Der steinige Weg zu den Anfängen des Lebens

Craig Walton ist der erste NOMIS-Fellow am Centre for Origin and Prevalence of Life der ETH Zürich. Mit einer originellen Idee will er herausfinden, unter welchen Bedingungen auf der Erde Leben entstanden ist.

Porträtfoto von Craig Walton
Craig Walton ist der erste NOMIS-Fellow, der am Center for the Origin and Prevalence of Life der ETH Zürich forscht. (Bild: ETH Foundation / Daniel Winkler)

Die Grundidee hinter Craig Waltons Forschung klingt nachvollziehbar: ?Wenn wir den geologischen Zustand der Erde vor Beginn des Lebens wiederherstellen k?nnen, finden wir heraus, wie Leben entstanden ist und wie es weiterbestehen konnte?, erkl?rt der Erdwissenschaftler. ?Dafür will ich planetare Mini-Landschaften in Glasgef?ssen nachbauen.? Doch wie genau sah dieser Zustand aus, und woher kommen die n?tigen Zutaten, um ihn zu reproduzieren?

?Erkenntnisse aus der erdwissenschaftlichen und planetologischen Forschung liefern wichtige Informationen u?ber die Bedingungen auf der Erde vor mehr als vier Milliarden Jahren. Durch die enge Zusammenarbeit mit Forschenden aus anderen Disziplinen, die sich ebenfalls mit dem Ursprung des Lebens besch?ftigen, k?nnen wir weitere Puzzleteile hinzufügen?, sagt der Wissenschaftler.

Um seine hochkomplexe Idee umzusetzen, kann Craig Walton auf das interdisziplin?re Netzwerk des Centre for Origin and Prevalence of Life (COPL) der ETH Zürich zugreifen. ?Am Centre k?nnen wir Wissen bündeln und hoffentlich gemeinsam Fragen beantworten?, erkl?rt Craig Walton begeistert.

Schottische Vulkane und Pokémon

Craig Waltons Interesse für Geologie erwachte fru?h. Er wuchs in Schottland auf, in der N?he von Edinburgh und dessen Hausberg vulkanischen Ursprungs, Arthur’s Seat. Die raue Landschaft Schottlands, die eine wichtige Rolle bei vielen bedeutenden geologischen Entdeckungen spielte, weckte die Leidenschaft des Forschers für Erdwissenschaften. Der zweite Grund, weshalb er dieses Fach gew?hlt hat, überrascht: ?Pokémon?, erkl?rt Walton lachend. ?In den früheren Spielen ging es oft um Steine und darum, wie Leben und Geologie zusammenh?ngen. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch meine Forschung.?

Dass er dieser Forschung nun in der Gruppe von ETH-Professorin Maria Sch?nb?chler am Institut fu?r Geochemie und Petrologie nachgeht, hat er der Partnerschaft zwischen der NOMIS Foundation und der ETH zu verdanken. Nach seinem Doktorat und Forschung an der University of Cambridge bewarb er sich fu?r das drei- bis vierj?hrige NOMIS-ETH-Fellowship und wurde angenommen. ?Das Fellowship gibt mir die Freiheit, Ideen umzusetzen, über die ich seit zehn Jahren nachdenke. Diese Chance, Risiken einzugehen und vision?re Forschung zu betreiben, ist unglaublich wertvoll?, sagt Walton.

Gratis-Mittagessen für frühes Leben?

Er ist überzeugt, dass das COPL der perfekte Ort für seine Forschung ist. ?Die Infrastruktur und die Expertise sind einmalig. Egal ob Materialwissenschaften oder Informatik – für die Suche nach der Entstehung von Leben sind Erkenntnisse aus allen m?glichen Feldern relevant.?

In Maria Sch?nb?chlers Labor kann er auf wichtige Ressourcen zugreifen: Mikrometeoriten und kosmischen Staub, den die ETH-Professorin von einer Expedition aus der Antarktis mitbrachte. Aufgrund seiner bisherigen Forschung vermutet Walton, dass diese pulverf?rmigen ausserirdischen Materialien bei der Entstehung von Leben eine wichtige Rolle spielten. ?Kosmischer Staub ist überall, auf jedem Hausdach. Wahrscheinlich sammelte er sich an bestimmten Stellen der frühen Erde an. Er besteht aus den Elementen, die das Leben braucht, und kann aufgrund seiner instabilen chemischen Form leicht zersetzt werden. Dies k?nnte eine Art ?kostenloses Mittagessen? für das erste Leben gewesen sein?, erkl?rt der Forscher.

Mikroskopische Untersuchung eines Meteoritensplitters
Craig Walton untersucht einen Splitter des Bencubbin-Meteorits, ein metallreicher, kohlenstoffhaltiger Chondrit, der zu den ?ltesten Gesteinsmaterialien im Sonnensystem geh?rt. (Bild: ETH Foundation / Daniel Winkler)

Ein kostenloses Mittagessen allein reiche jedoch nicht aus, um Leben in Gang zu bringen. ?Mich interessiert nicht nur, wie die Chemie des Lebens entstanden ist, sondern auch, wie sie weiterbestehen konnte. Nur wenige Umgebungen h?tten den grossen Appetit des entstehenden Lebens stillen k?nnen. Somit mussten die ersten Formen von Leben schnell lernen, effizient mit den verfügbaren Ressourcen, umzugehen, da die Vorr?te an leicht zug?nglicher ?Nahrung? zur Neige gingen. Mit anderen Worten: Sie haben das Wiederverwerten gelernt?, sagt der Geologe. ?Die Mikroben haben schon vor Milliarden von Jahren herausgefunden, wie man begrenzte Ressourcen am besten nutzt – vielleicht sollte sich die menschliche Zivilisation dies als Vorbild nehmen.?

In seinen Erwartungen bleibt der Forscher realistisch. ?Das Ziel ist nicht, in den n?chsten vier Jahren das R?tsel des Lebens zu l?sen?, lacht er. ?Ich hoffe aber, neue aufregende Aspekte zu entdecken.? Neue Erkenntnisse zur Erde liefern auch Hinweise für die Suche nach Leben auf anderen Planeten. Craig Walton schliesst nicht aus, dass es in den Weiten des Alls Leben gibt oder gab. Er h?lt es jedoch für denkbar, dass die Geschichte des Lebens auf der Erde einzigartig ist. ?Die Chance, dass wir intelligentes Leben finden, sch?tze ich klein ein. Vielleicht sind die grünen Aliens in Wirklichkeit winzige Mikroben.?

Dieser Artikel von Andrea Zeller erschien zuerst in ?Uplift?, dem Magazin der externe SeiteETH Foundation.

NOMIS-ETH-Fellowship-Programm

Das NOMIS Foundation-ETH-Fellowship-Programm gibt jungen Forscherinnen und Forschern die M?glichkeit, in einer einzigartigen Umgebung den Ursprung des Lebens zu erforschen, Risiken einzugehen und Brücken u?ber die Grenzen der Disziplinen zu schlagen. Die Fellowships sind am Centre for Origin and Prevalence of Life der ETH Zu?rich angesiedelt.

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