Wärmeres und feuchteres Klima setzt mehr Kohlenstoff frei
Die Land?kosysteme d?mpfen den Klimawandel, indem sie viel Kohlenstoff aus der Atmosph?re aufnehmen. Eine neue Studie best?tigt nun, dass sich dieser Effekt unter ver?nderten klimatischen Bedingungen vermindern k?nnte. Denn in w?rmeren und feuchteren Gebieten setzen die B?den den gespeicherten Kohlenstoff schneller wieder frei.
Ohne die Land?kosysteme w?re es um die Zukunft unseres Klimas wohl noch schlechter bestellt als ohnehin schon. Pflanzen und B?den nehmen derzeit rund ein Drittel aller menschlichen Treibhausgas-Emissionen aus der Atmosph?re auf. Damit geh?ren sie zu den wichtigsten Bremsern der globalen Klimaerw?rmung. Besonders bedeutsam sind die B?den, speichern sie doch einen Grossteil des organischen Kohlenstoffs, so dass dieser nach dem Ableben der Pflanzen nicht gleich zurück in die Atmosph?re gelangt.
Berechtigte Befürchtungen
Wie es um diese wichtigen Kohlenstoffsenken in Zukunft bestellt sein wird, diskutieren Fachleute intensiv. Viele Forschende befürchten, dass Land?kosysteme in einem w?rmeren Klima mehr organischen Kohlenstoff freisetzen k?nnten als heute und dass damit ihre bremsende Wirkung verloren gehen k?nnte.
Dass diese Befürchtungen berechtigt sind, best?tigt nun eine umfangreiche Studie, die ein internationales Forschungsteam um Timothy Eglinton, Professor für Biogeowissenschaften der ETH Zürich, soeben in der Fachzeitschrift PNAS ver?ffentlicht hat. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten nachweisen, dass B?den in w?rmeren Gebieten organischen Kohlenstoff schneller wieder freisetzen als solche in k?lteren Gebieten. Daraus schliessen sie, dass sich eine weitere Erw?rmung des Klimas negativ auf die Speicherf?higkeit der B?den auswirken k?nnte.
Der Blick aufs Ganze
Wie genau organischer Kohlenstoff in B?den umgesetzt und gespeichert wird, wurde in verschiedenen lokalen Studien bereits im Detail untersucht. Allerdings ergeben diese punktuellen Untersuchungen kein Gesamtbild, wie Eglinton festh?lt. ?Wir suchten nach einem Weg, wie wir das Verhalten grosser Gebiete untersuchen k?nnen?, erl?utert er. ?Flüsse eignen sich dazu ideal, wirken sie doch wie eine Echokammer, in der sich das Geschehen eines ganzen Einzugsgebiets widerspiegelt.?
Die Forscherinnen und Forscher haben über mehrere Jahre hinweg bei insgesamt 36 Flüssen auf der ganzen Welt Sedimentproben im Mündungsbereich entnommen. Teilweise handelt es sich um Sedimentpartikel, die sie direkt aus dem Flusswasser herausgefiltert haben, teilweise um Material, das an den Flussufern abgelagert wurde. Anhand dieser Proben bestimmten die Forscherinnen und Forscher dann, wie alt der organische Kohlenstoff ist, den die Flüsse ins Meer tragen.
Der Grundgedanke dabei ist folgender: Je ?lter der organische Kohlenstoff in den Flüssen ist, desto l?nger dauert es im entsprechenden Einzugsgebiet, bis der organische Kohlenstoff nach dem Absterben der Pflanzen weggetragen wird. Vergleicht man das Alter des organischen Kohlenstoffs verschiedener Einzugsgebiete, kann man herausfinden, welche Faktoren den Kohlenstoffhaushalt massgeblich beeinflussen und damit auch, wie sich die Speicherf?higkeit der B?den in Zukunft ver?ndern k?nnte.
Fokus auf spezifische Moleküle
Allerdings mussten die Forschenden einen Kniff anwenden, damit sie diese Frage wirklich beantworten konnten: Der Kohlenstoff im Flusswasser stammt von sehr unterschiedlichen Quellen, teilweise von Sedimentgesteinen, teilweise von Organismen, die im Wasser leben. Deshalb konzentrierten sie sich auf zwei Molekülgruppen, die spezifisch von Pflanzen stammen: Lipide aus der Wachsschicht von Bl?ttern sowie Phenole aus dem Lignin der Holzfasern. Die separierten Substanzen datierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anschliessend mit der C-14-Methode, mit der sich anhand des radiogenen Kohlenstoffisotops C-14 das Alter von kohlenstoffhaltigen Verbindungen pr?zis bestimmten l?sst.
Interessante Perspektiven für die Forschung
Die Auswertung der Messdaten ergab, dass es zwischen dem durchschnittlichen Alter der untersuchten Proben und dem Klima im Einzugsgebiet eine deutliche Korrelation gibt. In w?rmeren und niederschlagsreicheren Gebieten bleibt der organische Kohlenstoff weniger lang im Boden gespeichert als in k?lteren, trockeneren Einzugsgebieten. ?Unsere Resultate best?tigen, dass das Klima einen starken Einfluss auf das Verhalten der B?den hat?, h?lt Eglinton fest. Der Einfluss der Landnutzung hingegen scheint weniger wichtig zu sein, obwohl sich die Bewirtschaftung in vielen Einzugsgebieten in den letzten Jahrzehnten ver?ndert hat. ?Im Moment sieht es so aus als spiele die Landwirtschaft nur eine zweitrangige Rolle?, stellt Eglinton fest.
Bemerkenswert an der Studie ist vor allem, dass es dem Team um Eglinton erstmals gelungen ist, Aussagen über die grossr?umige Speicherung des organischen Kohlenstoffs in Land?kosystemen zu machen. Damit ergeben sich interessante Perspektiven für die Forschung: Zum einen k?nnen die Forschenden mit dieser Methode unterschiedlich alte Sedimentablagerungen analysieren und rekonstruieren, wie sich B?den unter verschiedenen klimatischen Bedingungen verhalten. Zum anderen l?sst sich das Bild weiter verfeinern, wenn man auch die Nebenflüsse in die Analyse einbezieht. Genau das will Eglinton in den n?chsten Jahren im Rahmen einer gr?sseren Studie in der Schweiz machen.
Literaturhinweis
Eglinton T. et al.: Climate control on terrestrial biospheric carbon turnover. PNAS 23. Februar 2021. doi: externe Seite 10.1073/pnas.2011585118