Globale Auswirkungen der Kohlekraft

Mit Daten und Modellierungen von knapp 8000 Kohlekraftwerken pr?sentieren Forschende der ETH Zürich das bisher genaueste weltweite Bild, wie sich die Energiegewinnung aus Kohle auf das Klima und auf die menschliche Gesundheit auswirkt.

Kohlekraftwerke
Die meistverschmutzenden zehn Prozent der Kohlekraftwerke sind für mehr als die H?lfte der gesundheitlichen Sch?den verantwortlich. (Bild: Shaowolle / iStock)

Kohlekraftwerke produzieren nicht nur Kohlendioxid und treiben damit die Klimaerw?rmung voran. Sie stossen beim Verbrennen der Kohle auch Feinstaub, Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und Quecksilber aus – und beeintr?chtigen deshalb auf vielf?ltige Weise die Gesundheit vieler Menschen auf der Welt. Um absch?tzen zu k?nnen, wo der Handlungsbedarf am dringlichsten ist, hat die Forschungsgruppe von Stefanie Hellweg vom Institut für Umweltingenieurwissenschaften der ETH Zürich für jeden einzelnen der weltweit 7861 Kraftwerksbl?cke die unerwünschten Nebenwirkungen der Kohlekraft modelliert und berechnet.

Ungleiche Schadstoffbelastung

Ihre kürzlich in der Zeitschrift ?externe SeiteNature Sustainability? erschienenen Resultate zeigen, dass zwar China und die USA die beiden gr?ssten Kohlestromproduzenten sind, aber dass die Kraftwerke in Indien den weltweit h?chsten gesundheitlichen Tribut fordern. W?hrend in Zentraleuropa, Nordamerika und China vor allem moderne Kraftwerke stehen, gibt es in Osteuropa, Russland und Indien noch viele ?ltere Kraftwerke, die mit einer unzureichenden Rauchgasreinigung ausgestattet sind. In solchen Kraftwerken wird deshalb nur ein Bruchteil der Schadstoffe entfernt – aber zugleich oft Kohle von minderwertiger Qualit?t verbrannt. ?Mehr als die H?lfte der gesundheitlichen Auswirkungen k?nnen auf nur einen Zehntel der Kraftwerke zurückgeführt werden. Diese Kraftwerke sollten m?glichst bald aufgerüstet oder abgeschaltet werden?, sagt Christopher Oberschelp, der Erstautor der Studie.

Vergr?sserte Ansicht: Weltkarte Gesundheitsschäde der Kohlekraft
Menschen in Indien, Asien und Osteuropa leiden gesundheitlich am st?rksten unter den emittierten Schadstoffen von Kohlekraftwerken. (Grafik: Christopher Oberschelp / ETH Zürich)

Eine Frage der Qualit?t

Das globale Bild der Energiegewinnung aus Kohle zeigt, dass sich der Graben zwischen privilegierten und benachteiligten Regionen verbreitert. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens importieren die wohlhabenden L?nder etwa in Europa hochqualitative Kohle mit einem hohen Brennwert und einem tiefen Ausstoss an gesundheitssch?dlichem Schwefeldioxid. Den ?rmeren kohleexportierenden L?ndern (etwa Indonesien, Kolumbien oder Südafrika) bleibt die niedrigqualitative Kohle, die sie oft in veralteten Kraftwerken ohne moderne Rauchgasreinigung zur Entfernung des Schwefeldioxids verbrennen. Zweitens ?tragen wir in Europa mit unseren eigenen Kraftwerken zur Klimaerw?rmung bei, die sich global auswirkt. Doch die lokalen Gesundheitsbeeintr?chtigungen durch Feinstaub, Schwefel- und Stickstoffoxide entstehen vor allem in Asien, wo mit dem Kohlestrom ein Grossteil unserer Konsumprodukte hergestellt wird?, sagt Oberschelp.

Kohlekraft droht weltweit zu wachsen

Das weltweite Kohlevorkommen reicht noch für mehrere hundert Jahre, die gesundheitssch?dlichen Emissionen müssen deshalb politisch begrenzt werden. ?Es gilt besonders, die mit Quecksilber und Schwefel hochbelastete Kohle in der Erde zu lassen?, sagt Oberschelp. Eigentlich müsste eine Reduktion der gesundheitlichen Folgen der Energiegewinnung aus Kohle eine globale Priorit?t sein. ?Doch aufgrund der fortschreitenden Industrialisierung, vor allem in China und Indien, droht eine Verschlechterung der Situation?, schreiben die Forschenden um Hellweg in ihrem Fachbeitrag.

Die anf?nglichen Investitionskosten für den Bau eines Kohlekraftwerks sind hoch, aber die anschliessenden Betriebskosten niedrig. Deshalb sind die Kraftwerksbetreiber aus wirtschaftlichen Gründen an einer langen Laufzeit ihrer Verbrennungsanlagen interessiert. ?Die beste Option ist deshalb, keine neuen Kohlekraftwerke zu bauen. Wir sollten unter gesundheitlichen und ?kologischen Gesichtspunkten von der Kohle weg hin zum Erdgas – und l?ngerfristig zu den erneuerbaren Energien?, sagt Oberschelp.

Literaturhinweis

Oberschelp C, Pfister S, Raptis CE, and Hellweg S.: Global emission hotspots of coal power generation. Nature Sustainability, 2019, doi: externe Seite10.1038/s41893-019-0221-6

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert