Jeder Hase zählt

Viele Kakaob?uerinnen leben in Armut – dennoch bleibt der fair gehandelte Schoggihase leider oft im Laden. Wir sollten beim Kauf mehr auf die Herkunft achten, findet Isabel Günther.

Isabel Günther

Ostern ist Schoggizeit. Der begehrte Schoggihase besteht zur H?lfte aus Kakaobohnen. 70 Prozent der weltweit konsumierten Kakaobohnen kommen aus vier westafrikanischen L?ndern: der Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria und Kamerun. Die prek?ren Lebensbedingungen der dortigen Kakaobauern und ihrer Kinder sind hinl?nglich bekannt. Gesch?tzte zwei Millionen Kinder arbeiten immer noch auf den Kakaofeldern in der Elfenbeinküste und Ghana.  Hinzu kommt, dass Kakaob?uerinnen in diesen L?ndern oft weniger als fünf Prozent des Preises erhalten, den wir in der Schweiz für Schokolade bezahlen.1

Fair gehandelt, aber kaum nachgefragt

Fair gehandelte Schokolade garantiert den B?uerinnen einen Mindestpreis für den Kakao und verbietet Kinderarbeit. Für ein Prozent der rund 500 Millionen Kleinbauern, die weltweit zertifiziert sind, ist das ein erster kleiner Schritt hin zu besseren Lebensbedingungen. Studien attestieren dem ?fairen? Handel aber nur einen begrenzten Effekt auf das Leben der Produzierenden. Sie erhalten zwar bessere Preise und erzielen damit h?here Ums?tze. Das Haushaltseinkommen steigt aber nicht signifikant an, nur selten sind die Kinder gesünder und besser gebildet.2

?Selbst in der Schweiz geben wir im Schnitt nur 100 Franken pro Jahr für fair gehandelte Lebensmittel aus.?Isabel Günther

Eine wichtige Ursache dafür ist die geringe Nachfrage nach Schokolade, für welche die Produzierenden h?here Preise erhalten. Selbst in der Schweiz, die weltweit führend ist im fairen Handel, geben wir im Schnitt nur 100 Franken pro Jahr für fair gehandelte Lebensmittel aus – weniger als zwei Prozent der gesamten Lebensmittelkosten. Lediglich 10 Prozent der in der Schweiz konsumierten Schokolade kommt aus zertifizierter Kakaoproduktion.

Weil die globale Nachfrage zu gering ist, l?sst sich nicht einmal die H?lfte auch als Fairtrade-Kakao auf internationalen M?rkten verkaufen. Die B?uerinnen k?nnen also nur knapp die H?lfte ihrer Ware über zertifizierte Kan?le absetzen, w?hrend die Kosten für die Zertifizierung oft für die gesamte Produktion anfallen.

Warum der ?faire? Osterhase oft im Laden bleibt

In einem Online-Experiment mit 2500 Teilnehmenden konnten wir zeigen, dass Herr und Frau Schweizerin zwar durchaus bereit sind, deutlich mehr für fair gehandelte Schokolade zu zahlen. Beim Kauf lassen sie sich dann aber leicht ablenken, etwa durch die Verpackung. Konsumierende entscheiden selten bewusst zwischen Schokolade aus ?konventionellem? Handel und etwas kostspieligerer, dafür fair gehandelter Schokolade.3 Vor dem Regal gehen die guten Absichten schnell vergessen und man greift zur günstigeren (und bekannten) Schoggi.

In einer nachfolgenden repr?sentativen Umfrage best?tigten viele Schweizerinnen, dass sie Schokolade spontan kaufen und dabei nicht auf die Herkunft der Kakaobohne achten. Die meisten Befragten gaben zudem an, dass sie ein hohes Vertrauen in fair gehandelte Schokolade haben. Allerdings führen verschiedene Labels nicht unbedingt zu mehr Wissen über die Produktionsbedingungen von Kakao.

Osterschokolade
An Ostern Schokolade schlemmen – ohne bitteren Beigeschmack. (Bild: iStock / AND-ONE)

Wir k?nnen etwas tun

Im Herbst hat sich die Mehrheit der Bev?lkerung für verantwortungsvolles Wirtschaften im Ausland ausgesprochen – auch wenn die Konzernverantwortungsinitiative knapp am St?ndemehr gescheitert ist. Seien wir also konsequent. Als Konsumentinnen und Konsumenten liegt es jetzt an uns, verantwortungsbewusst einzukaufen.

Der Preis scheint oft kein Hindernis zu sein – vielmehr ist es unsere fehlende Aufmerksamkeit w?hrend des Einkaufs. Achten wir also beim süssen Hasen an Ostern auf die Herkunft – und vielleicht auch vermehrt bei den restlichen rund 10 Kilogramm Schokolade, die wir hierzulande pro Kopf und Jahr einkaufen.

Dieser Text erscheint unter anderem auch als Meinungsbeitrag im externe Seite?St. Galller Tagblatt?.

Referenzen

1 Fountain, A.C. & Hütz-Adams, F. (2018). externe SeiteCocoa Barometer 2018.

2 Oya, C., Schaefer, F. & Skalidou, D. (2018). The effectiveness of agricultural certification in developing countries: A systematic review. World Development, 112, 282-312.

3 Günther I., Lefoll, E. & M. Veronesi (2020). Why Don’t Swiss Buy more Fair Trade Chocolate? ETH NADEL Policy Brief.

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