere Kupfer verwendet werden. Zentral ist, dass es für den neuen Modulator nur eine metallische Beschichtung braucht. ?Das macht die Herstellung sehr einfacher und günstig?, sagt Leuthold.
Um den neuen Modulator in die Praxis zu bringen, arbeiten die Forschenden bereits mit einem Industriepartner zusammen, mit weiteren Partnern führen sie Gespr?che. Bis zur Markreife sieht Leuthold allerdings noch Entwicklungspotenzial. So rechnet er damit, dass ein derzeitiger Verlust der Signalst?rke bei der Modulation noch reduziert werden kann.
Für Computer und autonome Fahrzeuge
Der neue Modulator k?nnte dereinst nicht nur im Telecom-Bereich zur Anwendung kommen, sondern auch in Computern. ?Die Computerindustrie denkt darüber nach, Daten innerhalb von Rechnern zwischen den einzelnen Chips mit Glasfasern zu übertragen?, sagt Leuthold. Dazu braucht es jedoch winzige Modulatoren – solche, wie sie Leuthold mit seinem Team nun entwickelt hat.
Schliesslich w?re es auch denkbar, die Modulatoren in Bildschirmen – auch biegbaren – einzusetzen sowie in optischen Sensoren. Ein Beispiel hierfür w?ren Lidar-Systeme zur Distanzmessung, welche bei (teil-) autonomen Fahrzeugen verwendet werden.
Literaturhinweis
Ayata M et al.: High-speed plasmonic modulator in a single metal layer. Science, 2. November 2017, doi: externe Seite 10.1126/science.aan5953