ETH-Team gewinnt eine Viertelmillion bei Artenvielfalt-Wettbewerb in Brasilien

Im Herzen des Regenwaldes bilden das Summen der Insekten, die Rufe der tropischen V?gel und das Rascheln der Bl?tter ein nat¨¹rliches Orchester. Jedes Blatt, jeder Wassertropfen, jede Tier- und Pflanzenart ist hier Teil eines empfindlichen Gleichgewichts der biologischen Vielfalt, deren unverzichtbare Bedeutung f¨¹r die Welt wir gerade erst zu verstehen beginnen.

Um die Tropenw?lder zu sch¨¹tzen, muss die Forschung diese komplexen ?kosysteme besser verstehen. Das ETH-Team BiodivX hat sich dieser Herausforderung gestellt und als eines von 300 Teams am f¨¹nfj?hrigen globalen Wettbewerb XPRIZE Rainforest teilgenommen. Ziel war es, neue Technologien zu entwickeln, welche die Echtzeit-?berwachung der tropischen Biodiversit?t vorantreiben. Wie im Vorfeld des G20-Gipfels in Rio de Janeiro bekannt gegeben wurde, hat XPRIZE dem Team ETH BiodivX den mit 250¡¯000 US-Dollars dotierten Bonus-Preis verliehen. Das Preisgeld wird zumindest teilweise f¨¹r die Entwicklung von Technologien zur ?berwachung der Biodiversit?t und zur Unterst¨¹tzung lokaler Gemeinschaften verwendet.

Drohnen erfassen Biodiversit?t

Die ETH-Professor:innen Stefano Mintchev und Kristy Deiner haben das Team ETH BiodivX in der Fr¨¹hphase der Pandemie gegr¨¹ndet. Sie vereinten ihr Fachwissen in den Bereichen Robotik und Umwelt-DNA (engl. eDNA, von environmental DNA) und konzipierten eine Methode, um den gesamten Ablauf f¨¹r die ?berwachung der biologischen Vielfalt zu automatisieren und menschliche Eingriffe in gesch¨¹tzte ?kosysteme auf ein Minimum zu reduzieren. In den letzten drei Jahren hat das Team zusammen mit dem Zoo Z¨¹rich w?chentliche Tests im Masoala Regenwald des Zoos durchgef¨¹hrt, um die Fernerkundung und die Probenahme mithilfe von Drohnen zu optimieren.

Als eines von sechs Teams, die sich f¨¹r das Finale qualifiziert hatten, vereinfachte und skalierte ETH BiodivX eine Reihe robuster und zuverl?ssiger Technologien: satelliten- und drohnengest¨¹tzte Fernerkundung, von einer Drohne abgeworfene Sonden zur Sammlung von eDNA-Oberfl?chen- und Wasserproben, von Drohnen abgeworfene Rafts mit Licht- und Klebefallen f¨¹r das Bl?tterdach, eine Kamera zur Aufnahme von Insekten und der umgebenden Baumkronen und schliesslich Audiosensoren zur Erfassung bioakustischer Daten.

R¨¹ckblickend auf das Finale des Wettbewerbs, das im Juli 2024 in der N?he von Manaus in Brasilien stattfand, sagte Stefano Mintchev: ?Wir hatten die Gelegenheit, zusammenzukommen und am Finale teilzunehmen. In nur 24 Stunden mussten wir eine Fl?che von 100 Hektar im Amazonasgebiet untersuchen und eDNA sammeln - zusammen haben wir wirklich gute Arbeit geleistet.?

In dieser Zeit f¨¹hrte das Team insgesamt 54 Fl¨¹ge mit vier Drohnen durch, um die Rafts in den Baumkronen auszusetzen und wieder einzusammeln, eDNA-Proben von ?sten, Bl?ttern und Wasser zu nehmen und Fl¨¹ge zur Fernerkundung durchzuf¨¹hren. Es blieben nur 48 Stunden, um die gesammelte eDNA zu analysieren und zu identifizieren, und das Team arbeitete fieberhaft daran, so viel wie m?glich ¨¹ber die Biodiversit?t des ?kosystems herauszufinden.

