«Der Eindämmung des Virus müssen wir alles unterordnen»

Jo?l Mesot, die ETH Z¨¹rich im Notbetrieb. Was macht Ihnen in diesem Zusammenhang am meisten Sorgen?
Die gr?sste Sorge bereitet mir die Verbreitung des Virus und die Gesundheit unserer Bev?lkerung und damit nat¨¹rlich auch die Gesundheit aller ETH-Angeh?rigen. Wir m¨¹ssen der Eind?mmung des Virus alles andere unterordnen. Der Bundesrat hat gestern die ?ausserordentliche? Lage ausgerufen und daher stellt die ETH auf Notbetrieb um.

Was heisst nun dieser Notbetrieb konkret?
Wir fahren alle unsere Aufgaben, die eine physische Pr?senz an der ETH ben?tigen, auf das absolute Minimum herunter. Grunds?tzlich m¨¹ssen daher alle ETH-Angeh?rigen zuhause bleiben. Damit verhindern wir, dass sich t?glich 30'000 Menschen auf den Weg in unsere Geb?ude machen. So leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Eind?mmung.

Wer darf noch an die ETH kommen?
Wer zwingend an die ETH kommen muss, braucht eine Ausnahmebewilligung. Wir arbeiten gerade am Prozess, wie diese unb¨¹rokratisch vergeben werden kann. Auch im Notbetrieb muss die zentrale Infrastruktur funktionieren. Denken Sie beispielsweise an die Informatikdienste, die zurzeit besonders gefordert sind. Auch m¨¹ssen wir die Vorlesungs-Aufzeichnungen durchf¨¹hren, denn der gesamte Lehrbetrieb findet nun online statt. Und auch in der Forschung gibt es Einrichtungen, die man nun nicht einfach abschalten oder aus der Ferne steuern kann. Hier erarbeitet eine Arbeitsgruppe um Detlef G¨¹nther Kriterien f¨¹r die Ausnahmeregelungen. Aber klar ist, dass wir auch unsere Forschungst?tigkeit massiv zur¨¹ckfahren m¨¹ssen. Keinerlei Abstriche werden wir jedoch in allen Forschungsprojekten rund um das Corona-Virus machen. Im Gegenteil: Wir sind daran, hier das ganze ETH-Know-how zu b¨¹ndeln und mit Hochdruck an L?sungsans?tzen f¨¹r die aktuell gr?sste gesellschaftliche Herausforderung zu arbeiten.

Alle m¨¹ssen zuhause arbeiten und der Notbetrieb soll f¨¹r zweieinhalb Monate gelten. Damit geht die ETH weiter als vom Bund angeordnet. Wieso?
Der Bundesrat hat zwar kein ?Arbeitsverbot? ausgesprochen, doch die Bev?lkerung ist ganz klar aufgefordert, dass man wenn immer m?glich zuhause arbeiten soll. Als Bundesinstitution und wissenschaftliche Hochschule mit mehreren Tausend Angeh?rigen ist es unsere Pflicht, hier konsequent und vorbildlich zu handeln. Dies machen ja auch Firmen in der Privatwirtschaft, und unsere Schwesterhochschule in Lausanne hat die gleichen Massnahmen ergriffen. Die Prognosen gehen zudem davon aus, dass wir diese Krise nicht in ein paar Wochen durchgestanden haben. Wir m¨¹ssen unsere Arbeitsweise daher auf einen l?ngeren Zeithorizont umstellen. Wir verfolgen die Situation laufend und passen die Massnahmen im Fall einer positiveren Entwicklung entsprechend an.

Viele Mitarbeitende stehen privat vor der Herausforderung, dass sie nun auch noch die Kinder betreuen m¨¹ssen. Wie unterst¨¹tzt da die ETH?
Ein intaktes Familienleben unserer Mitarbeitenden hat in diesen besonderen Zeiten h?chste Priorit?t f¨¹r mich und die ETH. Unsere M¨¹tter und V?ter sollen sich um ihre Kinder k¨¹mmern k?nnen. Wer wegen Kinderbetreuung nicht auf die volle Arbeitszeit kommt, muss daf¨¹r keine Minusstunden verbuchen. F¨¹r die Aufrechterhaltung unseres Notbetriebs sind zudem unsere Betreuungsst?tten weiterhin ge?ffnet.

F¨¹r Studierende hat der Notbetrieb ebenfalls einschneidende Auswirkungen. Mit Online-Unterricht l?sst sich zwar Vieles ersetzen, aber zahlreiche Master- und Bachelor-Arbeiten k?nnen ohne Zutritt zur ETH kaum fertiggestellt werden.
Die ETH ist sich dessen vollends bewusst. Die Rektorin hat heute rund um das Corona-Virus bereits eine Weisung erlassen. Unser Ziel ist es, dass alle Studierenden ihre Arbeiten erfolgreich abschliessen k?nnen. Sofern die Arbeiten keine physische Pr?senz an der ETH Z¨¹rich erfordern, k?nnen Bachelor- und Master-Arbeiten fortgesetzt werden. Ist jedoch eine physische Pr?senz an der ETH Z¨¹rich erforderlich, beispielsweise an einem Labor- oder anderen Arbeitsplatz, so m¨¹ssen bereits begonnene Arbeiten neu ausgerichtet oder unterbrochen werden. Selbstverst?ndlich werden wir die Fristen verl?ngern und sicherstellen, dass die Studierenden trotzdem ausreichend Zeit erhalten, um sich auf die Pr¨¹fungen vorzubereiten.

Trotzdem sind unz?hlige Fragen noch nicht gekl?rt. Wie sollen ETH-Angeh?rige mit solchen Fragen umgehen?
Ja, es sind in der Tat noch sehr viele Fragen offen und es werden noch mehr Fragen dazukommen, denn die Situation ?ndert sich t?glich. Wir aktualisieren unsere Informationsseite zum Corona-Virus laufend. Dort finden Sie auch unsere Hotlines, die an sieben Tagen pro Woche zur Verf¨¹gung stehen. An der morgigen virtuellen Townhall, an der die ganze Schulleitung teilnimmt, k?nnen ETH-Angeh?rige Fragen stellen. Ich versichere Ihnen, dass alle meine Kolleginnen und Kollegen mit Hochdruck daran arbeiten, so rasch als m?glich Antworten auf die wichtigsten Fragen zu finden. Ich bitte aber auch um Nachsicht: Wir alle stehen vor einer riesigen Herausforderung. Das verlangt von uns allen einen gewaltigen Einsatz und sehr viel Flexibilit?t.

Die jetzige Situation ist f¨¹r alle auch eine psychische Belastung. Wie geht die ETH damit um?
Es ist sehr gut m?glich, dass diese Situation f¨¹r Einzelne nicht leicht zu verkraften ist. Und wie sich die Isolation zuhause auf uns alle auswirkt, wissen wir noch nicht. Wir werden uns daher auch ¨¹berlegen, wie wir unser Angebot f¨¹r psychologische Betreuung ausbauen k?nnen. Das Wichtigste ist nun aber, dass wir uns alle gegenseitig unterst¨¹tzen ¨C sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld. Wir m¨¹ssen zusammenhalten. Die bisherigen Reaktionen aus der ETH Community stimmen mich positiv und machen mich stolz. Ich sp¨¹re ¨¹berall den Willen, diese Herausforderung gemeinsam zu meistern. F¨¹r diesen Willen und diese Unterst¨¹tzung m?chte ich mich bei allen herzlich bedanken.