Wald

Vielf?ltige W?lder k?nnten riesige CO2-Speicher sein – aber nur, wenn die Emissionen sinken

Laut einer neuen Studie k?nnte die Wiederherstellung natürlicher W?lder rund 226 Gigatonnen Kohlenstoff binden – allerdings nur dann, wenn die Menschheit auch ihre Treibhausgasemissionen stark reduziert. Zudem braucht es gemeinsame Anstrengungen zum Erhalt und zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt.


(Bild: Adobe Stock)

In Kürze

  • W?lder k?nnten in Gebieten, wo sie natürlicherweise vorkommen, rund 226 Gigatonnen (Gt) Kohlenstoff binden.
  • Dieses Potenzial kann nur ausgesch?pft werden, wenn die Menschheit gleichzeitig ihre Treibhausgasemissionen reduziert und damit Klimafolgesch?den wie Dürren und Hitze minimiert.
  • 61 Prozent des Potenzials k?nnten erreicht werden, indem bestehende W?lder geschützt werden und bis zu ihrer natürlichen Reife nachwachsen k?nnen.
  • 39 Prozent k?nnten erreicht werden, indem fragmentierte Landschaften durch die Wiederherstellung von ?kosystemen durch lokale Gemeinschaften wieder miteinander verbunden werden.
  • Nur durch die gleichzeitige F?rderung der natürlichen Artenvielfalt kann das CO2-Speicherpotenzial der W?lder maximiert werden.

Soeben wurde in der Fachzeitschrift externe SeiteNature eine neue Studie über das Kohlenstoffspeicherpotenzial von W?ldern ver?ffentlicht. Sie zeigt, dass W?lder weltweit rund 226 Gigatonnen (Gt) Kohlenstoff zus?tzlich binden k?nnten. Die Studie unterstreicht die entscheidende Bedeutung der Erhaltung, Wiederherstellung und nachhaltigen Bewirtschaftung von W?ldern für das Erreichen der internationalen Klima- und Biodiversit?tsziele. Die Forschenden betonen, dass dieses Potenzial durch Anreize für gemeinschaftliche Anstrengungen zur F?rderung der Biodiversit?t erreicht werden kann. An der Studie waren Hunderte von Wissenschaftlern aus aller Welt beteiligt.

Kontroverses Thema

Das CO2-Speicherpotenzial von W?ldern ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Eine ?hnliche Studie, die vor vier Jahren in der Fachzeitschrift Science ver?ffentlicht wurde, ergab, dass durch Wiederaufforstung über 200 Gt Kohlenstoff gebunden werden k?nnten – was etwa 30 Prozent des vom Menschen in die Atmosph?re freigesetzten Kohlenstoffs entspricht.

Damit entbrannte nicht nur eine wissenschaftliche Debatte über die Rolle der Natur im Kampf gegen den Klimawandel. W?hrend weitere Studien die Ergebnisse best?tigten, warnten andere davor, dass das Speicherpotenzial um das Vier- bis Fünffache übersch?tzt worden sein k?nnte. Die Studie weckte zudem Bedenken bezüglich der negativen Auswirkungen von Massenaufforstungen, Kohlenstoffkompensationsprogrammen und Greenwashing.

Um dieses kontroverse Thema anzugehen, hat sich ein internationales Team von hunderten Forschenden unter der Leitung des Crowther Lab der ETH Zürich zusammengeschlossen und das Speicherpotenzial von W?ldern neu bewertet. Dazu verwendeten die Forschenden eine breite Palette von Ans?tzen, einschliesslich umfangreicher bodengestützter Datenaufnahmen und Satellitendaten.

Wege zu vollem CO2-Speicherpotenzial der W?lder

Aufgrund der fortschreitenden Entwaldung liegt das Kohlenstoff-Speicherverm?gen der W?lder weltweit um etwa 328 Gt unter seinem natürlichen Potenzial. Einen Grossteil der gerodeten Fl?chen nutzt der Mensch mittlerweile für Siedlungen und die Landwirtschaft. Ausserhalb dieser Gebiete, in nur dünn besiedelten Regionen, k?nnte die Renaturierung von W?ldern den Forschenden zufolge noch rund 226 Gt Kohlenstoff binden. Etwa 61 Prozent dieses Potenzials k?nnen erreicht werden, indem bestehende W?lder geschützt werden und sich bis zur natürlichen Reife erholen k?nnen. Die restlichen 39 Prozent k?nnen durch die Wiedervernetzung fragmentierter Waldlandschaften, durch nachhaltiges Management und Wiederherstellung von ?kosystemen erreicht werden.

?Die meisten W?lder der Erde sind stark gesch?digt. Die meisten Menschen waren noch nie in einem der wenigen Prim?rw?lder, die es noch gibt?, erkl?rt Lidong Mo, einer der Hauptautoren der Studie. ?Um die Biodiversit?t weltweit wiederherzustellen, muss vor allem die Entwaldung gestoppt werden.?

