Wertvolle Rohstoffe aus Olivenabfall

Das ETH-Spin-off Gaia Tech verwandelt Abf?lle aus der Oliven?lproduktion in hochwertige Antioxidantien, die in Kosmetika oder Lebensmitteln eingesetzt werden k?nnen. So werden aus Resten wertvolle Rohstoffe.

Substanz, die wie dunkler Honig aussieht, läuft von Löffel auf Glasschale.
Aus Oliventrester lassen sich hochwertige Komponenten gewinnen. Der Rohextrakt erinnert an dunklen Honig. (Bild: Gaia Tech)

Das Ziel stand von Anfang an fest. ?Ich wollte eine L?sung finden, um landwirtschaftliche Abf?lle weiterzuverwenden und so zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft beitragen?, sagt Claudio Reinhard. Bereits für seinen Masterabschluss in Maschineningenieurwissenschaften an der ETH Zürich entschied er sich daher für eine Forschungsarbeit zur Nutzung von Biokohle in Tunesien. Dort lernte er den heimischen Olivenanbau kennen und sah, welch riesige Mengen an Resten bei der ?lproduktion anfallen. Zu Lasten der Umwelt – die Reste sind sch?dlich für Grundwasser und B?den und setzen das Treibhausgas Methan frei. ?Eine Flasche Oliven?l verursacht Abf?lle, die der Menge von vier Flaschen entsprechen?, so Reinhard. Weltweit kommen so j?hrlich rund 12 Millionen Tonnen an Abf?llen, sogenannter Oliventrester, bestehend aus Schalen, Fruchtfleisch, Kernen und Abwasser zusammen.

Mit dem Abfall geht zugleich ein wertvoller Schatz an natürlichen Inhaltsstoffen verloren, für den es aber entsprechendes Know-how und Technologien braucht, um ihn zu heben – anstatt ihn wie üblich einfach zu verbrennen oder im besten Fall für Biogasanlagen oder die Herstellung von Trester-Oliven?l weiterzuverwenden.

Olivenreste weiterverarbeiten

Um eine solche Technologie zu entwickeln, tat sich Claudio Reinhard mit Laura Nystr?m, Professorin für Lebensmittel-Biochemie an der ETH Zürich, zusammen. Sie lieferte das Know-how im Bereich Lebensmittel, er die technische Expertise. Gemeinsam initiierten sie 2019 das Forschungsprojekt Phenoliva, das von der EU als Projekt des European Institute of Innovation and Technology (EIT) gef?rdert wurde.

?Mit Phenoliva haben wir den Grundstein für das Spin-off Gaia Tech gelegt?, erz?hlt Reinhard. Drei Jahre lang erforschte er im Team mit Nystr?m und weiteren Wissenschaftler:innen der ETH Zürich, welche hochwertigen Inhaltsstoffe und Biokomponenten sich aus Olivenabfall gewinnen lassen und welche Verfahren besonders gut dafür geeignet sind.

Antioxidantien aus biologischer Quelle

Am Ende stand fest: Für die Vermarktung eignen sich vor allem die in den Olivenresten enthaltenen Antioxidantien. ?Bislang wurden 98 Prozent der Antioxidantien einfach weggeworfen?, berichtet Reinhard. Dabei sind sie eine wertvolle natürliche Alternative zu synthetischen oder fossilen Substanzen und k?nnen zum Beispiel Lebensmittel und Tierfutter haltbar machen und in Kosmetika der Hautalterung entgegenwirken. ?Das ist vielen Endkundinnen und Endkunden sehr wichtig, da sie synthetischen Zusatzstoffen kritisch gegenüberstehen?.

Hinzu kommt der Aspekt der Nachhaltigkeit, der von Anfang an im Zentrum von Claudio Reinhards Forschungsarbeit stand. Die Weiterverwendung des Olivenabfalls verringert den ?kologischen Fussabdruck der Oliven?lindustrie deutlich und ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Kreislaufwirtschaft.

Extraktion und Reinigung

Um die Antioxidantien zu gewinnen, wird der Olivenabfall zun?chst in einer Zentrifuge in feste und flüssige Bestandteile getrennt. Die Flüssigkeit durchl?uft anschliessend einen speziell von den Forschenden entwickelten Absorber. Dieser nimmt die Antioxidantien ?hnlich einem Schwamm als Rohextrakt in sich auf. Der Absorber besteht aus einem vollst?ndig biologisch abbaubaren Material, ist mehrmals regenerierbar und kann schliesslich als Dünger den Boden anreichern.

Mit der Extraktion ist der Prozess jedoch nicht abgeschlossen. Bevor die Industrie die Antioxidantien ihren Produkten zusetzen kann, muss der Extrakt gereinigt und weiterverarbeitet werden. ?Der Rohextrakt erinnert an dunklen Honig und ist sehr bitter?, erz?hlt Reinhard. Nur nach mehreren Reinigungsschritten, bei denen Farb- und Bitterstoffe entfernt werden, lassen sich die Antioxidantien von Gaia Tech auf den Markt bringen.

Rechts von drei Männern steht eine Frau. Sie posen für ein Gruppenfoto.
Die Gaia Tech Gründer Enrico Tenaglia, Claudio Reinhard und Samuel Bühlmann gemeinsam mit ETH-Professorin Laura Nystr?m. (Bild: Nadja Steiger)

Je nach Industrie sind die Auflagen recht unterschiedlich. So verarbeitet zum Beispiel die Kosmetikindustrie nur helle, m?glichst ganz weisse Zusatzstoffe in Produkten wie Antiaging-Cremes. Für die Lebensmittelindustrie ist wiederum ein m?glichst geringer Anteil an Bitterstoffen entscheidend. Hinzu kommen regulatorische Auflagen, die von Land zu Land variieren k?nnen.

Erfolgreicher Firmenstart

Seit Gründung im Januar 2021 geht es mit Gaia Tech mit grossen Schritten voran. Nachdem bereits das Forschungsprojekt Phenoliva im Oktober 2021 mit dem EIT Food Impact Preis in der Kategorie Kreislaufwirtschaft ausgezeichnet und 2022 für den angesehenen EIT Impact Award 2022 nominiert wurde. Das Spin-off Gaia Tech gewann im Juni 2023 den mit 100'000 Franken dotierten De Vigier Preis. Und erhielt im Juli 2023 zudem in einer Pre-Seed-Finanzierungsrunde 480'000 Franken von mehreren Investoren. Aktuell bereitet Gaia Tech für die Olivenernte im kommenden Herbst eine Pilotproduktion mit einer landwirtschaftlichen Kooperative in San Marino vor.

Gemeinsam mit seinen zwei Mitbegründern, dem Biomolekularwissenschaftler Enrico Tenaglia und dem Marketingexperten Samuel Bühlmann, will Claudio Reinhard in einem n?chsten Schritt den Kundenkreis erweitern. L?uft alles nach Plan, m?chte er anschliessend die Technologie skalieren und auf andere, vielversprechende landwirtschaftliche Abf?lle übertragen. Denn nicht allein die Oliven?lindustrie hinterl?sst Berge an biologischen Resten. Bei Kaffee, Kakao und vielen weiteren Nutzpflanzen sieht es ?hnlich aus.

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