Den tödlichen Bruder des Ethanols messen

ETH-Forschende entwickelten ein tragbares und günstiges Messger?t, mit dem man Methanol von Trinkalkohol unterscheiden kann. Man kann damit einfach und schnell gepantschte und verunreinigte Alkoholika erkennen sowie in der Atemluft Methanolvergiftungen diagnostizieren.

Selbstgebrannter Alkohol
Indische Frauen verkaufen selbstgebrannten Alkohol. Solcher kann toxische Mengen an Methanol enthalten. (Bild: Shutterstock / Steve Estvanik)

Methanol wird mitunter als t?dlicher Bruder des Ethanols bezeichnet. W?h?rend letzterer der berauschende Stoff in Wein, Bier und Schnaps ist, ist ersteres eine Chemikalie, die im menschlichen K?rper zu hochtoxischen Stoffen abgebaut wird. Schon verh?ltnism?ssig wenig Methanol kann zu Erblindung oder unbehandelt zum Tod führen.

Wegen mit Methanol verunreinigten alkoholischen Getr?nken kommt es immer wieder zu Vergiftungsf?llen, vor allem in Entwicklungs- und Schwel?lenl?ndern. Denn bei der alkoholischen G?rung entsteht in geringen Men?gen auch Methanol. Wo in Hinterh?fen unprofessionell Alkoholika gebrannt werden, k?nnen relevante Mengen Methanol in den Schnaps gelangen. Eine andere Ursache für Vergiftungen sind Getr?nke, die mit Scheiben?wisch?wasser oder anderen methanolhaltigen Flüssigkeiten gepantscht werden.  

Getr?nkeuntersuchungen und Atemtest

Bisher konnte Methanol nur in einem chemischen Analyselabor von Ethanol unterschieden werden. Auch um in Spit?lern eine Methanol?ver?giftung zu diagnostizieren, sind verh?ltnism?ssig grosse und teure Appa?rate n?tig. ?In Schwellen- und Entwicklungsl?ndern, wo Methanolvergif?tun?gen am h?ufigsten auftreten, sind solche Ger?te oft nicht vorhanden?, sagt Andreas Güntner, Gruppenleiter am Particle Technology Laboratory von ETH-Professor Sotiris Pratsinis sowie Forscher am Universit?tsspital Zürich.

Er und seine Kollegen haben nun ein kostengünstiges und tragbares Ger?t entwickelt, das auf einem kleinen Metalloxidsensor basiert. Mit diesem lassen sich Methanol- und Ethanold?mpfe innert zwei Minuten über einem Getr?nk ?erschnüffeln?, um gepanschten Alkohol zu erkennen. Das Ger?t kann ausserdem durch die Analyse der Atemluft eines Patienten eine Methanolvergiftung festzustellen. Auf einer Notaufnahme hilft dies, sofort die richtigen Gegenmassnahmen einzuleiten.

Methanol von Ethanol getrennt

Mit Metalloxidsensoren war es schon bisher m?glich, Alkohold?mpfe zu messen. Man konnte damit jedoch nicht unterschiedliche Alkohole wie Ethanol und Methanol auseinanderhalten. ?Auch die von der Polizei verwendeten Atemlufttests messen nur Ethanol, wobei sie je nach Ger?t auch Methanol f?lschlicherweise als Ethanol erkennen?, erkl?rt Jan van den Broek, Erstautor der Studie und Doktorand an der ETH.

Die ETH-Wissenschaftler entwickelten einerseits einen hochempfindlichen Alkoholsensor aus Nanopartikeln aus Zinnoxid, das mit Palladium versetzt ist. Andererseits wendeten sie einen Trick an, um Methanol und Ethanol voneinander zu unterscheiden: Die Proben gelangen nicht direkt auf den Sensor, sondern in einem davor angebrachten R?hrchen werden die beiden Alkohole voneinander getrennt. Das R?hrchen ist mit einem por?sen Polymer gefüllt, durch das die zu untersuchende Luft mit einer kleinen Pumpe gezogen wird. Methanol passiert das Polymer-R?hrchen aufgrund seiner kleineren Molekülgr?sse schneller als Ethanol.

Sensor
Der Millimeter kleine schwarze Punkt mitten im goldenen Bereich ist der Alkoholsensor.  
Detektor
Auf diesem Bild befindet sich der Sensor im weissen Geh?use. Rechts davon ist das Polymer-R?hrchen sichtbar, in dem Methanol von Ethanol getrennt wird. (Bilder: Van den Broek J et al. Nature Communications 2019)

Das Messger?t erwies sich als ?ussert empfindlich. In Labortests erkannte es in alkoholischen Getr?n?ken auch geringste Methanolverunreinigungen, bis in den tiefen Bereich der gesetzlich erlaubten Grenzwerte. Ausserdem analysierten die Wissenschaftler Atemproben einer Person, die zuvor Rum getrunken hatte, wobei die Forscher der Atemprobe zu Testzwecken nachtr?glich eine geringe Menge Methanol beimengten.

Zum Patent angemeldet

Die Forscher meldeten die Messmethode zum Patent an. Sie sind nun daran, die Technologie in ein Ger?t zu integrieren, das in der Praxis angewendet werden kann. ?Weil die Technologie günstig ist, eignet sie sich auch gut für Entwicklungsl?nder. Sie ist ausserdem einfach zu bedienen und kann von Personen ohne Laborausbildung angewandt werden, beispielsweise von Beh?rden und auch Touristen?, sagt Güntner. Zudem sei sie für die Qualit?tskontrolle in Schnapsbrennereien interessant.

Methanol spielt aber nicht nur im Zusammenhang mit alkoholischen Ge?tr?nken eine Rolle, sondern ist auch eine bedeutende Industriechemikalie, die sogar noch wichtiger werden k?nnte: Methanol wird als m?glicher Energietr?ger der Zukunft diskutiert – mit Methanolbrennstoffzellen lassen sich Fahrzeuge antreiben. Eine weitere Einsatzm?glichkeit w?ren daher Alarmsensoren, um Lecks in Tanks zu erkennen.

Die Studie war Teil des Flagship-Projekts externe Seite Zurich Exhalomics von Hochschulmedizin Zürich.

Literaturhinweis

Van den Broek J, Abegg S, Pratsinis SE, Güntner AT: Highly selective detection of methanol over ethanol by a handheld gas sensor, Nature Communications 2019, doi: externe Seite 10.1038/s41467-019-12223-4

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