Wie die High Plains entstanden
Einem Buckel des Erdmantels war es zu verdanken, dass sich am Fuss der Rocky Mountains die High Plains bildeten, die für die Biodiversit?t und die US-Landwirtschaft von gr?sster Wichtigkeit sind. ETH-Geologe Sean Willett untersuchte mit Kollegen der Universit?t Nevada, wie sich diese aussergew?hnliche Landschaft entwickelt.
Am ?stlichen Fuss der Rocky Mountains im Mittleren Westen erstreckt sich über mehrere Bundesstaaten eine aussergew?hnliche Landschaft: die High Plains. Auf diesen nur ganz sanft geneigten Ebenen – auf einer L?nge von rund 500 Kilometern senken sich diese bloss um 200 Meter ab – herrschen einzigartige ?kologische Bedingungen, und sie sind eine geologische Besonderheit.
In den High Plains liegen 100'000 kleine saisonale Seen, Playas genannt, die mehrheitlich durch Regenwasser gespeist werden und in Trockenperioden austrocknen. Die Seen sind ein wichtiges Brut-, Rast- und ?berwinterungsgebiet für Millionen von V?geln, und sie versorgen auch ein Grundwasserreservoir, den Ogallala-Aquifer. Dieser ist das gr?sste Grundwasserreservoir Nordamerikas und mit einer Ausdehnung von 450'000 Quadratkilometern mehr als zehnmal so gross wie die Schweiz. Ohne dieses Grundwasservorkommen w?re Landwirtschaft in dieser trockenen Region kaum m?glich.
Mitnichten geologisch uninteressant
Geologen haben sich jedoch kaum mehr mit den High Plains befasst. ?Die Gegend ist für einen Alpengeologen zu flach und gilt als uninteressant?, schmunzelt Sean Willett, Professor für Geologie an der ETH Zürich. Er und zwei Kollegen von der Universit?t Nevada wurden dann aber durch Zufall auf ?merkwürdige Muster der Flüsse?, welche die High Plains durchziehen, auf das Gebiet aufmerksam. Und nun zeigen sie in einer Publikation in externe Seite Nature die ungew?hnliche geologische Geschichte der Region nach.
Entstanden sind die weiten Ebenen vor 20 Millionen Jahren. Die Erdwissenschaftler gehen davon aus, dass aufstossendes Material im Erdmantel eine Art Buckel bildete, der sich von West nach Ost unter der Kontinentalplatte hindurch verschob. Zuerst hob dieser Buckel das Colorado-Plateau an, dann die Rockies und in heutiger Zeit schliesslich die Ebenen selbst. Dadurch stieg das Gef?lle von den Bergen hin zu diesen Ebenen, die Erosion von Material nahm zu. W?hrend 15 Millionen Jahren ergoss sich eine massive Sedimentflut aus den Bergen über die an ihrem Fuss gelegenen Ebenen und Flusst?ler.
Flüsse transportierten das Material weg und lagerten es als hunderte von Kilometern messende Schwemmf?cher am Fuss der Berge ab. Flusst?ler wurden mit Kies und grobem Sand aufgefüllt, die daran angrenzenden Gebiete vollst?ndig mit feinem Material ?gepflastert?.
Kalkschicht dichtete Seen ab
Weil die Schwemmf?cher ein nur geringes Gef?lle aufwiesen, fehlten Flüsse mit starker erodierender Kraft. So konnten sich auf ihren mit feinem Sand, Schlamm und Lehm versiegelten Ebenen Seen bilden, da Regenwasser in Senken lange stehen blieb. Chemische Prozesse liessen die Seeb?den mit der Zeit verkalken. So entstanden bis zu 10 Meter dicke Kalkschichten. Schliesslich bildeten sich Risse im Kalk, durch welche das Wasser versickerte und ein Grundwasservorkommen von fast unvorstellbarem Volumen und einer gewaltigen Ausdehnung schuf.
Vor rund drei bis fünf Millionen Jahren stoppte der Sedimentzustrom. Seither haben sich die High Plains (abgesehen von den menschlichen T?tigkeiten) geologisch gesehen kaum ver?ndert. ?Sie sind eine sehr alte Landschaft?, sagt Willett.
Die Flüsse aus den Rocky Mountains aber suchten sich neue Wege und frassen sich dabei an den R?ndern der urzeitlichen Schwemmf?cher immer tiefer in den Untergrund ein. Dieser Prozess ist nicht abgeschlossen und auch nicht aufzuhalten: Die Flüsse tragen die Schwemmf?cher weiter ab, was an den Klippen sowie den baumartigen Mustern, die B?che und Flüsse in den Untergrund graben, zu erkennen ist. ?Was wir heute sehen, ist ein ?bergangszustand dieser Landschaft?, betont der ETH-Professor. ?Bis in fünf Millionen Jahren werden die High Plains restlos abgetragen sein.?
Zerfall der Schwemmf?cher unaufhaltsam
Eine unmittelbare Gef?hrdung des Grundwasservorkommens sieht Willett nicht. Dennoch müsse man sich im Klaren darüber sein, dass die Kr?fte, welche die High Plains zersetzen, schon heute darüber bestimmten, wo Grundwasser vorkomme und wo Landwirtschaft m?glich sei.
Die High Plains sind weltweit einzigartig. Zwar gibt es solche gigantischen Schwemmf?cher auch in Südamerika und im indischen Teil des Himalajas. ?Aber die High Plains sind seit vier bis fünf Millionen von Jahren inaktiv, w?hrend sich die übrigen grossen Schwemmf?cher noch immer aktiv weiterentwickeln?, sagt der Forscher.
Literaturhinweis
Willett S, McCoy SW, Beeson HW. Transience of the North American High Plains landscape and its impact on surface water. Nature (2018), published online Sept 19th. doi:externe Seite 10.1038/s41586-018-0532-1