Ohne Fettzelle, mehr Fettzellen

Forschende der ETH Zürich und der EPFL haben einen neuen Fettzelltyp entdeckt, der das Wachstum neuer Fettzellen unterdrückt. Das er?ffnet neue Ansatzpunkte, um Folgeerkrankungen von Fettleibigkeit zu verhindern.

Fettzellen
Menschliches Fettgewebe: Wenn viele kleine Fettzellen wachsen, ist das physiologisch gesund. (Bild: Johanna Poetsch / iStock)

Fettleibigkeit ist die Geissel des modernen Menschen. Wer übergewichtig ist, hat ein sehr viel h?heres Risiko an Diabetes oder Krebs zu erkranken oder einen Herzinfarkt zu erleiden. Was die Wissenschaft schon lange weiss: ?bergewicht ist nicht per se sch?dlich. So sind viele kleine Fettzellen für einen gesunden Stoffwechsel günstiger als wenige grosse.  Weltweit wird daher nach Wegen gesucht, die Bildung neuer Fettzellen anzuregen – bislang aber mit wenig Erfolg.

Forschenden der ETH Zürich ist nun zusammen mit Kollegen der EPFL ein Durchbruch gelungen: Sie haben einen neuen Zelltyp im Fettgewebe von S?ugern entdeckt, der die Bildung neuer Fettzellen unterbindet und so vorteilhaftes Fettgewebe verhindert. ?ber ihren Fund berichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe von externe SeiteNature.

Fettzellen regulieren Fettzellwachstum

Wie Fettzellen entstehen, konnte die Forschung bisher noch nicht restlos kl?ren. Man weiss, dass Fettzellen aus Vorl?uferzellen entstehen und sich im ausdifferenzierten Zustand wahrscheinlich nicht mehr teilen. ?Nach solchen Vorl?uferzellen suchten wir im Fettgewebe von M?usen, als wir auf einen bislang unbekannten Fettzelltyp mit interessanten Eigenschaften stiessen?, berichtet Christian Wolfrum, ETH-Professor für translationale Ern?hrungsbiologie.

Experimente im Mausmodell und mit menschlichem Fettgewebe zeigten, dass es sich um eine Art ?regulatorische Fettzelle? handelt, die scheinbar permanent Botenstoffe ins umliegende Gewebe abgibt. ?Wir fanden vorerst vier Proteine, die zusammen verhindern, dass sich Vorl?uferzellen zu neuen Fettzellen ausbilden?, sagt Hua Dong, Doktorandin in Wolfrums Gruppe und eine der Erstautorinnen der Studie.

Fett ist nicht gleich Fett

Der neue Zelltyp, Areg genannt, ist therapeutisch interessant. Legt unser K?rper an Gewicht zu, kann das energiespeichernde weisse Fettgewebe auf zwei Arten wachsen: Bei den meisten Fettleibigen vergr?ssern sich die bestehenden Fettzellen. Irgendwann k?nnen sie das viele Fett nicht mehr speichern und geben es in den Blutkreislauf ab. Leber und Muskeln verfetten – das Risiko für Diabetes und andere Folgeerkrankungen steigt. Bei rund 20 Prozent der ?bergewichtigen bildet das Fettgewebe jedoch neue Zellen aus. Dank den zus?tzlichen ?Gef?ssen? k?nnen diese Menschen das überschüssige Fett besser speichern und erkranken deshalb weniger.

Bislang haben sich Fettleibigkeitsforschung und Pharmafirmen vor allem darauf fokussiert, wie man die Vorl?uferzellen aktivieren kann, um Fettzellen zu vermehren. ?Doch niemand verstand so recht, warum sich selbst in Fettgewebe mit vielen Vorl?uferzellen nur selten neue Zellen bilden?, so Wolfrum. Die unterdrückenden Aregs liefern nun eine Erkl?rung dafür.

Die Entdeckung er?ffnet vielversprechende Ansatzpunkte für künftige Therapien. So konnten die Forschenden zeigen, dass tats?chlich neue Fettzellen entstehen, wenn man die Aregs aus dem Fettgewebe entfernt. Zudem fanden sie Hinweise darauf, dass diese Fettregulatoren gerade bei übergewichtigen M?usen mit grossen Fettzellen geh?uft vorkommen.

Mit den jüngsten Resultaten rückt das Fernziel, dicke Menschen mit einer Therapie vor Diabetes und Co. zu schützen, ein kleines Stück n?her. Dabei geht es stets um die physiologische Gesundheit – und nicht ums Gewicht. Wer abnehmen wolle, dem helfe nach wie vor nur eins: Weniger Kalorien aufzunehmen als zu verbrauchen.

Literaturhinweis

Schwalie PC, Dong H, Zachara M, Russeil J, Alpern D, Akchiche N, Caprara C, Sun W, Schlaudraff K-W, Soldati G, Wolfrum C, Deplancke B: A stromal cell population that inhibits adipogenesis in mammalian fat depots. Nature, 20. Juni 2018, doi: externe Seite10.1038/s41586-018-0226-8

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