Klimaerwärmung erhöht Frostrisiko für Bäume

Der Klimawandel bringt nicht nur trockenere Sommer, sondern auch w?rmere Frühlinge. Dies l?sst B?ume und Str?ucher früher austreiben, was sie für sp?ten Frost anf?llig macht, wie ETH-Waldforscher nachweisen.

Frostschäden an jungen Buchenblättern auf dem Zugerberg
Frostsch?den an jungen Buchenbl?ttern auf dem Zugerberg, aufgenommen am 24. April 2017 nur wenige Tage nach dem starken Frostereignis. (Bild: Christof Bigler / ETH Zürich)  

In der heissen Zeit des Jahres erfreuen sich Mensch und Tier am schattenspendenden Bl?tterdach von B?umen und Str?uchern. Damit sommergrünes Geh?lz die Vegetationsperiode, in welcher Wachstum und Vermehrung m?glich ist, maximal ausnutzen kann, muss es im Frühling früh austreiben. Der Klimawandel begünstigt dies: Mit den ansteigenden Temperaturen hat sich die Vegetationsperiode in der Schweiz generell nach vorne verschoben.

Des Baumes Frust mit dem Frost

Das stellt die Pflanzen aber auch vor ein Dilemma: Einerseits verl?ngert eine frühe Blattentfaltung die Dauer, in der sie wachsen k?nnen. Andererseits erh?ht das frühe Austreiben das Risiko von Frostsch?den an Bl?ttern und Blüten. Der scharfe Sp?tfrost um den 20. April 2017 liefert ein eindrückliches Beispiel: Die Temperatur sank im Flachland nach einem ausgesprochen warmen M?rz und April w?hrend mehrerer Tage deutlich unter Null Grad Celsius – mit drastischen Konseqenzen für die Vegetation, nicht zuletzt für die Schweizer Obstkulturen und Reben.

Senior Scientist Christof Bigler und Harald Bugmann, ETH-Professor für Wald?kologie, haben nun genauer untersucht, ob und wie sich das Frostrisiko w?hrend der Blattentfaltung für 13 europ?ische Baum- und Straucharten in der Schweiz über einen Zeitraum von 60 Jahren ge?ndert hat. Dazu werteten sie Temperaturmessungen und 48'000 Beobachtungen der Blattentfaltung aus, die seit 1951 an 264 Stationen durch die MeteoSchweiz gemacht wurden. ?ber ihre Erkenntnisse berichten die Forscher in externe SeiteScientific Reports.

Risiko erh?ht – Sicherheitsmargen vorhanden

Seit etwa 1980 hat sich der Zeitpunkt der Blattentfaltung aufgrund der Klimaerw?rmung nach vorne verschoben. Insbesondere in h?heren Lagen treiben die Bl?tter und Nadeln bei einigen Arten früher aus. Das bedeutet, dass sich die Zeit zwischen den letzten Sp?tfr?sten und der Blattentfaltung verkürzt hat. ?Das Frostrisiko ist demnach tendenziell gestiegen?, sagt Bigler.

Dennoch: In den meisten untersuchten Jahren erfolgten die letzten intensiven Sp?tfr?ste vor der Blattentfaltung. Bigler und Bugmann schliessen daraus, dass viele europ?ische Baum- und Straucharten relativ grosse Sicherheitsmargen hinsichtlich des Frostrisikos haben. Die Sicherheitsmargen sind jedoch ungleich verteilt, wie Bigler ausführt: ?Früh austreibende Arten wie L?rche oberhalb von 1100 Meter weisen in der Regel die niedrigsten Sicherheitsmargen auf?.

Geschw?chte Vegetation

Frostschäden an jungen Fichtennadeln, Zugerberg, 24. April 2017.
Frostsch?den an jungen Fichtennadeln, Zugerberg, 24. April 2017. (Bild: Christof Bigler / ETH Zürich)

Auch wenn Frühjahrsfrost nach dem Blattaustrieb relativ selten ist: Hin und wieder führt ein überdurchschnittlich warmer Frühling gefolgt von intensiver K?lte zu Frostsch?den an Bl?ttern und Nadeln wie im April 2017. Bigler beobachtete damals, dass einige betroffene Fichten nach dieser K?ltewelle nicht mehr austrieben. ?Da Fichten mehrj?hrige Nadeln haben, k?nnen sie sich dies leisten – im Gegensatz zu den Laubb?umen, die oft nochmals ausgetrieben haben.? Einige Keimlinge und kleinere B?ume aber h?tten den letztj?hrigen Frost kaum überlebt.
Frostsch?den schw?chen B?ume: Treiben die Bl?tter erneut aus, fehlen die dafür ben?tigten Ressourcen etwa beim Dicken- und H?henwachstum oder der Wurzelbildung. Das macht sie weniger konkurrenzf?hig. Es gibt Hinweise darauf, dass Jahrringe nach solchen Frostereignissen enger ausfallen.

Ein fein justierter Moment

Für Pflanzen ist der Zeitpunkt der Blattentfaltung ein Kompromiss zwischen minimalem Frostrisiko und maximaler Vegetationsdauer. Sie passen sich laufend an. ?Der Zeitpunkt des Blattaustriebs hat sich über einen sehr langen evolutiven Zeitraum eingestellt?, sagt Bigler. Im Frühling reagierten B?ume aber auch auf die ansteigenden Temperaturen: Wird es warm, ist Frost weniger wahrscheinlich.

Bigler und Bugmann gehen davon aus, dass extreme Sp?tfr?ste auch künftig in einem sich erw?rmenden Klima vorkommen werden, der Trend zu einem früheren Blattaustrieb aber noch eine Weile anh?lt. Ein besseres Verst?ndnis, wie hiesige B?ume und Str?ucher auf ver?nderte Bedingungen reagieren, erlaubt es den Wald?kologen pr?ziser abzusch?tzen, wie schnell unsere W?lder künftig wachsen werden und wie sich die Artenzusammensetzung entwickeln wird.

Literaturhinweis

Christof Bigler & Harald Bugmann. Climate-induced shifts in leaf unfolding and frost risk of European trees and shrubs. Scientific Reports volume 8, Article number: 9865 (2018). DOI: externe Seite10.1038/s41598-018-27893-1

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