Ausgezeichnetes Lebenswerk

Die ETH-Physikerin Ursula Keller ist in Paris für ihre Forschung im Bereich ultraschnelle Laser mit dem Europ?ischen Erfinderpreis ausgezeichnet worden. Es ist Europas h?chste Auszeichnung für Erfinder aus der ganzen Welt.

Vergr?sserte Ansicht: Ursula Keller
Ursula Keller wurde heute mit dem Europ?ischen Erfinderpreis in der Kategorie Lebenswerk ausgezeichnet. (Bild: EPO)

Seit 2006 zeichnet das Europ?ische Patentamt mit dem j?hrlich verliehenen Erfinderpreis Menschen aus, die mit ihren Ideen und ihrer Kreativit?t die Entwicklung von neuartigen Produkten massgeblich vorangetrieben haben. Zu den Ausgezeichneten geh?rt in diesem Jahr auch eine Physikerin der ETH Zürich: Ursula Keller, Professorin für Kurzzeitlaserphysik, wurde von der Jury in der Kategorie Lebenswerk für ihre Entwicklungen im Bereich ultraschnelle Laser ausgezeichnet.

Wegweisende Erfindung

Den Grundstein für ihre erfolgreiche Forschungs- und Entwicklungst?tigkeit legte Ursula Keller w?hrend ihrer Zeit bei den Bell Laboratories in den USA Anfang der 1990er-Jahre. Sie entdeckte dort, wie man kontinuierliches Laserlicht von dioden-gepumpten Festk?rperlasern in ultraschnelle Laserpulse verwandeln kann. Mit der Sesam-Technologie (das Akronym steht für ?semiconductor saturable absorber mirror?) verhalf sie der Wissenschaft, der Industrie und der Medizin zu einem neuen Instrument, das bis dahin ungeahnt pr?zise Eingriffe erm?glichte.

Als Professorin am Departement Physik hat Ursula Keller ab 1993 das Sesam-Konzept kontinuierlich weiterentwickelt. Zus?tzlich gelang es ihr, immer kürzere Laserpulse zu erzeugen bis nur noch ein bis zwei Lichtschwingungen im Laserpuls enthalten waren. Diese wenigen Lichtschwingungen waren allerdings von einem Puls zum n?chsten nicht synchronisiert, was nun in der weiteren Nutzung wichtig wurde. Die L?sung dieses Problems führte zur Erfindung der genauesten Uhren der Welt: der ?Atto-Uhr? und der optischen Uhr.

Vielf?ltige Anwendungen

Fast alle kurzgepulsten industriellen Lasersysteme sind heute mit der von Ursula Keller entwickelten Sesam-Technik ausgestattet. Sie werden beispielsweise eingesetzt, um extrem dünne Materialscheiben von wenigen Nanometern Dicke abzutragen oder heikle Augenoperationen durchzuführen. Ein grosser Vorteil der Technik ist, dass das umgebende Material von den kurzen, energiereichen Pulsen des Laserstrahls nicht erhitzt wird. Somit k?nnen auch temperaturempfindliche Materialien mit diesen Lasern bearbeitet werden.

Dass es sich dabei nicht nur um Nischenanwendungen handelt, verdeutlichen die Zahlen des Europ?ischen Patentamts: Der globale Markt für ultraschnelle Laser belief sich 2017 auf 2,17 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil von rund einem Fünftel am Gesamtmarkt für Lasersysteme. Das Patentamt erwartet, dass sich dieses Marktfeld bis 2023 auf 8,3 Milliarden Euro ausdehnen wird.

Ursula Keller und sp?ter auch Studierende von ihr haben basierend auf den von ihrer Gruppe entwickelten Technologien verschiedene Spin-off-Firmen gegründet, die sich erfolgreich auf dem Markt etablieren konnten. Doch die ultraschnellen Laser von Ursula Keller sind nicht nur für die Industrie von grossem Interesse, sondern auch für die Grundlagenforschung.

Ihre laserbetriebene Atto-Uhr etwa misst Zeitintervalle mit einer Genauigkeit von wenigen Milliardsteln eines Milliardstels einer Sekunde (10-18 Sekunden), d.h. mit einer Genauigkeit von Attosekunden. Die Atto-Uhr basiert auf der zirkularen Polarisation des Laserlichts. Da sich der Laserfeldvektor in nur etwa 1000 Attosekunden um 360 Grad dreht, hat man eine extrem genaue Stoppuhr, weil sich der Uhrenzeiger so schnell dreht. Mit der Atto-Uhr konnte die Physikerin zum ersten Mal die sogenannte Tunnelzeit direkt messen, ein fundamentaler quantenphysikalischer Vorgang, der überall in der Natur vorkommt, theoretisch aber immer noch zur Debatte steht.

Die optische Uhr hingegen nutzt die lineare Polarisation und die hohe Schwingungsfrequenz von mehreren 100 Terahertz der kurzgepulsten Laser. Damit kann die Zeitmessung im Vergleich zur Atomuhr nochmals um vier Gr?ssenordnungen verbessert werden. Damit, so hofft die Physikerin, l?sst sich in Zukunft auch überprüfen, ob unsere physikalischen Naturkonstanten wirklich konstant sind.

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