Cluster machen Unternehmen erfolgreicher

Immer schneller, immer globaler, immer komplexer – die Innovations- und Produktzyklen beschleunigen sich kontinuierlich. Der beste Weg mitzuhalten: Enger Wissensaustausch innerhalb eines Clusters. Dies ist das Ergebnis einer Studie am Lehrstuhl für Strategisches Management und Innovation der ETH Zürich.

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In einem Cluster arbeiten Unternehmen an ?hnlichen Problemstellungen. Hinzu kommt die r?umliche N?he. Das erh?ht die Bereitschaft zum Austausch. (Bild: Ausschnitt aus dem Cover der Studie Geilinger N et al. 2015)

Warum sind Firmen in einem Cluster innovativer? Und was macht einen Cluster besonders erfolgreich? Diesen Fragen sind Professor Georg von Krogh, Professor für Strategisches Management und Innovation der ETH Zürich, und Nina Geilinger, Doktorandin an derselben Professur, in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, Bereich Standortf?rderung, nachgegangen. Dazu haben sie Cluster in den Bereichen Biotech, Cleantech und ICT (Informations- und Kommunikationstechnologie) im Kanton Zürich untersucht.

ETH-News: Innovation ist für alle Unternehmen wichtig. Weshalb haben Sie die Branchen Biotech, Cleantech und ICT ausgew?hlt?

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Georg von Krogh. (Bild: zvg / ETH Zürich)

Von Krogh: Die Geschwindigkeit und Verbreitung technologischer Innovationen hat sich deutlich erh?ht – ganz besonders in wissensintensiven Bereichen wie Biotech, Cleantech oder ICT. Brauchte zum Beispiel das Auto noch 84 Jahre, bis etwa 50 Prozent der Bev?lkerung in den USA eines besass, hatte innerhalb von nur zehn Jahren die H?lfte einen Internetzugang. Diese Entwicklung bedeutet für technologieintensive Unternehmen, dass sie immer schneller neue Produkte kreieren müssen – und das mit Blick auf den weltweiten Markt und Wettbewerb. Konzerne wie Apple oder IBM treiben diese Entwicklung an, aber auch kleine Firmen und Gründer irgendwo auf der Welt k?nnen pl?tzlich mit einer innovativen Idee den Markt radikal ver?ndern.

Welche Rolle spielen Cluster dabei?
Von Krogh: Kenntnisse aus einem beschr?nkten Wissensbereich reichen oft nicht aus, um in technologieintensiven Branchen ein neues Produkt zu entwickeln. Ein Cluster erm?glicht den schnellen und direkten Austausch von Wissen. Eine gute lokale Vernetzung tr?gt dazu bei, global zu bestehen.

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Nina Gelinger. (Bild: zvg / ETH Zürich)

Geilinger: Vor allem im High-Tech-Bereich entstehen Cluster h?ufig durch Startup-Aktivit?ten aus Hochschulen und sind darum um diese herum konzentriert. In Clustern kennen sich die Mitarbeitenden verschiedener Unternehmen entweder pers?nlich, von früheren gemeinsamen Arbeitgebern oder aus dem Studium. Man trifft sich spontan in ungezwungener Atmosph?re und tauscht Erfahrungen oder noch unausgereifte Ideen aus, was auf einer globalen Kontaktebene seltener passiert. Genau dort liegt der wertvollste Austausch im Cluster.

In der Regel teilen Unternehmen nur ungern ihr Wissen. Wie entsteht innerhalb eines Clusters die Bereitschaft, sich zu ?ffnen und auszutauschen?
Von Krogh: Das ist das Besondere an einem Cluster. Hier arbeiten Unternehmen an ?hnlichen Problemstellungen, und das erh?ht die Bereitschaft zum Austausch. Hinzu kommt die r?umliche N?he. Diese N?he schafft Vertrauen, das sich über Videokonferenzen oder gelegentliche Meetings nicht so einfach herstellen l?sst. Auch führen Projektzusammenarbeit und regelm?ssige Treffen zu informellen, pers?nlichen Kontakten. Oft sind es zuf?llige Gespr?che, bei denen relevantes Wissen geteilt wird.

Geilinger: Natürlich gibt es in fast jedem Unternehmen Wissen, das der Geheimhaltung unterliegt. Aber viele Unternehmen sind sich bewusst, dass sie in einem Vakuum nicht überleben werden. Darum geben sie Wissen an andere weiter, um dann auch von deren Erfahrungen und Know-how zu profitieren. Unsere Studie hat ausserdem ergeben, dass ein Cluster umso erfolgreicher ist, je n?her die Produkt- und Forschungsbereiche miteinander verwandt sind.

K?nnen Sie ein Beispiel nennen?
Geilinger: Die Unternehmen in den Zürcher Clustern Biotech und ICT profitieren zum Beispiel bisher mehr voneinander als die im Bereich Cleantech. Hier sind die Produkte und Zielstellungen weiter gestreut. So entwickelt der eine Anlagen für die Energierückgewinnung aus Abfall und der andere Solarmodule. Da ergeben sich nur wenige ?berschneidungen. Ausserdem hat das ICT-Cluster den Vorteil, über Jahre organisch gewachsen zu sein. Auch ein Cluster braucht Zeit, sich zu entwickeln.

Wie sind Sie zu Ihren Ergebnissen gelangt?
Geilinger: Wir haben Gesch?ftsführer und Führungskr?fte aus den Clustern im Kanton Zürich befragt. Insgesamt wurden 87 pers?nliche Interviews geführt. Diese erg?nzten wir mit einer standardisierten Umfrage und einer Literaturanalyse. Wir wollten in die Tiefe gehen statt nur oberfl?chliche und quantitative Daten zu analysieren.

Was hat die Studie in Bezug auf die Cluster im Kanton Zürich ergeben?
Geilinger: Der Austausch mit Hochschulen ist für Cluster ebenso wichtig wie jener mit Mentoren, Business Angels, Kunden und Konkurrenten. Das ist hier alles gegeben und damit ein entscheidender Vorteil des Cluster-?kosystems im Kanton Zürich.

Und im weltweiten Vergleich?
Von Krogh: Im Bereich ICT ist Silicon Valley natürlich an Gr?sse und Diversit?t nicht zu übertreffen, auch wenn der Kanton Zürich das Zentrum der Schweizer ICT-Industrie ist. Der Vorteil der heimischen Cluster ist, dass sich die Firmen und ihre Mitarbeitenden oft sehr gut kennen. Das erleichtert den Informationsfluss und beschleunigt damit den Innovationsprozess.

Geilinger: Im Kanton Zürich liegen ausserdem Hochschulen und Firmen nah beieinander. Zudem sind die Cluster mit der Wissenschaft sehr gut vernetzt.

Wie kann die positive Wirkung von Clustern auf die Prozess- und Produktinnovation der Firmen weiter verst?rkt werden?
Geilinger: Die Beh?rden k?nnen hier eine noch aktivere Rolle einnehmen. Zum Beispiel sind weitere Finanzierungsgesellschaften für Start-ups, eine einheitliche Markenidentit?t vom Cluster-?kosystem und internationale Konferenzen und Messen in Zürich wichtig. Zudem sollten der Wissensaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ausgebaut werden. Dazu wird der Innovationspark in Dübendorf beste Voraussetzungen schaffen.

Von Krogh: Wenn sich beispielsweise führende Konzerne wie Google in der ICT-Branche irgendwo niederlassen, lernen die kleineren Firmen sehr viel und sehr schnell von ihnen. Gleichzeitig lassen sich solche Konzerne nur dort nieder, wo bereits viel Wissen vorhanden ist. Hinzu kommt, dass Grossunternehmen geeignete Partner von kleinen Firmen sind.

Wie werden sich die M?rkte künftig weiter entwickeln? L?sst sich die Produktinnovation noch weiter beschleunigen?
Von Krogh: Je nach Markt sind unterschiedliche Entwicklungen zu erwarten. Nicht alle M?rkte sind offen für technologische Beschleunigung. Das kann an den fehlenden Mitteln der Kunden liegen oder daran, dass die Menschen nicht mehr gewillt sind, in immer Neues zu investieren. Grunds?tzlich erwarte ich, dass sich die Konsumenten in vielen Bereichen neu orientieren werden, dass sie vermehrt Produkte nur einmal kaufen und danach zunehmend teilen. Das Auto ist dafür pr?destiniert. Die Idee von der Sharing Economy wird m?glicherweise einen Einfluss auf das Investitionsverhalten von Firmen haben, was dann auch deren Innovationsaktivit?ten beeinflussen k?nnte. Innovation durch intensives Teilen von Wissen über Firmengrenzen hinaus wird unumg?nglich sein.

Geilinger: Unternehmen in den Clustern im Kanton Zürich k?nnen sich zudem noch deutlich weiterentwickeln, wenn sie neuartige Gesch?ftsmodelle und Managementans?tze einsetzen.

Literaturhinweis

Vergr?sserte Ansicht: Cover Cluster-Studie

Geilinger N, Krogh G, H?fliger S: externe SeiteDas Cluster-Ecosystem im Kanton Zürich und sein Einfluss auf den Innovationsprozess - Eine Studie der Cluster Biotech, Cleantech und ICT im Cluster-Ecosystem des Kantons Zürich, Lehrstuhl für Strategisches Management und Innovation der ETH Zürich in Kooperation mit Amt für Wirtschaft und Arbeit Kanton Zürich, Bereich Standortf?rderung, Juni 2015

Die Studie kann als Druck bezogen werden über

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