Der Fleisch-Pflanzer

Lukas B?ni entwickelt mit dem Start-up Planted einen pflanzlichen Fleischersatz, um die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Proteinen zu bedienen. Das erste Produkt ist ein Poulet aus Erbsen, das sich wie Hühnerfleisch anfühlt und auch so schmeckt.

ETH Pioneer Fellow Lukas Böni will mit pflanzlichem Poulet aus Erbsenprotein den unnachhaltig hohen Fleischkonsum senken.
ETH Pioneer Fellow Lukas B?ni will mit pflanzlichem Poulet aus Erbsenprotein den unnachhaltig hohen Fleischkonsum senken. (Bild: Planted / ETH Zürich)  

Fleisch, das nicht von Tieren stammt, sondern von Pflanzen? Nein, wer sich sowas zur Aufgabe macht, muss weder Ern?hrungsideologe noch Veganer sein. Eher Feinschmecker und Forscher – im Fall von Lukas B?ni: Lebensmittelwissenschaftler. ?Und ja, ein Weltverbesserer bin ich auch?, schmunzelt er.

Für B?ni und und seine beiden Teamkollegen Pascal Bieri und Eric Stirnemann ist die Zeit jedenfalls reif, billigem Fleisch aus Massentierhaltung eine Alternative gegenüberzustellen. ?Wir haben das Know-how, und die Technologie ist vorhanden?, ist B?ni überzeugt. Vor anderthalb Jahren haben die drei begonnen, an einem Fleischanalog auf Pflanzenbasis zu tüfteln. Seit Anfang 2019 treten sie als Start-up Planted auf. ?Wir sind prim?r ?kologisch motiviert und nicht dogmatisch unterwegs?, sagt er.

Gepflanzt – und nicht geschlachtet

Die letzte ?usserung ist B?ni wichtig. In einem Sitzungsraum des Instituts für Nahrungsmittel, Ern?hrung und Gesundheit unweit des ETH-Hauptgeb?udes erkl?rt er, was er damit meint: Mit Planted wollen sie die Konsumenten weder eines Besseren belehren noch zum Fleischverzicht bekehren.

Fakt ist aber, dass die Fleischproduktion rund 18 Prozent der globalen Treibhausgase verursacht, dabei viel Land und Futter verbraucht und zu ?berdüngung und Antibiotikaresistenzen führt. ?Deshalb wollen wir den Konsumentinnen und Konsumenten ein umweltfreundliches und tiergerechtes Ersatzprodukt anbieten. Eines, das auch den kulturellen Aspekt des Fleischverzehrs bedient, indem es vor allem gut schmeckt?, so B?ni.

Das soll nun mit ?Planted Chicken? gelingen. Es ist ein pflanzliches Pouletimitat aus Erbsenprotein, das seinem Vorbild in Aussehen, Textur und Geschmack verblüffend nahe kommt. ?Unser Anspruch ist ein Essgefühl ohne Einbussen?, sagt B?ni. Und: Das Produkt soll ?kologischer, tierfreundlicher und langfristig günstiger sein als Hühnerfleisch – ?die ersten beiden Aspekte erfüllen wir bereits, nur günstiger sind wir noch nicht?, gibt er unumwunden zu.

Vom Schleimaal zum Erbsenfleisch

B?ni ist 30 Jahre alt und Vater einer knapp einj?hrigen Tochter. Der Gedanke, ihr mit seiner Arbeit eine nachhaltigere Welt bieten zu k?nnen, motiviert ihn sehr. Das hilft auch bein t?glichen Spagat zwischen Familie und Beruf, denn derzeit finde sein Leben vor allem an der ETH statt, lacht er.

An der ETH hat B?ni bereits Lebensmittelwissenschaften studiert und danach im Labor für Lebensmittelverfahrenstechnik von Professor Erich Windhab über ?die faszinierende Absonderung des Schleimaals? doktoriert (ETH-News berichtete). Das ist ein z?her Schleim, der aus langf?digen Proteinen besteht und sehr viel Wasser aufnehmen kann – ein natürliches Hydrogel, das auch für die  Lebensmittelindustrie interessant ist. Darum kennt sich B?ni gut mit weichen, faserigen Materialien aus und weiss, wie man solche nachahmen kann.

