Forschungslaufbahn geprägt durch Supercomputing

ETH-Professor Petros Koumoutsakos wollte eigentlich eine Karriere bei den Vereinten Nationen machen. Heute ist er einer der weltweit führenden Forscher im Bereich der Fluiddynamik, der Simulation von Str?mungsprozessen mit Hilfe von Supercomputern.

Petros Koumoutsakos
Von Fischen umgeben: Petros Koumoutsakos in seinem Büro. (Bild: ETH Zürich / Alessandro Della Bella)

Auf dem Weg zu Petros Koumoutsakos Büro zieren kunstvolle Graffiti Treppenhaus und Flure, Mobiles schmücken sein Büro. Zu den Motiven geh?ren Schw?rme blauer Fische, eine Meerjungfrau oder ein Segelboot, und immer dominiert dabei die Dynamik von Wind und Wasser. Die Fluiddynamik ist denn auch der Forschungsschwerpunkt des Professors für Computational Sciences an der ETH Zürich. Mit Hilfe von Simulationen auf Supercomputern erforscht Koumoutsakos das Schwimmverhalten von Fischen, das Wachstum von Tumoren und Blutgef?ssen, Prozesse unterschiedlicher Gr?ssenordnungen in biologischen Zellen oder das Zusammenspiel von Wasser mit Nanopartikeln und Kohlenstoffnanor?hrchen.

Die Dynamik von Wind und Wasser scheint dem Mitfünfziger sozusagen in die Wiege gelegt: Koumoutsakos wuchs in Gythion, einem kleinen Fischerdorf auf der Peleponnes südlich von Sparta auf. Das Leben mit dem Wasser geh?rte für den Griechen zum Alltag. Sein Vater hatte ein Fischerboot, mit dem die Familie in der Freizeit aufs Meer hinausfuhr. ?Wir hatten kein Fernsehen und wir Kinder verbrachten viel Zeit mit Tr?umen. Sonntags nach der Kirche gingen wir ins Kino. Man muss sich das wie im Film ?Cinema Paradiso? vorstellen?, erz?hlt er.

Gutes tun

Diese idyllisch anmutenden Umst?nde verliess Koumoutsakos als junger Mann für ein Schiffsbau-Studium in Athen. Obwohl er bereits mit zw?lf Jahren Physiker werden wollte, entschied er sich letztendlich dagegen. Er hatte Angst, nicht gut genug für eine Promotion zu sein und deshalb als Lehrer sein Dasein fristen zu müssen. Aber er wollte selbst?ndig etwas erarbeiten und mehr bewirken.

Nach seinem Diplom und zwei Masterstudieng?ngen in den USA promovierte er dort in Aeronautik. Danach wollte er sich seinen Traum erfüllen und für die Vereinten Nationen arbeiten. Auch heute r?t er seinen Studenten, nicht nur auf Publikationen, Zitationen und Geld zu schauen, sondern etwas Gutes für die Welt und die Wissenschaft zu tun.

Fehlschl?ge als treibende Kraft

All seine Bewerbungen beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen blieben jedoch erfolglos. Unumwunden gesteht Koumoutsakos ein, dass Fehlschl?ge immer hart für ihn gewesen seien, ihn aber auch immer wieder neu angetrieben h?tten. Seine frühste Erinnerung daran verbindet er mit der Schule. Im Alter von zehn Jahren habe er zum ersten Mal in einer Prüfung nicht die maximale Punktzahl von 10 erreicht, sondern nur 8. Seine Eltern wollten ihn davon überzeugen, dass er in einer Prüfung auch einmal weniger gut sein k?nne als er eigentlich sei. Damals habe ihn das tief erschüttert.

Petros Koumoutsakos diskutiert mit einer Mitarbeiterin.
Petros Koumoutsakos diskutiert mit einer Mitarbeiterin. (Bild: ETH Zürich / Alessandro Della Bella)

Nach der Absage der Vereinten Nationen blieb er eher der Not gehorchend für zwei Anstellungen als Postdoc in den USA: Am California Institute of Technology forschte er im Bereich Supercomputing, an der Stanford University über turbulente Str?mungen. Parallel dazu belegte er Kurse in Neurowissenschaften und Psychologie, denn eigentlich wollte er damals seine Karriere in den Neurowissenschaften fortsetzen. Daraus wurde zwar nichts, doch dieser Exkurs sollte für seine sp?tere Laufbahn bedeutend sein. Vor 21 Jahren kam Koumoutsakos an die ETH Zürich. Inspiriert durch seinen Exkurs in die Neurowissenschaften war er hier der Erste, der Maschinelles Lernen unterrichtete.