Rucksacklabor f¨¹r schnelle DNA-Analyse

?F¨¹r komplexe gesellschaftliche Herausforderungen braucht es ein transdisziplin?res Team?, sagt Kristy Deiner Bei DNA-Analysen kann es Tage oder gar Monate dauern, bis ein Ergebnis vorliegt, doch eines der Ziele des XPRIZE Rainforest Wettbewerbs war es, Erkenntnisse ¨¹ber die Biodiversit?t fast in Echtzeit zu gewinnen. Um dieses Kunstst¨¹ck zu vollbringen, entwickelte Deiner gemeinsam mit ETH-Professor Lo?c Pellissier ein tragbares praxistaugliches Rucksacklabor und ein Analyseprotokoll, mit denen sich die Zeit von der Probenahme bis zum Ergebnis erheblich verk¨¹rzte ¨C von ¨¹blichen 100 auf lediglich 17 Stunden. Das Team konzipierte zudem ein Barcoding-System und nutzte die PCR-Schnelltesttechnologie, die w?hrend der Corona-Pandemie weiterentwickelt wurde.

ETH BiodivX fand im Amazonas-Regenwald eine ¨¹ppige Vielfalt an Lebewesen. Innerhalb der 24 Stunden, die das Team zum Einsammeln der eDNA Zeit hatte, nahm es 740 Abstriche von Pflanzen und filterte 42 Liter Wasser. Anhand dieser Proben bestimmten die Forschenden ¨¹ber 240 Arten, und viele weitere liessen sich mit keiner Methode einem wissenschaftlichen Namen zuordnen. Zu den Ergebnissen des Teams geh?ren die ersten bekannten Drohnenaufnahmen der seltenen Pompadourkotinga (Xipholena punicea). Deiner erkl?rt: ?Die Proben enthielten Millionen von DNA-Sequenzen, aber das Team konnte nur einen kleinen Teil davon bestimmen. Der Rest blieb ungekl?rt, und einige sind wohl in der Wissenschaft gar nicht bekannt.?

Der Sammelprozess wurde durch Robotertechnologie automatisiert, und die Analyse der aus Satellitendaten gewonnenen Bilder und Tausenden von Ger?uschen wurde durch KI und maschinelles Lernen beschleunigt, die von David Dao, Senior Researcher an der ETH Z¨¹rich, implementiert wurden. Er unterst¨¹tzte das Team auch bei der Erstellung interaktiver Dashboards, um die Biodiversit?tsdaten zug?nglich zu machen.

Globales Dorf verwirklicht Traum

Dao, Mitbegr¨¹nder der gemeinn¨¹tzigen Organisation Gain Forest, hatte urspr¨¹nglich selbst am XPRIZE-Wettbewerb teilgenommen. Doch vor dem Halbfinale, das 2023 in Singapur stattfand, brachte Dao sein Team mit dem von Deiner und Mintchev zu ETH BiodivX zusammen. Er unterst¨¹tzte die Arbeit des Teams mit indigenen V?lkern und lokalen Gemeinschaften im Amazonasgebiet. Er ermutigte die Indigene Marina Mura aus S?o Sebasti?o do Uatum?, ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Team festzuhalten. Mura schreibt: ??ber Generationen hinweg haben wir vor allem gelernt, den Wald zu h?ren und zu f¨¹hlen. Der Gedanke, dies auf einen Computer zu ¨¹bertragen und jedes Ger?usch, das die Natur hervorbringt, identifizieren zu k?nnen, war f¨¹r mich die Erf¨¹llung eines Traums?.

Mithilfe von KI-Chatbots digitalisierte Dao das Wissen und den Erfahrungsschatz der Indigenen ¨¹ber den Wald und die Eigenschaften von Heilpflanzen. Ausserdem schuf er mit dem Aufbau einer ?kowirtschaftlichen Zahlungsplattform die Grundlagen daf¨¹r, Anreize zum Schutz der Natur zu bieten. Indigene und lokale Gemeinschaften im Amazonasgebiet wurden zu leitenden Mitgliedern des ETH BiodivX Teams. Dieses bestand aus 51 Fachleuten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Journalismus und Kunst. 14 L?nder und Institutionen waren im Team vertreten. Dazu geh?rten unter anderem die ETH-Professor:innen Stefano Mintchev, Kristy Deiner, Lo?c Pellissier und Tom Crowther, die drei ETH-Spin-offs Restor, Diaxxo und SimplexDNA.