Eine Frage der Faserung

Dieses Know-how kommt ihm nun bei Planted zugute, wo er sich mit einem ?hnlichen Stoffsystem befasst: Fleisch – im wesentlichen Proteinfasern und Wasser. Die Herstellung des pflanzlichen Imitats ist laut B?ni ein rein thermisch-mechanischer Vorgang und braucht keine Chemie, anders als viele meinen. Man mische ein Mehl aus Erbsenprotein mit Wasser zu einem Teig, knete und koche ihn. Dann drücke man den Teig durch eine Düse, wobei die Proteine eine faserige Struktur annehmen.

Die Produktion gleicht damit in einigen Punkten jener von Pasta. ?Wir nutzen eine ?hnliche Maschine wie für Teigwaren, einen so genannten Extruder, verwenden aber andere Drücke und Temperaturen. Dabei müssen wir die Fliesseigenschaften des Teigs genau kontrollieren, um die für Hühnerfleisch charakteristische Faserung zu erhalten?, beschreibt B?ni das Geheimnis von Planted’s Poulet, welches das Trio derzeit noch in einer Pilotanlage an der ETH herstellt.

?ber die Gastronomie auf den Markt

Planted Chicken
Zum verwechseln ?hnlich: Planted Chicken. (Bild: Planted / ETH Zürich)

Wenn B?ni von den Vorteilen des Erbsenpoulets erz?hlt, ger?t er ins Schw?rmen. Schliesslich spart Planted im Vergleich zu normalem Hühnerfleisch gut zwei Drittel der Treibhausgase und Landfl?che ein und ben?tigt etwa halb so viel Energie. ?Zudem enth?lt unser Fleisch weder Cholesterin, Hormone noch Antibiotika. Und es leiden keine Tiere?, h?lt er fest.

Und den Konsumentinnen schmeckts – erste Rückmeldungen fielen sehr positiv aus. Die Jungfirma zielt mit ihrem Poulet prim?r auf Flexitarier ab, also Fleischessende, die ?fters versuchen, sich pflanzlich zu ern?hren. B?ni stellt ein wachsendes gesellschafltiches Interesse fest. Es finde ein ?kologisches Umdenken statt.

Aktuell beliefert Planted rund zehn ausgew?hlte Restaurants in Zürich, Luzern und Genf. Die Gründer m?chten, dass die Leute das Produkt in Form eines feinen Gerichts kennen lernen. Gemeinsam mit Gastrobetrieben will man die Anzahl Planted-affiner Lokalit?ten laufend vergr?ssern.

Alles besser als vergeuden

W?chst der Absatz, müssen die Fleischpflanzer bald eine eigene Produktion aufbauen. Laut B?ni, der als kreativer Kopf der Truppe gilt, bestehen bereits Ideen für andere Imitate. Ihre Technologie erlaube es, die Faserl?ngen der Proteine einzustellen und so potenziell verschiedene Fleischarten zu imitieren – von Fisch über Poulet bis zu Rind.

Noch aber steht Planted am Anfang. Dass die Jungfirma in dieser kritischen Phase von der ETH unterstützt wird, sch?tzen die drei Gründer sehr. Dank einem Pioneer Fellowship, das B?ni für den Aufbau des Start-ups erhielt, k?nnen sie den Markteintritt vorantreiben und von ETH-Knowhow und Infrastruktur profitieren.

Und wie h?lt er’s selber mit dem Fleisch? B?ni kauft oder bestellt keines mehr. Auch wenn um ihn herum tierisches Fleisch gegessen wird, st?rt ihn das nicht. Was er jedoch überhaupt nicht vertr?gt, ist Lebensmittelverschwendung. ?Für mich ist das die schlimmste Umweltsünde – da würde ich ein Stück Fleisch lieber essen, als dass es aus Prinzip weggeworfen wird.? Er ist eben kein Dogmatiker.

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