Schädliche Wirkung auf Embryonen frühzeitig in vitro testen

In einem neuen Zellkultur-Test kombinierten ETH-Forschende Embryonalzellen mit Leberzellen. Damit k?nnen sie bei der Entwicklung neuer Medikamente eine sch?dliche Wirkung auf Embryonen frühzeitig erkennen.

Ein Chip mit vier Reihen des neuen Embryotoxizitätstests
Ein Chip mit vier Reihen des neuen Embryotoxizit?tstests. (Bild: ETH Zürich / Julia Boos)

Medikamente müssen für werdende Mütter und ihre ungeborenen Kinder sicher sein. Bevor die Beh?rden einen neuen Wirkstoff zulassen, muss dieser zwingend in Tierversuchen bei tr?chtigen Nagetieren und – in der Regel – Kaninchen getestet werden. Wissenschaftler aus dem Departement Biosysteme der ETH Zürich in Basel haben nun einen Test entwickelt, mit dem sie die Embryotoxizit?t von Wirkstoffen ausserhalb von Tieren in Zellkulturen untersuchen k?nnen.

Der neue Test ersetzt zwar noch nicht die im Rahmen einer Medikamentenzulassung gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuche. Weil er einfach, schnell und kostengünstig ist, k?nnten Forschende damit in Zukunft jedoch in einem frühen Stadium der Medikamentenentwicklung eine grosse Zahl von Wirkstoffkandidaten testen. Embryosch?digende Substanzen würden damit frühzeitig erkannt und nicht erst bei Embryotoxizit?ts-Tierversuchen auffallen, die wegen ihrer hohen Kosten viel sp?ter im Medikamentenentwicklungs-Prozess durchgeführt werden. Der neue Test vermeidet damit potenzielle Leerl?ufe, wodurch Kosten eingespart und Tierversuche reduziert werden k?nnen.

Zellkulturtest mit Stammzellen

Das neue Verfahren ist eine Weiterentwicklung des Embryonalen Stammzell-Tests, bei dem Substanzen an sogenannten ?Embryoid Bodies? in vitro getestet werden. Embryoid Bodies sind dreidimensionale Zellklumpen, die aus embryonalen Stammzellen – in diesem Fall von einer Maus – entstanden sind und w?hrend zehn Tagen die ersten Schritte der Embryonalentwicklung durchmachen. Lebensf?hige Embryonen entstehen daraus nicht.

Die Wissenschaftler aus der Gruppe von ETH-Professor Andreas Hierlemann erweiterten diesen Embryonalen Stammzell-Test nun um menschliches Lebergewebe. ?Es gibt eine ganze Reihe von Substanzen, die in ihrer Urform nicht toxisch sind, vom menschlichen Stoffwechsel – vor allem durch die Leber – jedoch zu sch?dlichen Stoffen umgewandelt werden?, erkl?rt Julia Boos, Doktorandin in Hierlemanns Gruppe und Erstautorin der in der Fachzeitschrift externe SeiteAdvanced Science ver?ffentlichten Studie. Im Gegensatz zum herk?mmlichen Embryonalen Stammzell-Test k?nnen solche Stoffe mit dem neuen Test erkannt werden.

?Body on a chip?

Der neue Test findet von A bis Z auf einem einzigen Zellkultur-Chip mit verschiedenen Kompartimenten statt. Darin befinden sich Mikrogewebe-Kügelchen, welche das ETH-Spin-off Insphero aus menschlichen Leberzellen hergestellt hat, sowie die aus Mauszellen gewachsenen Embryoid Bodies. Lebermikrogewebe und Embryoid Bodies haben einen Durchmesser von rund einem halben Millimeter und befinden sich in unterschiedlichen Kompartimenten, welche durch Mikrokan?le miteinander verbunden sind. Diese Mikrokan?le gew?hrleisten einen konstanten Flüssigkeitsaustausch zwischen den verschiedenen Zellverb?nden.

?Wir sind die ersten, die in einem Body-on-a-Chip-Ansatz Leberzellen mit Embryonalzellen direkt miteinander kombinieren?, sagt Boos. So wie im K?rper einer schwangeren Frau die Stoffwechselvorg?nge in der Leber und jene im heranwachsenden Embryo durch den Blutkreislauf miteinander verbunden sind, findet in ihrem zusammenh?ngenden System eine permanente Wechselwirkung von Leberzellen und Embryonalzellen statt. ?Von Leberzellen erzeugte Metaboliten wirken direkt auf die Embryonalzellen – auch jene Metaboliten, die nur für wenige Minuten stabil sind?, so Boos. Dies sei ein Vorteil gegenüber anderen existierenden In-vitro-Tests, in denen die Verstoffwechslung von Substanzen und die Einwirkung der Metaboliten auf Embryonalzellen getrennt untersucht werden.

Ein weiterer Vorteil des neuen Tests: ?Im Gegensatz zu Versuchen mit lebenden tr?chtigen M?usen werden die zu untersuchenden Substanzen in unserem Test von menschlichen Leberzellen metabolisiert, also so, wie das auch im menschlichen K?rper sein wird, in dem das Medikament sp?ter zur Anwendung kommen soll?, sagt Boos. Dies sei relevant, weil sich der Stoffwechsel von Mensch und Maus unterscheide.

Weiterentwicklung für Hochdurchsatz-Tests

Die Forschenden zeigten die Wirksamkeit des neuen Tests mithilfe von Cyclophosphamid auf. Das ist ein Chemotherapeutikum, das in seiner Grundform praktisch unwirksam und unsch?dlich ist, in der Leber jedoch in einen zelltoxisch wirkenden Stoff umgewandelt wird. Die Wissenschaftler testeten Cyclophosphamid einerseits in dem kombinierten Leber-Embryoid-Body-Test und andererseits in einem Test, in dem nur Embryoid Bodies vorhanden waren, jedoch keine Leber-Mikrogewebe. Wie sich dabei zeigte, wird im Verbund mit Lebergewebe die Entwicklung der Embryoid Bodies bereits bei einer viermal geringeren Cyclophosphamid-Konzentration beeintr?chtigt.

Literaturhinweis

Boos JA, Misun PM, Michlmayr A, Hierlemann A, Frey O: Microfluidic Multitissue Platform for Advanced Embryotoxicity Testing In Vitro, Advanced Science 2019, 1900294, doi: externe Seite10.1002/advs.201900294externe Seite

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