Porträtfoto von Thomas Crowther
?Nur wenn eine gesunde Artenvielfalt zur bevorzugten Wahl für lokale Gemeinschaften wird, erreichen wir langfristig als positiven Nebeneffekt das volle CO2-?Speicherpotenzial.?
Porträtfoto von Thomas Crowther
Thomas Crowther

Die neuen Daten zeigen weiter, dass ungef?hr die H?lfte des globalen Speicherpotenzials von W?ldern von der Biodiversit?t abh?ngt. Daher betonen die Forschenden, dass Wiederherstellungsmassnahmen auf die natürliche Artenvielfalt abstützen müssen, um das volle Speicherverm?gen zu erreichen. Zudem liesse sich dieses durch nachhaltige Land- und Forstwirtschaft sowie Wiederherstellungsmassnahmen zur F?rderung von Biodiversit?t maximieren.

Wiederherstellung neu definiert

Die Autorinnen und Autoren betonen, dass verantwortungsvolle Wiederherstellung von ?kosystemen eine grundlegend gesellschaftliche Aufgabe ist. Sie beinhaltet zahlreiche Massnahmen wie das Ausscheiden von Schutzgebieten, die natürliche Regenerierung, Renaturierung, Forstwirtschaft, Agroforstwirtschaft und alle anderen von der Gemeinschaft getragenen Bemühungen zur F?rderung der Biodiversit?t. N?tig ist dazu eine gerechte Entwicklung, die durch Richtlinien vorangetrieben wird, welche die Rechte lokaler Gemeinschaften und indigener V?lker priorisieren.

?Wir müssen bei vielen Menschen ein neues Verst?ndnis von Wiederherstellung verankern?, sagt Thomas Crowther, leitender Autor der Studie und Professor an der ETH Zürich. ?Wiederherstellung bedeutet nicht, massenhaft B?ume zu pflanzen, um Kohlenstoffemissionen auszugleichen. Wiederherstellung bedeutet, den Wohlstand zu Millionen von lokalen Gemeinschaften, indigenen V?lkern und Bauern umzulenken, die weltweit die biologische Vielfalt f?rdern. Nur wenn eine gesunde Artenvielfalt zur bevorzugten Wahl für lokale Gemeinschaften wird, erreichen wir langfristig als positiven Nebeneffekt das volle CO2-Speicherpotenzial.?

?Wir brauchen die Natur für das Klima und wir brauchen Klimaschutz für die Natur!?
Thomas Crowther

Das Wissenschaftsteam kommt weiter zum Schluss, dass umweltgerechte Wiederherstellung nicht andere ?kosysteme, die von Natur aus waldfrei sind, wie Tundren oder Grasl?nder, umfassen darf. ?Bei der globalen Wiederherstellung von Natur geht es nicht nur um B?ume?, sagt Constantin Zohner, Senior Scientist an der ETH Zürich. ?Wir müssen die natürliche Biodiversit?t aller ?kosysteme, die für das Leben auf der Erde wichtig sind, schützen – dazu z?hlen auch Wiesen, Moore oder Feuchtgebiete.?

Die Natur als Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel

Die Studie beleuchtet die entscheidende Bedeutung natürlicher, vielf?ltiger W?lder, die bis zu 30 Prozent des vom Menschen verursachten Kohlenstoffs binden k?nnten. Wiederherstellungsmassnahmen ersetzen jedoch keine der Massnahmen zur Reduzierung der Emissionen aus fossilen Brennstoffen. Wenn der Treibhausgasausstoss weiter steige, so warnt die Studie, würden W?lder durch anhaltende Dürren, Waldbr?nde und die Erderw?rmung bedroht. Dies würde auch ihr Kohlenstoff-Speicherverm?gen massiv schm?lern.

?Meine gr?sste Befürchtung ist, dass Unternehmen die Erkenntnisse unserer Studie missbrauchen, um ihre Treibhausgasemissionen nicht senken zu müssen. Aber je mehr Treibhausgase wir ausstossen, desto gr?sser ist die Gefahr für Mensch und Natur. Wir k?nnen allerdings nicht w?hlen, ob wir Emissionen senken oder die Natur schützen wollen – beides ist dringend n?tig. Wir brauchen die Natur für das Klima und wir brauchen Klimaschutz für die Natur?, betont Crowther.

Literaturhinweis

Mo L, Zohner CM, Reich PB, et al. Integrated global assessment of the natural forest carbon potential. Nature, 13. November 2023, DOI: externe Seite10.1038/s41586-023-06723-z

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ETH Zürich
Crowther Lab Kommunikation
ETH Zürich

Weiteres Medienmaterial

Zitate von prominenten Umweltschützern wie Christiana Figueres, der ehemaligen Generalsekret?rin des UNFCCC, und Jane Goodall, Primatenforscherin und Anthropologin, Links zu zus?tzlichen Ressourcen (z. B. internationale Rahmenwerke), Bilder und Videomaterial zum Herunterladen: Polybox der ETH Zürich

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