Dank neuer Geräte Demenz früher erkennen

Die beiden ETH-Teilchenphysiker Jannis Fischer und Max Ahnen bauen einen Gehirnscanner, der zehnmal billiger und viel kleiner ist als herk?mmliche Ger?te. Dafür würdigte sie das US-Wirtschaftsmagazin Forbes auf ihrer ?30 Under 30 Europe?-Liste.

Jannis Fischer (l.) und Max Ahnen mit einem einfachen Modell des Kopfteils ihres BPET-Scanners. (Bild: Florian Bachmann / ETH Zürich)
Jannis Fischer (l.) und Max Ahnen mit einem einfachen Modell des Kopfteils ihres BPET-Scanners. (Bild: Florian Bachmann / ETH Zürich)

Sie sind knapp dreissig und dabei, die Diagnose von Alzheimer zu verbessern. Max Ahnen (29) und Jannis Fischer (30) entwickeln derzeit einen PET-Gehirnscanner: Er soll weniger kosten und kleiner sein als jene, die heute in den Spit?lern stehen. Dafür hat sie das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes in ihre ?externe Seite 30 Under 30 Europe 2018?-Liste in der Kategorie Wissenschaft und Gesundheit aufgenommen. Mit der Liste würdigt Forbes jedes Jahr ?die intelligentesten jungen Unternehmer und Erfinder? in unterschiedlichen Bereichen. ?Wir sind stolz darauf, dass wir es auf die Liste geschafft haben?, sagt Jannis Fischer und lacht: ?N?chstes Jahr w?ren wir dafür zu alt gewesen.?

Die Positronen-Emissions-Tomographie, kurz PET genannt, ist ein bildgebendes Verfahren in der Nuklearmedizin. Es wird zur Erkennung vor allem von Krebs, aber auch von Nerven- und Herzkrankheiten eingesetzt. Dazu wird dem Patienten eine schwach radioaktive Substanz in die Armvene gespritzt. Die Art und der Ort, wo sich die Substanz im Gewebe anreichert, verarbeitet der PET-Scanner zu einem Bild.

Dieses Bild gibt Auskunft darüber, welche Funktionen das entsprechende K?rperteil ausübt. PET-Scanner k?nnen helfen, gewisse Nervenkrankheiten zehn bis zwanzig Jahre früher aufzudecken ehe ein Arzt anhand konkreter Symptome eine Diagnose stellen kann. Das Problem, warum dies nicht gemacht wird: Heutige Ger?te sind gross und teuer. Ein herk?mmliches Ger?t braucht mindestens 15 Quadratmeter Platz und kostet zwischen 1,5 und 5,5 Millionen Franken.

Günstiger, kleiner, mobiler

Ahnen und Fischer arbeiten am Institut für Teilchen- und Astrophysik der ETH Zürich daran, diese Situation zu ver?ndern. Den Anstoss dazu gaben Forschende und ?rzte der Universit?t Zürich und des Universit?tsspitals Zürich. Ihre Erfindung heisst provisorisch Brain PET (BPET) und dient der Erkennung von Krankheiten des Gehirns. Dazu geh?ren Gehirntumore und Erkrankungen des Nervensystems wie Amyotrophe Lateralsklerose, Parkinson oder Alzheimer, die zu Demenz führen. BPET soll nur ein Zehntel so viel kosten wie heutige Ger?te. Zudem soll der Scanner weniger als zwei Quadratmeter messen. ?Er ?hnelt einem Coiffeurstuhl mit Trockenhaube?, sagt Ahnen. Die Gr?sse mache ihn viel mobiler als herk?mmliche Ger?te. Dadurch k?nnten ihn ?rzte auch an Orten abseits von grossen Krankenh?usern einsetzen, etwa in kleinen Kliniken in Südamerika, Asien oder Afrika.

Explosionsschema des BPET-Scanners. (Bild: J.Fischer/ M.Ahnen / ETH Zürich)
Explosionsschema des BPET-Scanners. (Bild: J.Fischer/ M.Ahnen / ETH Zürich)

Nicht nur das Ger?t, sondern auch dessen Anwendung wird mit Brain PET billiger. Denn je ?fter das Verfahren zum Einsatz kommt, desto weniger kosten die radioaktiven Hilfsmittel. Heute geh?rt die Untersuchung zu den teuersten bildgebenden Verfahren in der modernen Medizin. Das k?nnen sich viele Spit?ler nicht leisten. Fischer sagt: ?Wir werden viel breitere Bev?lkerungsgruppen erreichen k?nnen als bisher.?

Das würde den Betroffenen helfen, aber auch deren Angeh?rigen. Beide Physiker hatten Demenzkranke in der Familie. Ahnen sagt: ?Es ist schwer mitanzusehen, wie eine Pers?nlichkeit zerf?llt.? Der Vater von drei kleinen Kindern m?chte die Situation für die n?chste Generation verbessern.

Firmengründung steht an

Noch gibt es BPET nur auf dem Papier. Die beiden sind gerade dabei, ihre Firma Positrigo zu gründen und bis September 2018 einen Prototyp zu bauen. Die Finanzierung ist auf gutem Weg: Seit Juni 2017 haben die beiden ein Pioneer Fellowship. Dieses Stipendium verleiht die ETH Zürich gemeinsam mit der ETH Foundation an Personen, die hoch-innovative Produkte entwickeln wollen – vorausgesetzt, sie dienen der Gesellschaft oder k?nnen kommerziell genutzt werden. Die Stipendien werden aber nicht für Grundlagenforschung vergeben, sondern müssen auf bisherigen Forschungsarbeiten der Bewerber basieren.

Vergr?sserte Ansicht: Symbolbild
Modell des Kopfteils des BPET-Scanners. (Bild: F. Bachmann/ETH Zürich)

Ahnen und Fischer haben sich schon w?hrend und nach ihren Doktorarbeiten an der ETH mit den PET-Scannern befasst. Ahnen: ?Mir war klar: Hier kann man wirklich etwas verbessern.? Seit dem Pioneer Fellowship sei das Projekt ?richtig abgehoben?, sagt Fischer. An der ETH seien die beiden Physiker aus Deutschland genau am richtigen Ort. ?Die enge Zusammenarbeit von Medizinern und Teilchenphysikern schafft Raum für neue Entwicklungen?, sagt er und erg?nzt: ?Das Wissen ist da. Hier schwimmt man in einem ?kosystem von Experten.?

Auf den Markt kommen soll Brain PET im Jahr 2021. Das sei ?optimistisch, aber realistisch?. Das Timing ist wichtig: Denn zu dieser Zeit planen Pharma-Firmen auch die Einführung neuer Alzheimer-Medikamente. Diese sollen – passend zur PET-Früherkennung – eingesetzt werden k?nnen, um Demenz verursachende Krankheiten zu bek?mpfen, bevor sich die Hirnsubstanz abbaut.

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