Erfolgreicher Test bei Brustkrebs-Patientinnen: Der Wirkstoff Digoxin, bekannt aus der Herzmedizin, l?st Klümpchen von zirkulierenden Brustkrebszellen im Blut auf und reduziert so die Gefahr von Metastasenbildung.
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In Kürze
- Der Wirkstoff Digoxin, eine Substanz aus dem Fingerhut, reduziert die Zahl der Zellen in H?ufchen von im Blut zirkulierenden Brustkrebszellen.
- Diese H?ufchen sind verantwortlich für die Bildung von Ablegern in anderen Organen. Je kleiner die Cluster, desto weniger Metastasen k?nnen sich bilden.
- Damit k?nnte der Wirkstoff andere Krebsmittel erg?nzen, die den Prim?rtumor bek?mpfen.
Gewisse Tumortypen bleiben nicht an ihrem Ursprungsort, sondern verbreiten sich im ganzen K?rper und bilden Ableger. Denn der Prim?rtumor gibt laufend Krebszellen ins Blut ab. Diese im Blut zirkulierenden Tumorzellen (englisch: circulating tumor cells, CTC) k?nnen sich zu kleinen H?ufchen von bis zu einem Dutzend Zellen zusammenschliessen und sich in anderen Organen einnisten. Dort wachsen die Cluster zu gr?sseren Tumoren, sogenannten Metastasen. Metastasierende Tumore sind noch immer ein grosses medizinisches Problem: Jedes Jahr sterben daran weltweit rund sieben Millionen Menschen.
Ein solch streuender Tumor ist beispielsweise der Brustkrebs. Sobald der Prim?rtumor Ableger bildet, sinken die ?berlebenschancen drastisch. Noch immer sterben weltweit zehntausende von Frauen an metastasierendem Brustkrebs. OnkologInnen suchen deshalb nach Wegen, die Cluster zu schw?chen oder zu vernichten, um die Bildung von Ablegern zu verhindern.
Metastasenrisiko stark reduziert
In einer neuen Studie, die soeben in der Fachzeitschrift Nature Medicine erschienen ist, zeigt ein Team von ForscherInnen der ETH Zürich, der Universit?tsspit?ler von Basel und Zürich sowie des Kantonsspitals Baselland einen neuen, vielversprechenden Ansatz.
In einer klinischen Studie verabreichten die Forschenden neun Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs eine Woche lang das Medikament Digoxin in niedriger und sicherer Dosierung.
Das Ergebnis: Die Zahl der Zellen pro Cluster nahm signifikant ab – im Durchschnitt um 2,2 Zellen. Angesichts der typischen Clustergr?ssen von nur einer Handvoll Zellen bedeutet dies eine deutliche Reduktion des Metastasenrisikos. Denn je kleiner die Cluster sind, desto weniger sind sie in der Lage, erfolgreich Metastasen hervorzubringen. ?Die Bildung von Ablegern bei Brustkrebs h?ngt von CTC-Clustern ab?, betont Studienleiter Nicola Aceto, Professor für Molekulare Onkologie an der ETH Zürich. ?Je gr?sser sie sind, desto erfolgreicher sind sie.?
Die Achillesferse der CTC-Cluster sind die Natrium-Kalium-Pumpen (Na+/K+-ATPasen genannt), die in den Membranen der Tumorzellen sitzen und dafür verantwortlich sind, dass Natrium aus den Zellen und Kalium in die Zellen bef?rdert wird. Digoxin blockiert diese Ionen-Pumpen und unterdrückt somit den Ionenaustausch. Die Zellen nehmen deshalb verst?rkt Kalzium von der Aussenseite der Zellmembran in sich auf. Dies schw?cht den Zusammenhalt der Krebszellen im Cluster, sodass diese auseinanderfallen.
Digoxin alleine beseitigt den bestehenden Tumor jedoch nicht. Das Mittel müsste in Kombination mit anderen Substanzen, die bestehende Krebszellen t?ten, abgegeben werden.
Forschende wollen Wirkstoff verbessern
Der Wirkstoff Digoxin stammt ursprünglich aus dem Fingerhut (Digitalis sp.) und wird in der Regel bei Herzleiden wie Herzinsuffizienz verwendet. Dass Digoxin auch im Zusammenhang mit Brustkrebs wirksam sein k?nnte, entdeckten die ETH-Forschenden im Jahr 2019. Sie führten ein umfangreiches Screening durch, bei dem sie mehr als 2400 verschiedenen Substanzen systematisch in Zellkulturen testeten, um aktive Wirkstoffe gegen Cluster von zirkulierenden Tumorzellen (CTC) zu finden.
In einem n?chsten Schritt wollen die Forschenden auf Basis von Digoxin neue Moleküle entwickeln, die die CTC-Cluster noch besser aufl?sen. Der ETH-Spin-off Page Therapeutics arbeitet bereits daran.
Darüber hinaus will Aceto seine Forschung ausweiten auf weitere streuende Krebstypen wie Prostata-, Darm- oder Pankreaskrebs sowie das Melanom. In seinem Labor sind erste Versuche dazu bereits angelaufen.
Die vorliegende Studie ist ein Vorzeigeprojekt für eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen der ETH Zürich und verschiedenen Spit?lern, darunter die Universit?tsspit?ler Basel und Zürich sowie das Kantonsspital Baselland. Die Partner in den Spit?lern haben die Patientinnen rekrutiert und die klinischen Versuche durchgeführt.
Literaturhinweis
Kurzeder, C., Nguyen-Str?uli, B.D., Krol, I. et al. Digoxin for reduction of circulating tumor cell cluster size in metastatic breast cancer: a proof-of-concept trial. Nat Med (2025). DOI: externe Seite 10.1038/s41591-024-03486-6