Die Geburt eines Planeten beobachten

Astronomen der ETH Zürich haben die Existenz eines jungen, gasf?rmigen Riesenplaneten best?tigt. Dieser liegt noch immer mitten in einer Scheibe aus Gas und Staub, die seinen Mutterstern umgibt. Damit k?nnen Wissenschaftler erstmals die Planetenentstehung in einem sehr frühen Stadium direkt untersuchen.

Vergr?sserte Ansicht: Gasplanet in der Umgebung des Sterns HD 100546
Die Bildung des riesigen Gasplaneten (rechts) in der Umgebung des Sterns HD 100546 (links) ist mit grosser Wahrscheinlichkeit noch nicht abgeschlossen. Astronomen k?nnen daher seine Entstehung beobachten. (Visualisierung: ESO/L. Cal?ada)

Eine ganze Nacht lang war eine hochaufl?sende Infrarotkamera des Riesenteleskops VLT in Chile auf ein einziges Objekt gerichtet, obwohl Beobachtungszeit bei der Europ?ischen Südsternwarte ESO auf dem Berg Paranal sehr kostbar ist. Mit Hilfe der Daten, die das Instrument namens Naco dabei sammelte, konnte ein internationales Team unter der Leitung von Sascha Quanz von der ETH Zürich seine früher aufgestellte Hypothese best?tigen: Ein junger, gasf?rmiger Planet – der unserem Jupiter wahrscheinlich nicht un?hnlich sein dürfte – umkreist den Stern mit der Bezeichnung HD 100546.

In astronomischen Massst?ben gilt HD 100546 mit einem Alter von fünf bis zehn Millionen Jahren als jung und z?hlt mit einer Entfernung von ?nur? 335 Lichtjahren zu unserer kosmischen Nachbarschaft. Wie viele junge Sterne ist er von einer grossen Gas- und Staubscheibe umgeben. In deren ?usseren Region befindet sich der junge Planet, etwa 50 Mal weiter entfernt von seinem Mutterstern, als die Erde von der Sonne.

Unwahrscheinliches Schleuderszenario

Bereits 2013 hatte das Team eine erste Forschungsarbeit ver?ffentlicht, in der es die Existenz dieses jungen Planeten vermutete. Damals diskutierten die Forscher aber noch eine andere Erkl?rung für die gesammelten Daten: Beim beobachteten Objekt k?nnte es sich auch um einen zwar bedeutend gr?sseren, jedoch ?lteren Riesenplaneten handeln, der weiter innen in der zirkumstellaren Scheibe gebildet und hinausgeschleudert wurde. ?Ganz ausschliessen k?nnen wir dieses Szenario noch immer nicht?, gibt Sascha Quanz zu. ?Aber es ist sehr viel unwahrscheinlicher als unsere Erkl?rung, dass es sich dabei um einen entstehenden Planeten handelt.?

W?re das Objekt früher weiter innen entstanden, h?tte es genau in der Ebene der Gas- und Staubscheibe herausgeschleudert werden müssen und zwar zum richtigen Zeitpunkt, so dass es die Forscher jetzt beobachten konnten. ?Das w?re ein sehr grosser Zufall?, sagt Sascha Quanz. Deshalb bevorzuge man die naheliegende Interpretation, die in diesem Fall schon exotisch genug sei. Aufgrund der neuen Beobachtungen sind die Forscher zudem sicher, dass das gemessene Signal nicht von einer Hintergrundquelle stammen kann. ?Am besten erkl?ren lassen sich die beobachteten Eigenschaften tats?chlich mit einem neu entstehenden Planeten, eingebettet in die Scheibe um seinen Mutterstern?, so das Fazit der Studie, die im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts ?PlanetS? entstanden ist und jetzt in der Fachzeitschrift ?Astrophysical Journal? ver?ffentlicht wird.

Kosmisches Labor

Der Planet – HD 100546 b genannt – ist das erste derartige Objekt, das bisher entdeckt wurde. ?Es liefert uns einzigartige Beobachtungsdaten zum Entstehungsprozess eines riesigen Gasplaneten,? sagt Sascha Quanz. Wie, wo und wann in den Scheiben um junge Sterne Riesenplaneten geformt werden, untersuchte man bisher vor allem theoretisch oder mit Hilfe von Computersimulationen. ?Jetzt haben wir ein ?Labor?, aus dem wir empirische Informationen beziehen k?nnen?, erkl?rt der ETH-Forscher.

Andere Astronomen haben zwar inzwischen zwei weitere junge Sterne gefunden, von denen man annimmt, dass sie junge Riesenplaneten beherbergen, doch diese Objekte scheinen in einem etwas sp?teren Entwicklungsstadium zu sein: Auf ihren Umlaufbahnen haben sie bereits grosse Lücken in den Scheiben, in die sie eingebettet sind, hinterlassen. Solche Leerstellen fehlen in der Umgebung von HD 100546 b.

?Unser Objekt befindet sich noch immer im Entstehungsprozess und scheint immer noch von sehr viel Staub und Gas umgeben zu sein?, sagt Sascha Quanz. Neben der zirkumstellaren Scheibe um den Stern, k?nnte es also eine kleinere, zirkumplanetare Scheibe geben, die den neu entstehenden Planeten umgibt.

W?rmestrahlung aus grossem Bereich

Aufgrund der Beobachtungen in drei verschiedenen Wellenl?ngenbereichen konnten die Forscher eine erste Sch?tzung der Temperatur und Gr?sse des Objekts ableiten. Danach scheint es in einem Gebiet, dessen Durchmesser sieben Jupiterdurchmessern entspricht, im Mittel über 600 Grad Celsius heiss zu sein. Dass die W?rmestrahlung aus einem so grossen Bereich stammt, spricht dafür, dass es sich bei der Quelle um eine Kombination von einem jungen Planeten und einer zirkumplanetaren Scheibe handelt. Künftige Beobachtungen mit dem Radioteleskop Alma in der chilenischen Atacama-Wüste sollen best?tigen, dass der entstehende Planet tats?chlich selbst von einer Scheibe umgeben wird, und Hinweise auf deren Masse und Ausmass liefern.

Und vielleicht wird HD 100546 für noch mehr Erkenntnisse sorgen: Aufgrund früherer Beobachtungen des Sterns vermuten die Astronomen, dass ein zweiter Planet um ihn kreisen k?nnte. Er w?re dem Stern ungef?hr fünfmal n?her als der jetzt nachgewiesene junge Planet. M?glicherweise k?nnen die Astronomen also sogar die Entstehung von mehreren Planeten im gleichen System beobachten. Allerdings muss die Existenz des zweiten, inneren Planeten noch gesichert werden. ?berraschend w?re sie nicht: Viele der bisher fast 2000 entdeckten Exoplaneten geh?ren zu einem System mit mehreren Planeten – wie unser Sonnensystem.

Literaturhinweis

Quanz SP, Amara A, Meyer MR, Girard JH, Kenworthy MA, Kasper M: Confirmation and characterization of the protoplanet HD 100546 b, Astrophysical Journal, 1. Juli 2015, doi: externe Seite10.1088/0004-637X/807/1/64externe Seite

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