Der gemeinsame Nenner

Das sich entwickelnde (Super-)Computing hat Koumoutsakos hautnah miterlebt. Bereits w?hrend seiner Diplomarbeit in Athen benutzte er Rechner, damals noch mit Lochkarten. Seither liess ihn das Computing nicht mehr los. ?Seit meinem ersten Tag an der ETH sind die Supercomputer am Nationalen Hochleistungsrechenzentrum CSCS mein wichtigstes Arbeitswerkzeug?, sagt er.

Dabei sucht Koumoutsakos stets den interdisziplin?ren Austausch mit seinen Kollegen, um einen Einblick in das jeweilige Fachgebiet zu erhalten. Hierfür arbeitete er auch einmal für ein paar Monate im Labor des mittlerweile emeritierten ETH-Biochemie-Professors Ari Helenius mit oder sezierte für seine Forschung zum Tumorwachstum an Krebs erkrankte M?use. So unterschiedlich Koumoutsakos’ disziplinübergreifende Forschungsprojekte auch klingen m?gen, so haben sie doch einen gemeinsamen Nenner: Das Erforschen der Fluidmechanik über alle Gr?ssenordnungen hinweg – mit Modellen, Algorithmen, Daten und natürlich Computern.

Nutzt Supercomputer effizient

Der ETH-Professor brennt für die Wissenschaft, und in seinem Fachgebiet hat er sich einen Namen gemacht. Dies zeigen zahlreiche Ehrungen wie der prestigetr?chtige Gordon Bell-Preis, den er 2013 erhalten hat und für den er 2015 ein weiteres Mal nominiert worden ist, sowie seine kürzlich errungene Aufnahme in die amerikanische National Academy of Engineering (siehe Kasten). Sein Erfolg liegt wohl auch daran, dass er Supercomputer nicht einfach nur nutzt, sondern Sorge tr?gt, dies besonders effizient zu tun.

?Meine Studenten wollten nicht aufgeben – so gewannen wir den Gordon Bell-Preis.?Petros Koumoutsakos

?Computing ist essenziell für den Fortschritt der Menschheit? steht auf Koumoutsakos’ Website. In vielen Forschungsbereichen, etwa der Klimamodellierung oder der Genomsequenzierung habe uns das Supercomputing zu Durchbrüchen verholfen, sagt er. ?Jedes moderne Auto, Schiff und Flugzeug wurde am Computer entwickelt.? Um wirklich komplexe Fragestellungen zu l?sen, sieht der Wissenschaftler keinen anderen Weg als Rechner zu nutzen.

Nicht aufgeben, auch wenn es verloren scheint

Seine Arbeit betrachtet er dabei als Teamwork mit seiner Gruppe. ?Ich war bisher gesegnet mit ausserordentlichen Studenten?, sagt er. Er sei ein strenger Mentor, der von seinen Studenten echtes Interesse und Leidenschaft fordere für das, was sie t?ten. Wichtig sei ihm auch, dass seine Studierenden vor nichts Angst h?tten, denn nichts sei unl?sbar. Er selber zweifle zwar manchmal. Doch das Leben lehrte Koumoutsakos auch, dass es fast immer einen Ausweg gibt, wie das Beispiel mit dem Gordon Bell-Preis 2013 zeigt.

Kurz vor Ablauf der Einreichungsfrist war es Koumoutsakos und seinem Team zun?chst nicht m?glich, den als Wettbewerbsbeitrag geschriebenen Software-Code zu testen, da sie keine Rechenzeit auf einem der damals leistungsst?rksten Supercomputer erhielten. Nur eine glückliche Fügung erm?glichte dies kurzfristig für fünf Stunden. Der erste Versuch schlug allerdings fehl. Es schien alles verloren. ?Meine Studenten wollten jedoch nicht aufgeben. Sie entdeckten, dass der Code aufgrund eines Fehlers, den sie in letzter Minute beheben konnten, h?ngen geblieben war – so gewannen wir den Gordon Bell-Preis?, erz?hlt Koumoutsakos. Den Moment, als seine Studenten nicht aufgeben wollten, als bereits alles verloren schien, werde er sein Leben lang nicht vergessen.

In die National Academy aufgenommen

Vor wenigen Wochen wurde Petros Koumoutsakos zum ?foreign member of the National Academy of Engineering? gew?hlt. Diese amerikanische Akademie wurde 1964 gegründet und verfügt über mehr als 2000 Mitglieder. 262 Mitglieder sind von ausl?ndischen Institutionen, darunter 10 aus der Schweiz. Weitere Mitglieder von der ETH Zürich sind Martin Fussenegger, Professor am Departement für Biosysteme, sowie die emeritierten G?ran Andersson, Manfred Morari und Niklaus Wirth.

Dieser Artikel erschien zuerst auf der Website des externe SeiteCSCS.

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